Stadtverordnete beschließen Investitionsprogramm, Bebauungsplan und gesplittete Abwassergebühr
GUDENSBERG. zum vorletzten Mal im Jahr 2020 trafen sich Gudensbergs Stadtverordnete am Donnerstagabend und beschlossen unter anderem den Bebauungsplan „Auf dem Lerchsfeld“, das Investitionsprogramm und die gesplittete Abwassergebühr
Hilfe für die Partnerstadt in der Ukraine
Zu Beginn der Sitzung informierte Bürgermeister Frank Börner über Hilfen für die Gudensberger Partnerstadt Schtschyrez, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen ist. Die Bundesregierung hat ein Sonderprogramm für Partnerstädte aufgelegt. 50.000 Euro fließen über die Stadt Gudensberg zur Hilfe in das dortige Krankenhaus in die Ukraine.
Keine „lange Leitung“ – trotzdem Verspätung
Gudensberg hat sich länger als andere Kommunen im Schwalm-Eder-Kreiszeit gelassen, die Abwassergebühren zu splitten, so wie es aufgrund eines Urteils des hessischen Verwaltungsgerichtshofes seit Jahren vorgeschrieben ist. Die Wassergebühren sind sowohl für Schmutzwasser als auch für Niederschlagswasser – mit großem Abstand – niedriger als in allen anderen Kommunen im Schwalm-Eder-Kreis. Höhere Gebühren ergeben sich nur für große, versiegelte Flächen, beispielsweise auch im Besitz der Stadt. Vor allem in Mehrfamilienhäusern wird es indes sogar günstiger. Dass die Gebühren so niedrig sind, liegt auch an der Schuldenfreiheit des Wasserverbandes, den geringen Betriebskosten aufgrund des guten Gefälles und der hohen Kanaldichte (Kurzes Leitungsnetz bei vielen Anschlüssen). Die Sanierung der Gudensberger Kanalsystem erfolgte außerdem zu einer Zeit, als es die höchsten Landeszuschüsse gab. Nachhaltiges Denken, gepaart mit Vorausschauendem Handeln, so Bürgermeister Frank Börner, zahle sich aus.
Die meisten zahlen weniger
Dirk Schütz (SPD) formulierte für die Mehrheitsfraktion, Gudensberg sei nicht Vorreiter. Die Bürgerinnen und Bürger haben das „Monster“ gespürt. Ein Einfamilienhaus spart bei 160 Kubikmetern Verbrauch 175 Euro im Jahr. Er werden Anreize geschaffen, Wasser zu sparen und um Boden versickern zu lassen. Auch Regenwasser muss in der Kläranlage gereinigt werden, obwohl es sich als Grundwasser besser machen würde. Es gibt keinen Investitionsstau. In Gudensberg lässt es sich nicht nur gut leben, sondern auch günstig.
Dieter Heer (CDU) mochte das Thema gerne relativieren. Der Schritt erfolge nicht aus Erkenntnis, sondern unter Druck. Es sei schön, dass durchschnittliche Mieter weniger zahlen, aber es gebe auch Verlierer, wie die Eigentümer großer versiegelter Flächen.
Die Schmutzwassergebühr liegt 2021 bei 1,49 €uro pro Kubikmeter, 2022 bei 1,54 €uro. Niederschlagswasser muss mit 0,22 €uro pro Kubikmeter im kommenden Jahr und 0,23 €uro pro Kubikmeter im übernächsten Jahr bezahlt werden. Die neue Satzung wurde schließlich einstimmig angenommen.
Gudensberg Süd – Energie-Effizienz muss warten
Auf der Tagesordnung stand auch die Abstimmung über das Neubaugebiet „Gudensberg-Süd“ hinsichtlich der Vorgaben zur Energie-Effizienz der Gebäude. Dirk Schütz (SPD) erklärte für den Haupt- und Finanzausschuss, dieser schlage wegen weiter bestehendem Diskussionsbedarf die Weiterberatung im Ausschuss vor. Der Tagesordnungspunkt wurde einstimmig von der Tagesordnung genommen, um ihn in einer späteren Sitzung zu besprechen.
