TREYSA. Ein Gläschen in Ehren, kann niemand verwehren. Eine Zigarette unter Freunden. Der erste Rausch zur Konfirmation. Der Konsum von Drogen wird im Alltag oft bagatellisiert – und ist gerade für Kinder und Jugendliche gefährlich.
„Das Risiko nimmt zu, wenn die Jugendlichen in einem belastenden und belasteten Umfeld aufwachsen. Deswegen haben wir da ein besonderes Augenmerk drauf “, sagt Dayana Fritz, Programmmanagerin der Hephata-Jugendhilfe.
„Wir begleiten in der Hephata-Jugendhilfe oft Kinder und Jugendliche, die Schwierigkeiten in der Familie oder in der Schule hatten. Sie haben oft zum Beispiel ein geringes Selbstwertgefühl, erlebten Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung in ihrem vertrauten Umfeld oder kennen den problematischen Konsum von Alkohol oder anderen Drogen im Elternhaus, so Dayana Fritz. Untersuchungen zeigten, dass der Drogenkonsum bei Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe, im Vergleich zur Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen in der Allgemeinbevölkerung, höher ist. „Uns ist klar, dass die von uns begleiteten Jugendlichen in diesem Kontext eine Hochrisikogruppe sind. Wir wollen Prävention betreiben, im besten Fall den Drogenkonsum verhindern oder zumindest daran arbeiten“, sagt Fritz.
Ein neues Instrument ist dafür das Projekt „QuaSiE – Qualifizierte Suchtprävention in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe“. Es startete im April 2016 und läuft bis Ende Februar 2021, wird vom Bundes-Gesundheitsministerium gefördert und von der Koordinierungsstelle Sucht des Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) koordiniert. 36 Einrichtungen aus elf Bundesländern bewarben sich um eine Teilnahme. Die Jugendhilfe der Hephata Diakonie war eine von sechs Einrichtungen, die einen Zuschlag bekam. Die Region Mitte nahm sich des Projektes mit acht Fachkräften an. Die acht Fachkräfte trugen das Projekt als Multiplikatoren in neun von elf Wohngruppen der Region.
Im ersten Projektabschnitt wurden so genannte verhältnispräventive Strukturen aufgebaut. Das bedeutet: Die jeweiligen Jugendhilfe-Träger definierten klare Haltungen und Regeln, um den Mitarbeitenden Sicherheit im Umgang mit Drogenproblematiken zu geben. Leitungen und Mitarbeitende erarbeiteten nach einheitlichen Kriterien pädagogische Konzeptionen und qualifizierten sich in Grundlagen zu Sucht. Außerdem schloss die Hephata-Jugendhilfe eine Kooperation mit der Jugend- und Drogen-Beratungsstelle des Schwalm-Eder-Kreises. Und alle am Projekt „QuaSiE“ beteiligten Einrichtungen erarbeiteten mit dem LWL die Wegweiser-Broschüre „Nah dran!“.
Im zweiten Projektabschnitt, der im September 2018 anlief, geht es um den Aufbau verhaltenspräventiver Strukturen. Das Gelernte und konzeptionell Entwickelte aus dem ersten Abschnitt wird in eigenen Schulungen und Workshops für Mitarbeitende, Kinder und Jugendliche umgesetzt. Die Materialien dazu haben die QuaSie-Multiplikatoren auf Basis von Schulungen im Projekt entwickelt.
Ein Beispiel ist der von der Jugendhilfe konzeptionierte Workshop „Ohne Rauch geht’s auch!“ für Mitarbeitende. Hier wird Wissen über das Thema Tabakkonsum vermittelt und Methoden zusammengestellt, die helfen mit jungen Menschen darüber ins Gespräch zu kommen. Ein anderer Workshop für Kinder und Jugendliche beschäftigte sich unter dem Motto „risflecting“ (Risiko reflektieren) zwei Tage lang mit Alkoholkonsum. Ein weiterer Baustein war der Fotowettbewerb „Nah dran – Bilder von Genuss und Rausch“. An ihm nahmen bundesweit 41 Wohngruppen der stationären Jugendhilfe teil.
Eine Wohngruppe der Hephata-Jugendhilfe gewann mit drei Fotos zu Magersucht, Süßigkeiten und Rauchen den Wettbewerb. Ein weiteres Foto zum Thema Mediensucht landete auf Platz sechs.
„Nun geht es darum, QuaSie auch nach Ablauf des Förderzeitraums zu verankern“, sagt Dayana Fritz. Im nächsten Jahr soll es die erste, Regionen übergreifende Jugendhilfe-Schulung zum Thema Cannabis-Konsum geben. Ansonsten bleibt das QuaSiE-Multiplikatoren-Team in der Region Mitte bestehen und setzt seine Arbeit fort. Dayana Fritz: „Es wird dazu eine eigene Konzeption geben. Wir wollen das Thema Sucht weiter aus der Deckung holen und aktiv bearbeiten.“