Nur 12 Besucher fanden den Weg in die Nachbargemeinde
GUDENSBERG. Zum ersten Mal tagten die Gudensberger Stadtverordneten nicht in Gudensberg, sondern in Edermünde-Besse. Die Corona-Hygiene-Vorschriften hatten für einen „Umzug“ der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker gesorgt. Stadtverordnetenvorsteher Walter Pippert erklärte zu Beginn der Sitzung, warum sich der Magistrat für die Bilsteinhalle entschieden hat.
In Besse dürfen auch Tische und Stühle gestellt werden, der Bodenbelag in der Gudensberger Kreissporthalle hätte komplett abgedeckt werden müssen. Bürgermeister Frank Börner ging in seinem Corona-Bericht ebenfalls darauf ein: im Bürgerhaus Gudensberg wären nur 66 Menschen zugelassen. Man habe angesichts der Tagesordnung allerdings mit mehr Gästen und Zuhörern gerechnet. Ganze 12 Besucher interessierte aber, ob das Baugebiet an den Start gehen kann, wie die Feuerwehr zukünftig ausgestattet sein wird, ob dort, wo die alte Waffelfabrik stand verdichtet Wohnungen entstehen, ob der Kindergarten trotz Wegfall der Förderung gebaut wird.
Erfolgreich ein Funkloch gejagt
Vor den ersten Diskussionen gab es zunächst Informationen. Ein Bürger in Gleichen hat vorgeschlagen, sich an der Aktion „Wir jagen Funklöcher“ zu beteiligen. Gudensberg hat gejagt und die Telekom deshalb inzwischen zugesagt, in Gleichen einen LTE-Mast aufzustellen.
Die Corona-Pandemie ist an Gudensberg nicht vorbei gegangen, im Gegenteil, die Stadt war mit dem Altenzentrum Eben-Ezer ein Hotspot und hat dort 13 Todesfälle zu beklagen. Dass das Rathaus zu schließen war – genau an Frank Börners 60. Geburtstag – hätte der Bürgermeister nie für möglich gehalten. Es gab unter den Mitarbeitern keine Infektion, die schon vorher umgesetzte Strategie der digitalen Vernetzung hat sich bewährt im Home-Office mit Zugriff auf die Daten im Rathaus und Weiterschaltungen der Telefonnummern.
Überschwemmung in Maden: Experten haben sich geirrt
Auch die jüngste Naturkatastrophe in Maden war Thema im Bericht des Bürgermeisters. Man hatte das Konzept der Fachleute nach dem letzten Hochwasser zügig umgesetzt, das hatte aber nicht vorhergesehen, dass Treibgut die Abflüsse verschließt. Inzwischen hat eine Besprechung mit der Unteren Wasserbehörde stattgefunden. Es soll ein vierter Rechen eingebaut und der Ablauf noch einmal verändert werden. Eine zusätzliche Rückhaltung ist in Planung und 2.100 Quadratmeter Fläche wurden bereits angekauft. Der Dank gilt der Feuerwehr und den Anwohnern, die richtig reagiert haben. Starkregen wird aber zukünftig die Stadt beschäftigen, der Klimawandel zeigt Folgen.
Kein Ruhen im Terrano-Bad
Woanders würde man sich über Wasser freuen. Das „Terrano-Freibad“ wird am 3. Juli starten. Das Hygienekonzept muss noch mit dem Gesundheitsamt abgestimmt werden. 300 Besucher dürfen danach gleichzeitig im Bad sein. Es muss, so der Bürgermeister wesentlich mehr Personal eingesetzt werden. Es wurde eine Software angeschafft, die jedem Besucher bereits zu Hause online zeigt, wie viele Menschen schon im Schwimmbad sind.
Für das Terrano-Hallenbad wurde eine Machbarkeitsstudie zur Sanierung erstellt. Es lohnt sich, dort weiter zu investieren, wenn die Maßnahmen nicht auf die Decken beschränkt bleiben. Die Lüftungsanlage und die Wassertechnik werden also mit erneuert. Der Kreis ist mit der Hälfte der Kosten dabei. Gefördert wird außerdem vom Bund und vom Land.
Kindergärten im eingeschränkten Regelbetrieb – Schulzeugnisse im Kino
Die Kindergärten sind wieder nahe am Regelbetrieb. Dabei war das Wohl der Kinder die wichtigste Entscheidungsgrundlage. Unter Notbedingungen konnten und können nicht alle Wünsche von Eltern berücksichtigt werden. Die Krankenpflegestation und die Jugendpflege waren und sind ebenfalls von Einschränkungen betroffen. Immerhin können Kinderferienspiele stattfinden. Kulturelle Veranstaltungen sind fast gar nicht möglich. Das Autokino und die Märchenbühne lassen Kultur auf andere Weise möglich werden. Die Besucherzahl wird jetzt von 100 auf 150 erhöht. Es ist, stellt Frank Börner fest, ein Bedarf vorhanden. Im Autokino fanden sogar Zeugnisübergaben statt. Auch die Seniorenarbeit läuft allmählich wieder an.