Gudensberg-Süd – „Auf dem Lerchsfeld“ gehört nun zu Gudensberg
Für den Bebauungsplan „Auf dem Lerchsfeld“ nahmen die Gudensberger Stadtverordneten die Stellungnahmen aus der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden zur Kenntnis und beschlossen die Satzung. Gleichzeitig wurde das Baugebiet jetzt der Gemarkung Gudensberg zugeordnet. Julian Brand (SPD) schilderte, dass man bei vielen Quellen Kritik lesen könne. Es gebe auch Kritiker, aber man baue nicht drauflos, sondern in Vielfalt. Im Blick auf geäußerte Kritik: Niemand habe das Recht, seinen freien Ausblick zu behalten.
Zugleich wurde zur Benennung von Straßen „Auf dem Lerchsfeld“ ein Wettbewerb ausgeschrieben. Der Hintergrund ist im Antragstext formuliert:
Wettbewerb zur Namensfindung
Die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen hat eine symbolische Bedeutung und eine identitätsstiftende Wirkung. Straßennamen können bestimmt Werte ausdrücken, regionale Bezüge herstellen, geschichtliche Ereignisse würdigen oder Persönlichkeiten aufgrund ihrer Leistungen ehren.
Mit der Erschließung des Neubaugebiets „Auf dem Lerchsfeld“ stellt sich auch die Frage nach den zu vergebenden Namen für sieben Straßen. Dazu gibt es zwei Grundüberlegungen. Zum einen wurde bisher keine Straße in Gudensberg nach einer Frau benannt. Zum anderen gibt es den Vorschlag, Straßen nach den Partnerstädten oder mit Bezug auf sie zu benennen. Diese beiden Grundgedanken vereint, könnte ein „Europaviertel“ entstehen, in dem die Straßen nach bedeutenden europäischen Persönlichkeiten benannt würden.
Um die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Gudensberg in die Namensfindung einzubinden, soll ein Wettbewerb stattfinden. Die Bürgerschaft kann Namensvorschläge mit einer kurzen Begründung als Brief oder E-Mail einreichen. Vorschlagsberechtigt sind alle Gudensberger Bürgerinnen und Bürger und Kinder, sowie die Bauinteressenten im Neubaugebiet. Das Verfahren wurde einstimmig beschlossen.
Investitionen im Rekordumfang
Auf der Tagesordnung stand auch das Investitionsprogramm 2020 – 2024. Es sieht für das Haushaltsjahr 2021 ein Investitionsvolumen von 8.747.400 €uro vor. Aus Vorjahren stehen für noch nicht realisierte Investitionen 7,54 Mio. €uro zur Verfügung. Weitere Ausgaben sind im Bereich des Finanzhaushaltes für die Tilgung von Krediten in Höhe von 225.780 €uro eingeplant. Einnahmen werden aus laufender Verwaltungstätigkeit, Zuschüssen und Zuweisungen sowie Vermögensverkauf in Höhe von 10.613.880 €uro erwartet.
Für die Jahre 2022 – 2024 sind folgende Investitionsvolumen vorgesehen:
2022 = 5,92 Mio. €uro
2023 = 3,45 Mio. €uro
2024 = 1,25 Mio. €uro
Michael Höhmann (SPD) erklärte dazu, die Stadt leiste sich Investitionen in Rekordumfang, aber mehr als 70 Prozent werden über Fördermittel finanziert. Die Rücklagen betragen immer noch mehr als 2,8 Millionen Euro trotz Rekordniveau. Nächstes Jahr kommt unter anderem der Übungsturm für die Feuerwehr. In Maden entstehe zusammen mit dem Kindergarten ein Multifunktionsraum. Ein Kulturzentrum entsteht in einem verwaisten Gebäude.
Dieter Heer (CDU) erinnerte an gemeinsame Entscheidungsprozesse. Der Rest sei Daseinsfürsorge.
Haushalt 2021 mit minimalem Überschuss eingebracht
Während viele Kommunen Bürgermeister aufgrund der Corona-Pandemie den Haushalt 2021 mit Blick auf große Risiken und Ungewissheiten verschieben, brachte Bürgermeister Frank Börner den Haushalt für das kommende Jahr „so früh wie noch nie“ ein. Corona sei dennoch eine große Herausforderung, erklärte der Bürgermeister. Bei vielen Steuerarten und den Kindergartengebühren gebe es Ausfälle. Der Haushalt sei traditionell dennoch solide: „Die Stadt gibt nicht mehr aus als sie einnimmt und hat auch in der Pandemie einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen“ Die Zukunft der Stadt werde digital sein. Die Betriebe stehen in Kontakt mit der ganzen Welt.
