BEBRA. Es ist neben dem Wasserturm, dem Einkaufszentrum be! und dem Lokschuppen eines der Wahrzeichen der Biber-Stadt: Das Inselgebäude zwischen den Gleisen am Bebraer Bahnhof ist momentan eine große Baustelle. Kein Stockwerk oder Raum, in dem momentan nicht die Arbeiter zahlreicher überwiegend heimischer Firmen aktiv sind.
Für die Zeit danach gibt es bereits Pläne, welcher Teil des großen Gebäudes wie genutzt werden soll. Neben der Stadtentwicklung Bebra, dem Bahnunternehmen cantus, dem VR-Bankverein und einem öffentlichen Wartebereich ist das vorgesehene Museum einer der zentralen Bausteine des Nutzungskonzepts.
Wie Peter Kehm, Stadtarchivar im Bebraer Rathaus erläutert, wird das Museum eine zentrale Lücke in Bebra schließen: „Mancher fragt sich, warum man ein zweites Museum in Bebra braucht, es gibt ja bereits eins im Wasserturm. Doch während im Wasserturm die Exponate im Zusammenhang mit der Entwicklung der Eisenbahn stehen wird es im Inselgebäude um die Verbindung von Bebra, seinem Bahnhof und der Geschichte gehen. Besonders die Menschen, welche dort arbeiteten und manch berühmter Reisender werden eine zentrale Rolle spielen.“
Als eine der ersten Arbeitsgruppen im Rahmen des 1250-jährigen Stadtjubiläums hat die Mannschaft um den Bebraer Lokführer Patrick Rehn mit den Planungen für zwei Eisenbahnfeste begonnen. Aus dieser Gruppe heraus entstand eine zweite, welche sich um die Ausstellungskuratorin Dr. Anne Schmidt und den Gestalter Klemens Kühn bildete. Das Ziel der Gruppe: Die Realisierung zweier großer Modellbahn-Anlagen, welche im Museum ihren Platz finden werden. Neben Peter Kehm arbeiten auch Michael Gauler und Andreas Becker von den Eisenbahnfreunden Bebra e.V., sowie die Hobbyeisenbahner Kevin Simanski, Lothar und Steven Kunz in der Gruppe mit, Patrick Rehn unterstützt die Gruppe.
Steven Kunz, ein Experte mit langjähriger Erfahrung im Modellbahnbau, erläutert die Problematik: „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung zweier Anlagen, welche zwar den ein oder anderen Kompromiss eingehen werden, aber dennoch sehr wirklichkeitsnah sein werden.“ Eine Anlage wird dabei einen Ausschnitt des Bahnhofs Bebra mit dem zentralen Inselgebäude um 1907 darstellen. Wie Dr. Schmidt erläutert kein leichtes Unterfangen: „Aus dieser Zeit liegen uns zwar verschiedenste Unterlagen und Pläne vor, diese jedoch im Maßstab H0 in 87-facher Verkleinerung darzustellen ist eine echte Herausforderung. Denn auch der Landschaftsbau, die Lage von Gebäuden, Weichen, Gleisen, Signalen und die eingesetzten Züge sollen dabei den Besucher in eine Zeit vor über hundert Jahren mitnehmen.“ Auch mancher technischer Sachverhalt muss dabei berücksichtigt werden, wie Klemens Kühn erklärt: „Die Anlagen dürfen nicht zu hoch sein, da sie sonst von Rollstuhlfahrern und Kindern nicht eingesehen werden können.“ Steven Kunz ergänzt: „Gleichzeitig muss für die unter den Anlagen gelegene Technik und die sogenannten Schattenbahnhöfe ausreichend Platz sein, zudem spielt die spätere Wartung eine wichtige Rolle.“
An den sogenannten Kopfstücken werden Monitore angebracht, auf welchen sich die Besucher, neben historischem Hintergrundwissen, Informationen zu einzelnen Szenen und technischen Sachverhalten einblenden lassen können – ebenfalls ein komplexes Thema, denn Eisenbahnfreunde und Eisenbahner im Speziellen sind sehr genau. Schmidt führt augenzwinkernd aus: „Das habe ich in den zurückliegenden Monaten, in denen ich mich mit Bebra und seinem Bahnhof beschäftige bereits lernen müssen. Es wird zwar noch einige Zeit dauern, bis ich eine Eisenbahnexpertin werde, aber ich bin auf dem besten Weg dahin.“
Die zweite der beiden knapp zehn Meter langen, und jeweils über zwei Meter breiten Anlagen wird zwei Ausschnitte der Bahnhöfe Bebra und Gerstungen zum Thema haben. Michael Gauler hierzu: „Die beiden ehemaligen Grenzbahnhöfe liegen nur 21 Kilometer auseinander. Sie waren zwar in einigen Dingen durchaus ähnlich, insgesamt von ihrer Organisation jedoch sehr unterschiedlich. Für Bürger ‚hüben wie drüben‘ war es nicht ohne Weiteres möglich hinter die jeweils andere Seite des Eisernen Vorhang zu reisen. Aus der Zeit kurz nach dem Mauerfall, vor dem Umbau und dem späteren Abriss großer Teile der Bahnhofs- und Grenzanlagen in Gerstungen existieren glücklicherweise jedoch zahlreiche Fotos und Pläne, welche man jedoch erst in aufwendiger Recherche zusammentragen muss.“
Die beiden Anlagen werden die Anker des Museum darstellen, weitere Exponate, Filme, Rauminszenierungen und das Zeitzeugenkino werden den Besuchern einen Eindruck verschaffen, wie es damals war: Als Bebra, welches heute mitten in Europa liegt, quasi der letzten Posten der westlichen Welt war. (pm)
Bild v.l.n.r.: Beim Studium alter Pläne des Bahnhofs Bebra sind zu sehen: Klemens Kühn, Dr. Anne Schmidt, Steven Kunz, Lothar Kunz, Peter Kehm, Michael Gauler und Andreas Becker © Foto: Patrick Rehn/nh