ALSFELD|GREBENAU. Es sind ganz unscheinbar wirkende Dokumentenmappen mit dem Vogelsberger Wappen auf der Titelseite, die die beiden Bürgermeister Stephan Paule (Alsfeld) und Lars Wicke (Grebenau) in den Händen halten – deren Inhalt aber hat es sich:
Der nämlich ist knapp 100.000 Euro wert. Es sind gleich drei Förderbescheide, die Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak an diesem Vormittag überreicht, im Rahmen der Dorfentwicklung erhält die Stadt Alsfeld eine Zuwendung von 22.000 Euro für die „Städtebauliche Beratung im Rahmen der Dorfentwicklung 2020 bis 2023“, für die Verfahrensbegleitung in diesem Zeitraum gibt es noch einmal mehr als 23.000 Euro und der Stadt Grebenau werden 50.000 Euro für die Erstellung des Integrierten kommunalen Entwicklungskonzepts für die Gesamtkommune zur Verfügung gestellt.
Die Stadt Alsfeld wurde im August 2018 ins Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen aufgenommen. Nach einer zweijährigen Konzeptphase können nun die ersten privaten und kommunalen Projekte umgesetzt werden. Wichtig dabei: eine städtebauliche Beratung, für die es eine Zuwendung von fast 22.000 Euro gibt. Die Beratung steht privaten Bauwilligen sowie der Kommune für kleine kommunale Projekte zur Verfügung. Der Berater bewertet die Bauwerke vor der Antragstellung auf Förderung. Er gibt zudem Tipps zur baulichen Gestaltung im Sinne der Dorfentwicklung und kann darüber hinaus erste Vorplanungen übernehmen. Die Kosten übernimmt die Stadt Alsfeld. Für die bauinteressierten Bürgerinnen und Bürger fallen bei der Beratung keine Kosten an. Die städtebauliche Beratung kann an Objekten innerhalb der ausgewiesenen Fördergebiete und außerhalb an Kulturdenkmälern erfolgen.
„Die städtebauliche Beratung soll vor allem privaten Bauherren bei der Planung der Sanierung beziehungsweise des Baus behilflich sein und darüber informieren, nach welchen gestalterischen Vorgaben eine Förderung durch die Dorfentwicklung möglich ist. Die Beratungsleistung umfasst dabei das gesamte Objekt und kann damit auch für zukünftige Maßnahmen von Bedeutung sein“, schildert Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak den Hintergrund.
Die städtebauliche Beratung soll dazu beitragen, „die regionaltypische, traditionelle Bauweise und die jeweilige ortstypische Siedlungsstruktur zu erhalten und damit die Baukultur und die Identität der Dörfer zu bewahren“, ergänzt Angelika Boese, die Sachgebietsleiterin für Dorf- und Regionalentwicklung beim Vogelsbergkreis. Damit der Flächenverbrauch nicht weiter ansteigt, ist es wichtig, die Sanierung von Altbauten zu bewerben und damit die Wohnqualität zu steigern und an heutige Bedürfnisse anzupassen.
Zudem gibt es eine sogenannte „fachliche Verfahrensbegleitung“, für die die Stadt Alsfeld mehr als 23.000 Euro Förderung erhält. Die Verfahrensbegleitung steht der Kommune und den weiteren am Dorfentwicklungsprozess beteiligten Akteuren in Alsfeld zur Seite und hilft ihnen bei der Umsetzung des IKEK. Damit sollen die engagierten Personen vor Ort in den Jahren der Dorfentwicklung entlastet werden und auch die Motivation langfristig gesichert werden. Die Unterstützung der Verfahrensbegleitung soll dazu beitragen, das IKEK umzusetzen, in dem unter anderem der Erhaltung und die Entwicklung der historischen Bau- und Raumstrukturen in den Ortskernen, die Stärkung und der Ausbau der Wohnfunktion in den Ortskernen, die Stärkung der Kernstadt als Kristallisationspunkt von Kultur- und Freizeitangeboten sowie als zentraler Ort für Versorgung und Daseinsvorsorge als Ziele festgeschrieben sind. Zudem aufgelistet sind Pflege und Entwicklung des Brauchtums, der Kultur und des Dorflebens in den Stadtteilen, eine Verbesserung der Erreichbarkeit der Kernstadt mit ÖPNV und zusätzlichen alternativen Mobilitätsangeboten, eine flächendeckende Versorgung mit Mobilfunk- und schnellen Internetverbindungen, Pflege und Entwicklung der Vielfalt und Schönheit der Kulturlandschaft sowie Ausbau und Verknüpfung touristischer Angebote in der Gesamtkommune. Berücksichtigt werden dabei die Anforderungen des Klimaschutzes und des Klimawandels.
IKEK als „zentralen Baustein“ noch entwickeln muss die Stadt Grebenau und wird dafür mit 50.000 Euro unterstützt. In diesem integrierten kommunalen Entwicklungskonzept (IKEK) werden die für die Kommune wichtigen Themen ortsübergreifend und integriert behandelt. Dabei sind die Bürgerinnen und Bürger intensiv einzubeziehen. „Das IKEK bildet die zentrale Fördergrundlage für den sich anschließenden Umsetzungsprozess. Darüber hinaus bietet es auch im Zusammenhang mit anderen Förderprogrammen und Wettbewerben eine solide Grundlage und hat dadurch einen Mehrwert weit über das Dorfentwicklungsprogramm hinaus“, betont Erster Kreisbeigeordneter Dr. Mischak bei der Bescheidübergabe.
Da funktionell und gestalterisch intakte Ortskerne sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für die Identität der Orte von großer Bedeutung sind, spielen in der hessischen Dorfentwicklung die Themen Stärkung der Innenentwicklung, Erhaltung der historischen Baukultur, Weiterentwicklung der Basisinfrastruktur sowie eine nachhaltige Bürgermitwirkung eine herausragende Rolle. Als besondere Herausforderung ist die Innenentwicklung als Baustein für eine nachhaltige Dorfentwicklung anzusehen.
Zielsetzungen des IKEK sind unter anderem die Entwicklung einer Gesamtstrategie für die Kommune unter Berücksichtigung der Orts- und Stadtteile, die Gestaltung gesamtkommunaler Entwicklung in den Themenfeldern, die für die Kommune relevant sind, die aktive Gestaltung des demografischen Wandels, um zentrale Funktionen zu stärken sowie eine gute Lebensqualität zu sichern und auszubauen, die Stärkung und Aktivierung der Bürgermitwirkung und des bürgerschaftlichen Engagements, der Erhalt der Vielfalt dörflicher Lebensformen und des bau- und kulturgeschichtlichen Erbes der Dörfer in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege oder auch die Stärkung der gesamtkommunalen Perspektive für eine zukunftsfähige Entwicklung der Kommune mit ihren Orts- bzw. Stadtteilen. (pm)
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