WG Baunatal zu den Auswirkungen der Corona-Krise
BAUNATAL. Die Corona-Krise und die verordneten Schutzmaßnahmen greifen in das gesellschaftliche Leben, die täglichen Abläufe, das Berufs- und Arbeitsleben, das Einkaufsverhalten und den Wirtschaftskreislauf massiv ein.
Allein wären viele Gastwirte, Einzelhändler, vor allem solche mit Saisonware, aber auch Handwerker und Dienstleister kaum imstande, dieser Herausforderung zu trotzen. Dies wird in den nächsten Wochen nur gemeinsam möglich sein. An dieser Stelle sind auch die Gewerbevereine als Selbstorganisation von Handel, Handwerk, Dienstleistung und Gastronomie gefordert. nh24-Redakteur Rainer Sander hat in den Wirtschaftsvereinigungen der beiden größten Städte im Hauptverbreitungsgebiet von nh24, der Wirtschaftsgemeinschaft Baunatal und dem Gewerbe- und Tourismusverein Schwalmstadt, nachgefragt. Hier sind die Antworten von Peter Hammerschmidt aus Baunatal, Präsident der Wirtschaftsgemeinschaft Baunatal.
Rainer Sander: Welche Auswirkungen haben die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des neuen Coronavirus auf das Wirtschafts-Leben in Baunatal?
Peter Hammerschmidt: Eine ganze Reihe von Mitgliedsbetrieben musste die Geschäftstätigkeit einstellen. Die gesamte Gastronomie und Hotellerie und kleine eigentümergeführte Einzelhandelsgeschäfte mussten schließen. Das hat für diese Betriebe, trotz der staatlichen Hilfen, existenzgefährdende Auswirkungen. Mitarbeiter mussten in die Kurzarbeit geschickt werden, was wiederum bei den Familien Ängste auslöst, wie lange wird dieser Zustand andauern und überlebt der Arbeitgeber diese Krise. Die Betriebe unserer Wirtschaftsgemeinschaft rücken in diesen Tagen enger zusammen und versuchen sich gegenseitig zu unterstützen. Was wir mit unseren Möglichkeiten und Ressourcen versuchen zu unterstützen.
Rainer Sander: Fühlen sich die Betriebe ausreichend unterstützt?
Peter Hammerschmidt: Die vielen staatlichen Hilfen und Unterstützungen sind hilfreich, doch überfordern teilweise. Welche staatliche Unterstützung und welchen Zuschuss gibt es wo und von wem, da kommen selbst die Profis der Kreditwirtschaft nur schwer hinterher. Aber es gibt eine breite Unterstützung durch die Banken, Kammern bis hin zu Stadt Baunatal, die versucht zu helfen, wo es geht. Doch all die Informationen zu bündeln und bedarfsgerecht aufzuarbeiten, ist schon eine Herausforderung. Da stoßen dann auch wir vom Vorstand und Präsidium der Wirtschaftsgemeinschaft an unsere Kapazitätsgrenzen, zumal es sich ja um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, die alle Vorstandsmitglieder neben ihren persönlichen Herausforderungen noch für die Mitglieder erbringen. Eine der ersten Maßnahmen für unsere Mitglieder war, dass wir entschieden haben, auf den Einzug der Mitgliedsbeiträge erst einmal bis Ende September nicht verzichten.
Rainer Sander: Was sollte noch passieren?
Peter Hammerschmidt: Wir müssen uns rechtzeitig Gedanken machen, wie wir die Wirtschaft nach der Krise wieder gut und strukturiert ins Laufen bringen. Da müssen Lieferketten wieder aufgebaut werden, Vertrauen unter den Händlern zurückgewonnen werden und die Kunden wieder zum Besuch des stationären Handels motiviert werden. Wichtig ist, dass alle, Industrie, Handwerk, Dienstleistung und der Einzelhandel wieder gut aus der Krise starten können.
Rainer Sander: Was tun die Betriebe jetzt selbst?
Peter Hammerschmidt: Da gibt es tolle Ideen, wie zum Beispiel Onlineshops entstehen, Lieferservices entstehen, teilweise in Kooperationen. Wir versuch gerade die Mitglieder unserer Gemeinschaft dahin gehend zu unterstützen, dass wir frei Ressourcen sammeln, die evtl. anderen Unternehmen helfen können. Da springt das Autohaus ein und Hilfe bei fehlenden Fahrzeugkapazitäten eines Lieferservices, ein Transportunternehmer bietet seine Fahrzeuge für einen Lieferservice an. Steuerberater und Rechtsanwälte helfen Mitgliedsbetrieben durch Erstberatungen oder helfen bei den diversen Anträgen.
Rainer Sander: Was können die Bürger jetzt selbst tun?
Peter Hammerschmidt: Die regionale Wirtschaft auch in dieser Krise und vor allem im Anschluss unterstützen. Amazon wir gestärkt aus der Krise hervorgehen, aber was wird dann aus unseren Innenstädten?
Rainer Sander: Gibt es spezielle Service-Ideen?
Peter Hammerschmidt: Wir sind zurzeit u.a. daran, ein Konzept zu erstellen, wie Einzelhändler per Video-Stream seine Waren Kunden anbieten kann und diese dann online zu verkaufen. Aktuell läuft eine Abfrage, wie Mitgliedsbetriebe sich gegenseitig unterstützen können. Wir haben es „Marktplatz der Ressourcen“ genannt, damit wollen wir eine Plattform für unsere Mitglieder schaffen, mit deren Hilfe die Unternehmen besser durch diese Krise kommen.
Rainer Sander: Wie gehen Sie privat mit der Situation um?
Peter Hammerschmidt: Ich arbeite zurzeit von Hause aus, schütze mich durch möglichst wenig soziale Kontakte und der konsequenten Einhaltung der Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen. Was mich allerdings sehr verwundert, dass gerade die ältere Bevölkerung, die ja als Risikogruppe Nummer eins gilt und zu deren vorrangigen Schutz all die Maßnahmen getroffen wurden, nach meiner Wahrnehmung sich noch viel zu oft in den Geschäften und auch in den Selbstbedienungsbereichen der Banken aufhalten.
Rainer Sander: Vielen Dank für das Gespräch.
Wir haben das Abstandsgebot eingehalten und die Wirtschaftsgemeinschaft um eine schriftliche Beantwortung der Fragen gebeten. (rs)