Eigentliche Zukunftsenergie im Würgegriff der CO2-Bepreisung
BAUNATAL. Die letzte Sitzung der Baunataler Stadtverordnetenversammlung – vor der Kommunalwahl am Sonntag – tagte am gestrigen Montagabend wieder in voller Fraktionsstärke. Am Weltfrauentag erging die Botschaft von Stadtverordnetenvorsteher Henry Richter, sich zukünftig für die Gleichbehandlung einzusetzen.
Parlamentsarbeit am Weltfrauentag
Die „Stadtverordnetinnen“ (der Duden kennt weibliche Stadtverordnete nicht) der SPD verteilten Blumen und das tat Henry Richter ebenfalls. Die Frauen verschenken sie großzügig, Henry Richter bedachte damit die ausscheidenden Stadtverordneten, die am Sonntag nicht mehr auf dem Wahlschein stehen. Dazu gehören die Magistratsmitglieder Ursula Gerstung-Otoo und Hans Moulliet, der nach einer langen Zeit von 36 Jahren nicht mehr kandidiert. Von 1985 bis 2006 war er Stadtverordneter und seitdem im Magistrat Vertreter von Bürgermeister und Erstem Stadtrat.
Ebenfalls Ausscheiden werden Ralf Löber, Corinna Roos, Heinz Bachmann, Sheila Alderson, Maritta Bachmann, Nicola Cappozolo, Rüdiger Hungerland, Anette Milas, Nicole Nicola, Carsten Pape, Bernd Riemenschneider, Beate Theis und Dirk Koch. Sie alle bekamen ein herzliches Dankeschön für ihre politische Arbeit. Am Sonntag werden einige hinzukommen, die dem demokratischen Prozess „zum Opfer fallen“.
In der Sache ging es zunächst um die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Baunatal. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss, die Jahreshauptversammlungen der betroffenen Feuerwehren bis auf Weiteres auszusetzen und die zu wählenden Führungskräfte der Feuerwehr Baunatal bis zu einer erfolgten Wahl einzusetzen.
AB = AP0 x (0,4 + 0,3 x egasmontJ-1 / egasmont0 + 0,25 x WPJ-1 / WP0 + 0,05 x EEAFJ-1 / EEAF0)
Mit der Anpassung der Fernwärme-Endkundenverträge in Baunatal stand der erste diskussionswürdige Punkt auf der Tagesordnung. Wer sich in Zeiten von Klimawandel und Klimaschutz mit der Zusammensetzung von Energiekosten beschäftigt, sollte Begriffe wie egasmont, Grenzübertrittspreis, Wärmepreisindizies, Investitionsgüterindex, Carbon Futures, Settlement Preise, MidDec oder Brennstoffemissionshandelsgesetz schon mal gehört und möglichst auch verstanden haben, sonst bleibt es immer irgendwie nebulös. Ob sich mit Kenntnis der Begriffe der Schleier lichtet, das ließen die Baunataler Stadtverordneten in ihrer gestrigen Diskussion auch nicht klar erkennen.
Eine Formel stand auf der Tagesordnung: AB = AP0 x (0,4 + 0,3 x egasmontJ-1 / egasmont0 + 0,25 x WPJ-1 / WP0 + 0,05 x EEAFJ-1 / EEAF0). Es könnte eine Zeit kommen, in der ein normaler Bildungsabschluss nicht mehr reicht, um seine Gas- oder Stromrechnung zu verstehen. Nach dieser Formel soll sich der Preis für die Fernwärmeversorgung in Baunatal zukünftig berechnen. Für alle, die so weit noch nicht sind, gab Reiner Heine (SPD) den Einstieg: CO2 ist ein geruchloser Teil der Luft, aber gleichzeitig auch gefährliches Treibhausgas. Und, na klar, die Energiepreise sind zukünftig auch an den CO2-Ausstoß gekoppelt.
Propheten und Besserwisser in der Politik
Das ist ein bisschen, wie mit der Heiligen Schrift, die im Mittelalter auch niemand verstehen konnte. So ein Martin Luther der Energiewende täte jetzt vielleicht gut! Im Baunataler Stadtparlament waren zumindest die Hellseher zur Stelle, aber nicht um den Sachverhalt aufzuklären und in die Zukunft zu schauen, sondern um möglichst weit zurück zu blicken und den Punkt zu finden, an dem irgendjemand irgendetwas falsch gemacht haben könnte, andere aber vielleicht genau in diesem Moment schon gewusst hätten, wie die Zukunfts-Formel einmal aussehen wird…
Fakt ist, dass das Baunataler Fernwärmekonzept schon ziemlich alt ist und seit fast einem Jahrzehnt die VW Kraftwerk GmbH (VWK) Hitze, die sie zwangsläufig produziert (20 MW), zum großen (und vereinbarten) Teil in das Baunataler Fernwärmenetz eingespeist. Dazu gibt es seit 2013 einen Vertrag. Seit 2021 müssen Unternehmen, die fossile Heiz- und Kraftstoffe wie Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle und Diesel in Verkehr bringen, für die CO2-Emissionen Zertifikate kaufen. Und schon ändern sich Preise erheblich.