Finanziell wird die Krise Spuren hinterlassen. 70.000 Euro Einnahmen fallen bei den Kindergärten weg, die beschlossenen Steuersenkungen und die erwarteten Steuerausfälle werden diese Beträge übertreffen. Michel Höhmann (SPD) freute sich, dass man wieder zusammenkommen konnte. Die Bürger hätten sich besonnen verhalten. Er dankte all denen, die sich für Mitmenschen eingesetzt haben. Es sei eine Zeit für mehr Miteinander.
Nicht aus der Welt – Risikobetrieb Schlachthof?
Jürgen Fischer (CDU) äußerte Dank an die Verwaltung. „Wir sind nicht aus der Welt“, das habe die Pandemie gezeigt, einschließlich der Todesfälle. Er habe aber eine Nachfrage bezüglich von Schlachtbetrieben, die plötzlich bis zu 1.300 Infizierte aufweisen. Rheda-Wiedenbrück sei überall, wo es Schlachtereien gibt. Über Plukon höre man eher Gutes, aber man müsse auch dorthin schauen und die Bevölkerung beruhigen können. Das Misstrauen sei unter der Bevölkerung ohne hin gegenwärtig.
Frank Börner sieht zwei Problembereiche und erwartet, dass es Reihenuntersuchungen gibt. Natürlich müsse man auf die Wohnbedingungen schauen. Beim Brand Am Renthof in der Altstadt (2015) sei die Unterkunftssituation bewusst geworden und man erwarte vom Kreis, dass er das Problem als Aufsichtsbehörde ernst nimmt.
Marcel Breidenstein (B90/GRÜNE) findet, dass der Lockdown gut gemeistert wurde. Auch die Bürgerbeteiligung zum Neubaugebiet Gudensberg Süd sei positiv gewesen. Klar sage Plukon, dass die Firma alle Vorschriften einhalte. Unbehagen ist auch bei ihm zu spüren.
Bericht zur aktuellen (ordnungsrechtlichen) Lage in Gudensberg
„Wir sind mit der Präsenz des Ordnungsbehördenbezirks Habichtswald nicht einverstanden“, so Bürgermeister Frank Börner. Das falsche Parken in der Altstadt und die Durchfahrung der Fußgängerzone müssen beispielsweise geahndet und unterbunden werden.
Michael Höhmann (SPD) stellte fest, der Respekt gegenüber Ordnungsorganen nehme ab. Hass in den Sozialen Medien, Hakenkreuze auf einem bulgarischen Auto, Steinwürfe gegen eine Kindertagesstätte in Gudensberg und Bedrohungen gegen den Bürgermeister der Stadt gefährdeten die Demokratie. Klopfen von allen drei Fraktionen zur Aufforderung, die Werte der Demokratie zu wahren.
Herr Heer (CDU) stellte fest, dass man über den Ordnungsbehördenbezirk klage seit es ihn gibt. Er möchte, dass genau hingeschaut wird und Gudensberg seine Angelegenheiten zur Not wieder selbst regelt. Antonio Gottwald (B90/GRÜNE) möchte, dass man nicht diejenigen zu schnell verurteilt, denen gerade die Begegnungsmöglichkeiten genommen sind.
Feuerwehr: Der Übungsturm kommt
Das normale Leben geht auch in Gudensberg weiter. Der Bedarfs- und Entwicklungsplan für die Feuerwehren der Stadt stand auf der Tagesordnung und wurde einstimmig vorzeitig fortgeschrieben Anpassung an die veränderte Situation in Gudensberg (Einwohnerzahlen, Feuerwehrangehörige, Kosten, et cetera) und gesetzliche Vorgaben machten eine Aktualisierung unausweichlich. Für Alexander Höhmann (SPD) ist eines klar: es darf keine Abstriche in Corona-Zeiten für die Feuerwehr geben. Folgende Änderungen wurden nun eingearbeitet:
- Anpassung an gesetzliche Vorgaben, wie beispielsweise der Ausbildungsstand der Feuerwehrleute, die personelle Stärke (Mindeststärken) und die Mindestausrüstungen.
- Soll/Ist Vergleich der Personalstärken und der Ausrüstungen.
- Schutzzieldefinitionen (Einstufung in die Gefahrenarten und Gefährdungsstufen) wurden überprüft; eine Änderung ist jedoch derzeit nicht notwendig.
- Einige Tätigkeiten (wie zum Beispiel gemeinsame Ausbildung, Schlauchwerkstatt, Atemschutzwerkstatt, Reinigung von Dienst- und Schutzkleidung) könnten perspektivisch überregional angeboten werden (im Chattengau; Förderung IKZ möglich).
- Personalprognose und Vorschläge zur Personalerhaltung und –gewinnung.
- Ersatzbeschaffung ELW (Förderung wurde im Jahr 2019 beantragt).
- Ersatzbeschaffung Drehleiter und HLF in den kommenden Jahren.
- Katastrophenschutzzug und Technische Einsatzleitung (TEL).
- Bau eines Übungsturmes am Feuerwehrhaus Gudensberg.
- Option zur Anschaffung eines mobilen Notstromaggregates für das Feuerwehrhaus Gudensberg.
- Dokumentation bekannter Sicherheitsmängel.
Alle Bebauungspläne, Entscheidungen zur Bauleitplanung in der Altstadt (Solaranlagen) folgen in einem separaten Artikel. Die nächste Stadtverordnetensitzung ist am 27. August 2020. (Rainer Sander)