BAD ZWESTEN / KASSEL. Die Balz der Rebhühner beginnt je nach Wetterlage meist schon Mitte Februar und dauert bis spätestens Anfang April an. Bei windstillem Wetter ist es mit etwas Glück möglich, bei einem Spaziergang in der Morgen- oder Abenddämmerung die Rufe der Rebhähne zu hören.
Im Feldflurprojekt um Bad Zwesten (Schwalm-Eder-Kreis) laufen in diesen Tagen die letzten Zählungen der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) zum Monitoring der Rebhühner im Projektgebiet. Das Feldflurprojekt Bad Zwesten besteht seit 2018 und ist eines von zurzeit acht Feldflurprojekten in Hessen zur Umsetzung der Hessischen Biodiversitäts-Strategie; seit 2019 wird das Projekt durch eine Mitarbeiterin des Landesbetriebes Landwirtschaft (LLH) koordiniert. Während es in manchen Feldflurprojekten schwerpunktmäßig um die Förderung von Feldhamstern und Feldvögeln im Allgemeinen geht, ist um Bad Zwesten das Rebhuhn die besonders zu fördernde Art.
Rebhuhn-Monitoring mit Klangattrappe
Das Monitoring dient der Überprüfung der Wirkungen der bisher durchgeführten Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung im Rebhuhn-Vorkommen um Bad Zwesten. Mit Hilfe einer sog. Klangattrappe (Ruf eines balzenden Rebhahnes, vom Lautsprecher abgespielt) ist es möglich, in den sehr frühen Morgenstunden oder in den Abendstunden kurz nach Sonnenuntergang, die in einem Gebiet anwesenden männlichen Rebhühner zu zählen, indem man sie akustisch zum Antworten provoziert. Bei milder, windstiller Witterung ist diese Zählmethode am besten einsetzbar, da dann bei den Rebhühnern die größte Balzaktivität stattfindet und für uns die beste Hörbarkeit gegeben ist.
Familienverbände lösen sich zur Balz auf In den vergangenen Wochen haben sich bei beginnender Balz die Familienverbände (Ketten) der Rebhühner aufgelöst; die Tiere gehen auf Partnersuche. Häufig bleiben die erfahrenen Elterntiere, welche bereits erfolgreich gebrütet haben, nach einer kleinen, vertrauten Balz zusammen. Die inzwischen erwachsenen Jungtiere aus der letzten Brut nehmen nun erstmalig am Balzgeschehen teil und suchen nach einem Partner, der nicht aus dem eigenen Familienverband stammt. Die Paarungszeit ist die einzige Zeit im Jahresverlauf, in der Rebhühner auch mal mehrere Kilometer zurücklegen, ansonsten verhalten sich die kleinen Hühnervögel ausgesprochen standorttreu und bewegen sich nur in einem überschaubaren Radius in ihrem Revier. Zur Zeit halten sich die Rebhühner bevorzugt in Rapsschlägen, entlang von Hecken, in heruntergefrorener Zwischenfrucht, Altgrasstrukturen oder Blühstreifen auf, da ihnen diese Strukturen eine gute Deckung und Nahrung bieten.
Das Revierverhalten der Hähne wird zur Zählung genutzt Rebhähne verhalten sich sehr territorial, sie verteidigen ihr Revier sowohl akustisch als auch notfalls körperlich. Hört ein Rebhahn den Ruf eines vermeintlichen balzenden Rivalen, antwortet er hierauf um mitzuteilen, dass dieses Revier bereits besetzt ist. Um einen Überblick über die vorhandenen, besetzten Reviere zu erhalten, kann zur Balzzeit die „Punkt-Stopp-Methode“ angewendet werden: Auf einer Kartenübersicht zeichnet man Laufstrecken (Transekte) für den Zähler ein, welche etwa 300m auseinanderliegen und möglichst parallel verlaufen sollen. Die Länge der Transekte kann etwa 1.000m bis 1.500 m betragen – das ist die Strecke, die in dem kurzen Zeitfenster von kurz nach Sonnenuntergang bis zum Einbruch der Dunkelheit von jedem Zähler bei Anwendung der Punkt-Stopp-Methode gut zu schaffen ist. Der Zähler läuft auf seinem Transekt, hält an und spielt die Klangattrappe ab. Nach dem Abspielen der Klangattrappe lauscht der Zähler einige Augenblicke, ob er eine Antwort eines echten Rebhahnes erhält. Kommt eine Antwort, wird der genaue Ruf-Ort in der vorbereiteten Karte eingetragen; kommt keine Antwort, geht der Zähler etwa 100m auf seinem Transekt weiter und spielt die Klangattrappe erneut ab. Besonders effektiv ist die Punkt-Stopp-Methode, wenn zeitgleich mehrere Zähler auf verschiedenen Transekten im Gebiet unterwegs sind und flächendeckend kartieren. Mit dieser Methode kann man einen guten Überblick über die in einem Gebiet vorkommenden Hähne erhalten. Allerdings kann die Anzahl rufender Hähne nicht automatisch auch später mit Brutpaaren gleichgesetzt werden, denn nicht jeder Hahn findet auch tatsächlich eine Henne. Da diese Zähl-Methode die Hähne in ihrem Revierverhalten provoziert, sollte sie nur recht sparsam angewendet werden, denn jede dieser Reaktionen bedeutet einen erhöhten Energieaufwand für die Tiere.
Frühe Balz und späte Brut
Rebhühner haben eine frühe Balz, auf welche eine sehr lange „Verlobungszeit“ folgt; denn die tatsächliche Brut findet erst im Juni bis Juli statt. Somit kann diesen spät brütenden Bodenbrütern die Mahd von Säumen und Wegrändern im Mai, Juni und Juli sehr gefährlich werden und zu Gelege-Verlusten führen. Das Ende der allgemeinen Brut- und Setzzeiten kommt mit Mitte Juli für die spät brütenden Rebhühner somit etwa einen ganzen Monat zu früh.
Zwischenbericht bestätigt Wirksamkeit der Maßnahmen Rebhuhn-Bestände können relativ schnell und gut auf nachhaltige Lebensraumverbesserungen reagieren, wie der Monitoring-Zwischenbericht der HGON aus dem vergangenen November bereits eindrücklich belegen konnte. Das Feldflur-Projekt in Bad Zwesten ist ein gelungenes Beispiel für die enge und effektive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Maßnahmen für den Artenschutz. Durch die Teilnahme an freiwilligen Artenschutz-Maßnahmen wie z.B. die Anlage von strukturierten, mehrjährigen Blühflächen zum Rebhuhn-Schutz tragen Landwirte gezielt dazu bei, die heimische Biodiversität zu erhalten und zu steigern. (Andrea Imhäuser / pm)