Stadt Baunatal begrüßt offiziell das neue Jahr
BAUNATAL. Das Motto der Neujahrsbegrüßung der Stadt Baunatal am gestrigen Samstagvormittag ist Programm für ein Jahr: „Zusammenhalt gemeinsam leben.“ Die Geldquelle sprudelt etwas zurückhaltender, zusammenrücken ist also auch in der Volkswagenstadt wieder ein Thema.
Das Volkswagenwerk ist bei Neujahrsempfängen an der Bauna immer irgendwie dabei, diesmal mit einem ungewöhnlichen Beitrag: Das Volkswagen-Soundorchestra sorgte für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung. Das spannendste an diesem ungewöhnlichen Werks-Orchester ist das Schlagzeug. Olaf Pyras spielt auf Original-Volkswagenteilen Percussion. Da wird beispielsweise die Motorhaube zum Drumset. Mit „dirigierter Improvisation“ – das ist wie im richtigen Leben – sorgten die zwölf Musiker für einen stimmungsvollen Auftakt und einen fetzigen Abgang vor dem Buffet. Dazwischen lagen zwei Vorträge und zwei Grußworte, die ein Abbild des Aufbruchs in eine Zeit voller Veränderungen zeichneten, aber auch ein Resümee gemeinsamer Leistungen – und damit einer soliden Basis für weniger gute Zeiten – lieferten.
Alle geben ein bisschen – so funktioniert das Baunatal der Zukunft
Bürgermeisterin Silke Engler ließ kaum Gäste aus und spannte in ihrer Rede einen Bogen über die Baunataler Vereine, die Kirchen, die Unternehmen, soziale Initiativen, Sport, die Nachbarkommunen, die städtischen Organisationen sowie die Bildungseinrichtungen und verdeutlichte damit, dass es in Baunatal eine starke Gemeinschaft gibt und alles miteinander vernetzt ist. So sollte es gelingen – wenn weiterhin alle ein bisschen geben oder weniger nehmen – dennoch insgesamt besser dazustehen als alle anderen nordhessischen Kommunen.
Entsprechend positiv war die Stimmung in der Baunataler Stadthalle, von Depression oder Sorge war nichts zu spüren, auch nicht, als die Bürgermeisterin auf nette Weise erklärte, dass die Stadt gefühlt für alles zuständig ist, real aber nicht alles leisten muss. Dennoch funktioniert beispielsweise die bundesweit beispielhafte und freiwillig entstandene Baunataler Bildungskette ohne qualitative Einschränkungen. „Der Nordhesse“, erklärte Frau Engler, „mährt nicht, sondern schaut fröhlich und optimistisch nach vorne“ und erntete damit Lacher und Applaus.
Zwei symbol- und beispielhafte Zahlen
So konnte sich Silke Engler den großen Aufgaben zuwenden, nämlich der Digitalisierung und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das Thema des Neujahrsempfangs ist zugleich eine gemeinschaftliche Verpflichtung der Zunahme von Hass und Gewalt entgegenzutreten und Frieden zu halten im Großen und im Kleinen. Zwei Zahlen kennzeichnen das Zusammenwirken der Menschen in Baunatal in unterschiedlichen Bereichen. 15.169 Mitglieder allein in den Sportvereinen bedeuten, dass mehr als die Hälfte der Baunataler rein rechnerisch sportlich aktiv oder engagiert ist und damit etwas für sich selbst aber auch zur Gemeinschaft leistet. Viele davon sind ehrenamtlich tätig. Das gilt ausnahmslos auch für die Feuerwehren, in denen im Jahr 2019 erstaunliche 37.200 Stunden von rund 200 aktiven Einsatzkräften geleistet worden. Wer rechnen kann, kommt auf 186 Stunden pro Person im Jahr, beziehungsweise 15 pro Monat.
Auch ein sportliches Großereignis wird 2020 in Baunatal stattfinden: die U 21-Europameisterschaft der gehörlosen Fußballer. Die Stadt wird dies mit einem „Inklusiven Sportfest“ für alle Bürger verbinden.
Solidarität und unterschiedlich erlebte Geschichte
Welch große Rolle einerseits die Solidarität spielt, andererseits aber auch die unterschiedlich erlebte Geschichte zu Verwerfungen führen kann, wurde im Festvortrag von Sven Strauß, dem Oberbürgermeister der Baunataler Partnerstadt Sangerhausen in Sachsen-Anhalt, deutlich. „Immerhin holt der Westen in der Kinderbetreuung auf“, scherzte der Kommunalpolitiker aus den neuen Bundesländern, aber dennoch gibt es noch nicht ausgeglichene Defizite im Osten. Inzwischen aber auch im Westen. So verlaufen heutige „Bruchlinien“ nicht mehr entlang der früheren Grenze, sondern quer durch die Gesellschaft, die sozialen Medien und sie haben vielfältige Ursachen, auch in Zuwanderung, Globalisierung und Digitalisierung. Seine Erinnerung an den ersten Tag im Westen, verbunden mit dem Erwerb eines Doppel-Kassettenrekorders vom Begrüßungsgeld für weniger als 100 Euro, ist noch präsent und steht für die ungleiche Ausgangsposition der vergangenen 30 Jahre.
Grüße aus Stadt und Landkreis Kassel
Der Erste Kreisbeigeordnete des Kreises Kassel, Andreas Siebert, brachte neben Grüßen der Kreisgremien auch die Botschaft mit, dass die Sporthalle der Erich-Kästner-Schule in 2020 saniert wird. Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle machte deutlich, dass die aktuellen Probleme nicht Halt an einer Stadtgrenze machen und Demokratie keine Helden braucht, sondern jeden Einzelnen.
Moderatorin Kimberly Ziesmann, Vertreterin der Auszubildenden im Rathaus moderierte bereits zum dritten Mal den Neujahrsempfang und konnte mit „Get the D“ und „Untitled“ zwei moderne Tanzgruppen aus dem Hip-Hop-Bereich und anderen modernen Tanzstilen ansagen, die das Programm bereicherten und verdeutlichen, dass der Jugend die Zukunft gehört und damit auch die Lösung anstehender Zukunftsaufgaben eine Generationenfrage sein wird.
Verjüngung auch in den Gremien
Anette Milas, die stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin, begrüßte und verabschiedete den gerade ausgeschiedenen langjährigen Stadtverordnetenvorsteher Peter Lutze und symbolisierte, dass auch stadtpolitisch eine Verjüngung und Zukunftsorientierung in Baunatal deutlich wird. Sie dankte auch den zahlreichen Akteuren hinter den Kulissen, zum Beispiel – neben dem Rathaus – auch in der Stadthalle und aus dem Bauhof. Und schließlich gab sie den Startschuss für das Buffet, das in Baunatal stets bescheiden präsentiert wird, trotzdem schmeckt und 600 Gäste sättigt. (rs)