Schon vor Corona hätten sie diesen Weg eingeschlagen. Nach der Planung deutet im Haushalt alles auf eine „Punktlandung“ hin. Jeweils etwa 21,6 Millionen Euro stehen im Haushalt für Aufwand und Ertrag. Trotz Krise rechnet man im Rathaus mit 29.680 €uro Überschuss. Die Bürger, so Börner, werden profitieren. Allein 6 Millionen €uro zahlt die Stadt Gudensberg an Umlagen an den Kreis. An Schlüsselzuweisungen fließen indes nur noch 4,28 Millionen €uro, so ergibt sich im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs ein deutliches Defizit. Mit rund 2 Millionen €uro liegt der Zuschuss für die Kindergärten fast doppelt so hoch wie bisher. 5,6 Millionen €uro aus der Einkommensteuer und 2,05 Millionen €uro sind neben den Schlüsselzuweisungen die höchsten Einnahmepositionen.
Investieren gegen den Trend und ohne Kreditaufnahme
Die Stadt Gudensberg, so Bürgermeister Frank Börner, investiere gegen den Trend und unterstützen damit die regionale Wirtschaft. Trotzdem komme die Stadt weiterhin ohne Kreditaufnahme aus. Der Bestand an Schulden betrage nur 2 Millionen €uro. Auch in Zukunft, so Börner, erhebe die Stadt keine Straßenbeiträge. Ein Investitionsstau belaste nicht und alle öffentlichen Einrichtungen befinden sich in einem guten Zustand. Selbst das Hallenbad werde nach Abschluss der Sanierungsarbeiten einem Neubaustand entsprechen. Von rund 4,7 Millionen Euro Sanierungskosten muss die Stadt 1,4 Millionen €uro selbst tragen. Der Rest wird aus Bundes- und Landesprogrammen sowie Kreismitteln finanziert.
Das Begegnungszentrum wird bei Gesamtkosten von 2,2 Millionen €uro zu 90 Prozent vom Land Hessen bezuschusst. 500.000 €uro fließen in den Umbau des ehemaligen Bahnhofsgebäudes für Zwecke des Bauhofes. Das größte Zukunftsprojekt ist das Städtebau-Projekt „lebendige Zentren“, in das Dank Landesförderung in den nächsten Jahren insgesamt 80 Millionen €uro fließen. Hier sind für das kommende Jahr 260.000 €uro eingeplant. Auch in die Digitalisierung des Rathauses wird investiert. Die Digitale Vorgangsbearbeitung ermöglicht inzwischen auch Home-Office. Bis 2022 werden rund 550 Verwaltungsleistungen digital angeboten. Die Einwohnerzahlen tragen zur positiven Entwicklung bei. Die wichtigsten Einnahmen wurden sehr vorsichtig kalkuliert. Trotz allem lebe die Stadt weiterhin nicht über ihre Verhältnisse.
Im Dezember steht die Beschlussfassung an.
Persönliche Erklärung von Dr. Meisterfeld
Mit einer persönlichen Erklärung verabschiedete sich Dr. Bernd Meisterfeld aus der SPD-Fraktion und wird in den letzten verbleibenden drei Sitzungen der Stadtverordneten in dieser Legislaturperiode fraktionslos bleiben. Er sei für die SPD in das Parlament eingezogen und fühle sich zur Erklärung verpflichtet, bedauerte zugleich das eine entsprechende Mitteilung im Chattengau-Kurier nicht erschienen ist. Zwischen ihm und der SPD-Fraktion gebe es nicht nur Inhaltliche Differenzen. Gestört habe ihn eine gewisse Unwilligkeit, Anregungen ernsthaft aufzugreifen. In Deute wollte man sich näher mit Rudolph beschäftigen, das sei nicht erwünscht gewesen. Das verbilligte Seniorenticket wurde nicht diskutiert und besonders hat irritiert habe ihm, dass erst nach 30 Jahren Stillstand die Erhöhung der Aufwandsentschädigung erfolgt war.
Die nächste Sitzung der Stadtverordneten ist am Freitag, den 18. Dezember 2020. (rs)