FRIELENDORF. Die Weihnachtswoche hat begonnen und inzwischen sind wohl alle Gottesdienste abgesagt, finden online statt oder nur in Gedanken. Natürlich fällt es auf, dass Verbände des Einzelhandels- und der Gastronomie ihre Kritik an den neuesten Corona-Beschlüssen einfach besser und nachvollziehbarer formulieren können als die beiden großen Kirchen. Und das, wo doch alle in der gleichen Krise stecken. Die „umsatzstärksten Tage“ sind auf beiden Seiten im Eimer.
Endlich einmal ein Weihnachten voller Besinnung? So ein ganz ursprüngliches Weihnachten! Wie früher! Welches Früher? Das früher vor 50 Jahren? Das vor 100 Jahren? Oder das vor 2000 Jahren? Dazu komme ich gleich!
Zu erklären, dass es nicht so schlimm wäre, wenn der Konsum im Advent mal nicht im Vordergrund steht, ist heikel. Mir würde spontan niemand einfallen, dessen Arbeitsplatz nicht – mehr oder weniger stark, direkt oder indirekt – auch von diesem vermaledeiten Weihnachtskonsum beeinflusst wird, den alle blöd finden, dem aber jeder verfällt. Bis auf 2020?
Die „Kehrseite“ der Weihnachtsmoral…
In diesen Tagen machen alle Einzelhandelsunternehmen und Gaststätten jedes Jahr also den meisten Umsatz. Die Kirche auch! Irgendjemand muss das ganze Zeug außerdem herstellen, transportieren, verkaufen und irgendjemand muss die vielen Kaffee- und Glühweintassen füllen und Kuchen backen, die wir bereits beim Weihnachts-Einkaufsbummel verbrauchen. Die „Kehrseite“ der Weihnachtsmoral ist, dass die alle gerade nicht gebraucht werden. Die Pfarrer haben wenigstens noch Trost zu spenden. Damit ich nicht falsch verstanden werde, mir wären mehr Sinn und Tiefe auch lieber als Geschäftssinn und emotionale Tiefentladung. Ich persönlich hätte daher nichts gegen weniger Konsum und stattdessen mehr Besinnlichkeit. Allerdings ist dann auch klar, dass zu anderen Zeiten die gleiche Menge verkauft werden muss. Manchmal sind Wahrheiten ganz einfach – wenn auch nicht so schön.
Viele haben sowieso schon immer gewusst, dass gerade in Deutschlands an den Grundwerten unserer christlich geprägten Ordnung gerüttelt wird. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wen es trifft? Nahezu 100 Prozent der weihnachtlichen Kirchenbesucher gehen nur einmal im Jahr, nämlich Weihnachten in die Kirche. Wer im Normalfall – außer zu Hochzeit und Taufe, was noch seltener vorkommt – nur einmal im Jahr auf Gottes Segen angewiesen ist, dem muss es doch prächtig gehen.
Herodes oder Quirinius?
Kommen wir zu Weihnachten: die Bibel schreibt, dass Jesus geboren wurde, als König Herodes lebte. Das haben wir alle im Kindergottesdienst und dem Religionsunterricht so gelernt. Die Bibel schreibt auch: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war“ (Lukas 2, 1-10). Da fängt das Problem schon an. Herodes ist vier Jahre vor der heute angenommenen Geburt von Jesus gestorben und Quirinius hat sein Amt erst sechs Jahre danach überhaupt erst angetreten. Wenn wenigstens eine dieser beiden Angaben stimmen soll, muss Jesus entweder vier Jahre früher oder volle sechs Jahre später zur Welt gekommen sein…Aber da gab es keinen Kometen.
An dem Tag, den wir jetzt als seinem Geburtstag feiern, nämlich dem 24. Dezember, würden beide Angaben jedenfalls nicht zutreffen. Der Geburtstag ist nicht überliefert, was auch nicht verwunderlich ist. Die Menschen haben nämlich vor 2000 Jahren Geburtstage überhaupt nicht gefeiert. Geburtstage waren keine Gedenktage, was auch schon deswegen naheliegt, weil es gar keinen Kalender gab. Die Kalender gingen von Vollmond, Neumond, Tag- und Nachtgleiche sowie Sonnenwende aus. Und schon weil das Mondjahr und das Sonnenjahr in ihrer Länge um elf Tage voneinander abweichen, war es stets schwierig die 12 „Monate“ mit den Sonnenjahren in Einklang zu bringen. Das ging nie auf. Aber diese Tage waren Feiertage und Geburtstage zählten einfach nicht dazu.
Sommer wäre viel authentischer
Irgendwann, als es längst Kalender gab, rund 400 Jahre nach Christi Geburt, kam jemand auf die Idee, den Geburtstag festzulegen. Und seitdem feiern wir Weihnachten. Niemand weiß, an welchem Tag im Jahr Jesus geboren wurde. Es spricht wenigstens eine Menge dafür, dass es nicht der 24. Dezember gewesen ist. Immerhin gab es am 25. Dezember einen römischen Feiertag und die Wintersonnenwende wurde in allen heidnischen Religionen an diesen Tagen gefeiert. Dafür musste man also nicht viel verändern. Es wurde einfach weitergefeiert.
Und jetzt? Ich bin für eine pragmatische Lösung. Selbst wenn es nur für ein einziges Mal ist: feiern wir Weihnachten doch einfach mal im Sommer, wenn die Impfung erste Erfolge zeigt und wir auch dieses blöde heidnische Symbol des Weihnachtsbaums nicht brauchen, den es in Palästina auch definitiv nicht gegeben haben kann. Die nordische Fichte ist dort zu keiner Zeit zu Hause gewesen und Schnee in Palästina? Zu keiner Eiszeit sind Minusgrade bis in diese Region vorgedrungen. Also: wir haben die Chance einmal in 2000 Jahren Weihnachten so zu feiern, wie es ursprünglich wohl tatsächlich gewesen ist. Wir verlegen es ausnahmsweise in den Sommer, bei Brütende Hitze über 30 Grad, Wassermangel, aber dafür mit jeder Menge Vitamin D-Produktion. Und – schon weil das Virus Hitze nicht mag – mit einer hohen Risikominderung. Ich finde, dieser Gedanke ist etwas wert. Was bei Konzerten, Theater und Kabarett geht, könnte bei einem Gottesdienst erst recht möglich sein! Wir haben noch drei Tage Zeit, das zu entscheiden…!
Ihr
Rainer Sander
1 Kommentar
Aber Schnee hat es in der Region vom heutigen Israel schon öfter gegeben. von 2000 bis 2019 fast jedes Jahr.
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