FRIELENDORF. Wer gerne Fleisch ist, muss hart im Nehmen sein! Fleischesser wissen nie, ob das Fleisch nicht eigentlich schon vergammelt ist und schon gar nicht, wie viele Corona-Infizierte es angefasst haben. Schnelle Mast und wenig Platz im Stall gelten vor dem Gesetz zwar als artgerecht, sind deswegen aber noch lange nicht gesund für Tier und Mensch.
Fleischesser werden jedenfalls reichlich mit Antibiotika und sogar Reserve-Antibiotika versorgt, die das Immunsystem schwächen und irgendwann nicht mehr wirken. Eine Folge ist, dass es keinen Schutz mehr vor Keimen gibt, auch nicht vor solchen, die man sich in Krankenhäusern einfängt. Das Robert-Koch-Institut schätzte 2019 die Zahl der verstorbenen Menschen durch sogenannte Krankenhauskeime jährlich auf 20.000. Das nehmen wir hin, ohne Lockdown und ohne „Sicherheitsabstand“ in den Mastbetrieben. Würden wir mit Hilfe der Statistik den Teufel von italienischen Verhältnissen genauso an die Wand malen, wie unter Corona, dann drohen uns bei 83 Millionen Einwohnern – angesichts fünfmal so viel Krankenhauskeim-Toten in Italien (bei einer europaweiten Studie aus 2015) aber nur 60 Millionen Einwohnern – also bald 130.000 Tote jährlich?
Warum nicht mal mit gleicher Konsequenz?
Mit der gleichen Konsequenz, mit der mögliche Todesfälle durch Corona-Infektionen durch drastische Maßnahmen verhindert werden, müssten wir also entweder die Massentierhaltung verbieten, die ohne Antibiotika nicht funktionieren wird oder den Antibiotika-Einsatz generell untersagen, damit sich die Tierhaltung verändert. Das machen wir aber nicht! Viele Menschen sprechen längst nicht mehr von Tierhaltung, sondern von Lebensmittelproduktion. Die Viecher und die Menschen, die sie schlachten und verarbeiten sind in erster Linie Produktionsfaktoren und in zweiter Linie Lebewesen?
Ich höre nirgends, dass das jemand wirklich schön findet. Bei jedem Fernsehbericht über tote Tiere in Mastbetrieben und bei Fahrzeugtransporten quer durch Europa geht ein Aufschrei durch breite Schichten der Bevölkerung, um am nächsten Tag im Kühlregal dann doch wieder nach dem billigsten Schnitzel zugreifen. Hauptsache Fleisch! Es gibt scheinbar einen magischen Zwang, die Dinge so zu tun, wie wir sie tun. Das gilt auch für den Umgang mit Menschen, die aus Polen, Bulgarien oder Rumänien zu uns kommen, um für wenig Geld viel Fleisch zu produzieren.
Gleiche Standards für alle?
Dabei vergessen wir schnell, dass wir einen Mindestlohn eingeführt haben, der eigentlich für alle gilt, die in Deutschland arbeiten. Dann vergessen wir auch, dass es für behinderte, jugendliche und pflegebedürftige Menschen eine Heimmindestbauverordnung gibt, die Standards in Gemeinschaftsunterkünften setzt, die beispielsweise 12 Quadratmeter für ein Einzelzimmer sowie 6 Quadratmeter für jeden weiteren Zimmerbewohner (bis maximal 4 Personen!) einschließlich einer entsprechende Anzahl von Toiletten, Waschbecken und Duschen vorschreibt. Für Gemeinschaftsunterkünfte von Mitarbeitern mit Werkverträgen in der Fleisch- und Wurstindustrie gilt das nicht. Es wäre schließlich ein leichtes, zu sagen, dass all diese Standards wirklich für jeden gelten, der hier arbeitet oder in Sammelunterkünften leben muss.
Durch die Fleischindustrie geht immer dann ein Aufschrei, wenn sich wieder jemand traut, Parallelen zur Sklavenhaltung zu ziehen. Ich finde das auch unzulässig! Aber die Argumente, die damals für den Sklavenhandel sprachen, sind schon die gleichen, die heute verwendet werden, wenn es um die Rechtfertigung solcher Arbeits- und Wohnverhältnisse geht. „Es funktioniert nicht ohne billige Arbeitskräfte“, „der heimische Markt ist anders nicht konkurrenzfähig“, „den Menschen geht es hier doch trotzdem besser als in ihrer Heimat“! Und diese Menschen kommen tatsächlich sogar freiwillig! Also besser hier ein bisschen menschenunwürdig leben als in der Heimat bettelarm? Und angesichts solcher Abstufungen wundern wir uns über rassistische Grundtendenzen?
„Sieht gut aus“ heißt nicht: „ist gut“!
Wir schaffen es nicht auch nur ein Hemd oder eine Hose in Deutschland so zu produzieren, dass sie wettbewerbsfähig im Massenmarkt sind. Wir schaffen es aber Fleisch so billig zu produzieren, dass wir mit dem Export sogar in Ländern der Dritten Welt Arbeitsplätze vernichten. Ich weiß nicht, ob wir auf alles stolz sein müssen, was wir erreicht haben…
Wir verwechseln als Verbraucher gerne „schmeckt gut“ oder „sieht gut aus“, mit „ist gut“. Dummerweise bekommt man jedes noch so miese Produkt mit Aroma, Zucker und Fett so hin, dass es sich zumindest auf den Geschmacksnerven gut anfühlt. Und mit Schutzatmosphäre oder Farbstoffen bekommt man jede Ware so hin, dass sie einen optisch perfekten Eindruck bei uns hinterlässt. Ob heimische Ahle Worscht, Galloway-Steak, nordhessisches Weckewerk, Rostbratwurst oder Putenbrust: Was in heimischen Bauernhöfen aufgewachsen ist, handwerklich produziert, mit Sorgfalt verarbeitet und nicht in Plastik verschweißt in „Wühltischen“ der Discounter angeboten wird, rechtfertigt seinen Preis. Wenn der Verbraucher nicht mehr zahlen will, dann braucht er das Produkt nicht. Auch das ist ein Gesetz der Marktwirtschaft. Entscheiden tun wir das im Übrigen an der Supermarktkasse…
Ihr
Rainer Sander