Einstmals einig – oder doch nicht?
Reiner Heine (SPD) erinnerte an das Jahr 2013, als mit 31 zu 2 Stimmen das Fernwärmekonzept in der Baunataler Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde. Es habe Einigkeit geherrscht, dass mit der VW-Kraftwerk GmbH gut verhandelt wurde. Da bereits vermutet wurde, dass die Preise steigen würden, hatte man eine lange Laufzeit gewählt. Jetzt werde mit zukünftig möglichen Fernwärmelieferanten verhandelt, aber die Endkundenpreise müssen angepasst werden. Es müssen zukünftig auch in der Fernwärme dezentrale Energiequellen gesucht werden. Bisher bewegen sich die Fernwärmepreise in Baunatal im unteren Bereich und die Hoffnung betrügt, dass das so bleibt.
Lothar Rost (B90/GRÜNE) erkennt einen Hauptgrund für die Unterdeckung. 15 MW sind vereinbart, aber nur 10 KW werden abgenommen. Herr Grimm und Frau Engler haben den Vertrag also doch mangelhaft verhandelt. Man hätte die tatsächlichen Lieferleistungen verhandeln müssen. Dazu entgegnete die angesprochene Bürgermeisterin, dass auch Reserven vorhanden sein müssen, damit bei hohem Bedarf nicht zu wenig Energie zur Verfügung steht. Wenn die 15 MW nicht erreicht wurden, habe das neben dieser Reserve aber auch mit den zurückliegend milden Wintern zu tun. Im aktuellen Winter mit der Kältephase wurde bereits wieder mehr verbraucht.
Der „Kleine Mann“ zahlt am Weltfrauentag
Mattias Finis (CDU) möchte die Verantwortung indes nicht wegschieben. Er hatte dem Vertrag mit einem guten Gefühl zugestimmt. Der Vertrag hatte gute und schlechte Zeiten. Aber, als es gute Zeiten gab, haben die Kunden nicht weniger bezahlt. Jetzt gelte es solidarisch zu handeln und die Mieter zu schützen. Als wir wollten, dass die Häuser gedämmt werden und hätten das die Mieter bezahlt. Jetzt die Energiekosten auch noch auf die Mieter umlegen? Nein, wir haben den Vertrag so gewollt und jetzt soll das nicht der „Kleine Mann“ bezahlen. Auch dazu bezog Silke Engler (SPD) Stellung. Es seien nicht richtig, dass es keine Rückzahlungen an Kunden gegeben habe. 100.00 Euro wurden an Kunden zurückgezahlt, der Rest aus den guten Zeiten in eine Rücklage eingestellt und davon jetzt ausgeglichen.
Dr. Reiner Oswald (FDP) hatte den Verträgen nicht zugestimmt. Wenn man Kosten übernimmt, müsse man sie gegenfinanzieren. Bundesvorgaben zu ignorieren hält er für völlig indiskutabel.
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) empfindet Fernwärme noch immer als die effizienteste Methode. Im Nachhinein hat man das Ziel nicht erreicht. Dafür seien aber nicht die Stadtverordneten verantwortlich, sondern die Verwaltung. Der Arbeitspreis habe sich gering erhöht, aber die größte Erhöhung sei eine Folge des damaligen Vertrages. Es wurden in der Vergangenheit nie Blockheizkraftwerke geplant.
Sebastian Stüssel (CDU): VW wird Wärme auf Kosten der Endkunden los
Sebastian Stüssel (CDU) findet, man hätte höhere Einzahlungen generieren müsse. Er wolle es jetzt mal ganz deutlich formulieren. Fachleute hätten inzwischen Blockheizkraftwerke empfohlen. Für 1,6 Millionen Euro könne man mit Totholz aus dem Wald und anderen Energiequellen einen anderen Weg gehen. Stattdessen würden peinliche Erfolgsgeschichten erzählt, die keine sind. Die Kunden hätten gar keine Alternative.
VW, so Sebastian Stüssel, hat Wärme übrig und muss sie loswerden. Mit einem höheren Preis zahlt der Endkunde die CO2-Bepreisung, die der VW-Konzern sowieso bezahlen müsste. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen und deshalb zeichnet sich auch ab, dass Baunatal sich von diesem Monopol lösen wird.
Mit SPD-Mehrheit wird der Basis-Leistungspreis von netto 15,48 € auf 18 € pro Kilowatt im Jahr angehoben. Der Basisarbeitspreis bleibt bei 53,76 €/MWh.
Über die anderen Punkte in der Baunataler Stadtverordnetenversammlung von gestern Abend wird gesondert berichtet. (rs)
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