Bürgermeister Pinhard mahnt zu Besonnenheit und verweist auf geltendes Recht
SCHWALMSTADT. Wie soll der städtische Straßenbau künftig finanziert werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich auch weiterhin die politischen Gremien der Stadt Schwalmstadt. Für ausreichend Informationsfluss hat Schwalmstadts Bürgermeister Stefan Pinhard gesorgt.
Auf seine Einladung referierten mit Markus Schäfer (Bürgermeister a.D. und Kommunalberater), Ottmar Barke (Vorsitzender Richter des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes a.D.) und Andreas Schneider („AG Straßenbeitragsfreies Hessen“) gleich drei Experten zum Thema. Zu den Infoveranstaltungen waren politische Vertreter ebenso wie alle Bürgerinnen und Bürger der größten Stadt des Schwalm-Eder-Kreises eingeladen.
Nach Beratung in den Ausschüssen wird die Stadtverordnetenversammlung am Ende entscheiden müssen, ob sie die in der Bevölkerung umstrittenen Straßenausbaubeiträge in Form von Einmalbeiträgen oder wiederkehrenden Beiträgen beibehalten oder gänzlich abschaffen will. Sollte Schwalmstadts Stadtverordnetenversammlung den Wegfall der Beiträge beschließen, wird sie sich auch unweigerlich die Frage nach der Gegenfinanzierung stellen müssen. „Wir können die Straßenausbaubeiträge nicht einfach abschaffen und dann erst in einem nächsten Schritt die künftige Finanzierung debattieren. Das kann zu einem Desaster führen“, so Pinhard. Schwalmstadts Bürgermeister hoffe darauf, dass die politisch Verantwortlichen in seiner Stadt ihre Entscheidung auf Vernunft und Rechtsgrundlage, statt auf politischem Wunschdenken, fußen werden.
„Die Abschaffung der Beiträge hätte mittelfristige Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. Der muss ausgeglichen sein, um auch genehmigungsfähig zu sein. Für finanzschwache Kommunen wie Schwalmstadt ist eine gänzliche Beitragsabschaffung kaum zu realisieren. Es muss allen klar sein, dass uns eine solche Entscheidung in eine sehr ernste Schieflage bringen kann“, so der Verwaltungschef. Bei der Gegenfinanzierung könne eine Erhöhung der Grundsteuer oder Streichung freiwilliger Aufgaben nicht ausgeschlossen werden. Unter freiwillige Aufgaben fallen beispielsweise Sporteinrichtungen, Schwimmbäder, Kulturstätten und Gemeinschaftshäuser.
„Sie haben die Straßen schon mehrfach bezahlt“, sagte Andreas Schneider, einer der drei Experten, am Mittwochabend im Trutzhainer Dorfgemeinschaftshaus. Damit spielte das Mitglied der „AG Straßenbeitragsfreies Hessen“ unter anderem auf KfZ-Steuer und Mineralölsteuer an. Was Schneider nicht erwähnte: Diese Abgaben kommen nicht Städten und Gemeinden zu Gute. „Bei dem Wunsch, den städtischen Straßenbau durch KfZ- und Mineralölsteuer zu finanzieren, handelt es sich um politische Forderungen an Bundes- und Landespolitik. Das ist aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar. Es bringt uns in der Sache aber nicht weiter. Die Entscheidung über Verbleib oder Wegfall der Beiträge muss auf Basis geltenden Rechts erfolgen. Es ist gefährlich, eine Entscheidung zu treffen und am Ende hoffen zu müssen, dass Bund und Land die Folgen tragen“, so Pinhard.
Aber auch die Entscheidung zwischen Einmalbeiträgen, die unter Umständen zu hohen Belastungen für Grundstückseigentümer führen, und wiederkehrenden Beiträgen, die mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden sind, scheint keine einfache zu sein. Immerhin: Laut hessischem Kommunalabgabengesetz (KAG) soll „bei einmaligen Beiträgen auf Antrag eine Zahlung in Raten eingeräumt werden“. Problematisch dabei ist jedoch, dass die Stadt in Vorleistung treten und den Straßenbau vorfinanzieren muss.
Zum Hintergrund: Das KAG schreibt für die Kommunen keine strikte Pflicht mehr vor, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Es enthält vielmehr eine Kann-Bestimmung. Die Gemeinden können für den Umbau und Ausbau der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, der über die laufende Unterhaltung und Instandsetzung hinausgeht, Beiträge erheben. Sie müssen es aber nicht. Nachdem die Fraktion Die Linke das Thema bereits in das Stadtparlament getragen hatte, hat es zuletzt einen Antrag der CDU-Fraktion auf Abschaffung der Beiträge gegeben. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen stellten einen Antrag auf Einführung der wiederkehrenden Beiträge. Die Stadtverordneten hatten das Thema zu weiteren Beratungen in die Ausschüsse zurückverwiesen. (pm)