Anna Hutter im Schloss Hirschgarten über alte Bräuche
BORKEN-NASSENERFURTH | GUDENSBERG. Bettina Hauenschild und Otto Kukla, beides bekannte Schauspieler, haben das Wasserschloss Hirschgarten in Borken-Nassenerfurth erworben und sind damit beschäftigt, daraus mit dem Café, vielen Vorträgen, Meditationen und kulturellen Veranstaltungen einen lebendigen Ort zu entwickeln, in dem auch altes Wissen eine Rolle spielt.
Ursprünge im Jahreskalender
Am 22. Dezember war Anna Hutter bei dem Schauspielerpaar auf Schloss Hirschgarten zu Gast und hat über das Wunder der Rauhnächte referiert. Tags zuvor war die längste Nacht 2019 und, wie jedes Jahr wurde das mit einem Sonnenwendfeuer gefeiert. Interessant ist, erzählte die bekannte nordhessische Kräuterfrau, dass nahezu alle Traditionen, Bräuche und Mythen, die ihren Ursprung im Jahreskalender haben, auch in anderen Kulturen in ähnlicher Weise auftauchen, beziehungsweise eine Rolle spielen. „Geburt des Lichts“ heißt die Zeit der Rauhnächte zum Beispiel bei den Maori in Neuseeland. Mythen und Weisheiten ranken sich um diese Tage, zum Beispiel, dass sich Gott und Göttin nähern und in schwierigen Zeiten, also in der Dunkelheit, die Liebe entsteht…
„Meine Oma hat stets gesagt, ab 21. Dezember geht die Sonne jeden Tag um einen Hahnenschrei früher auf“, erzählt die studierte Sozialpädagogin und Phytotherapeutin, deren „Herz für die Natur schlägt“. Die Weisheit der Ahnen hat sich in den Rauhnächten manifestiert.
Früher nach der Sonnenwende
Früher, so Anna Hutter, folgten die Rauhnächte häufig und in vielen Regionen direkt auf die längste Nacht und den kürzesten Tag. Das Licht wird geboren. Volkskundlich ist der Ursprung durchaus umstritten. Der Lauf des Mondes und der der Sonne sind unterschiedlich. Das Mondjahr mit 12 Vollmonden hat nur 354 Tage, das Sonnenjahr bekanntermaßen im Normalfall 365 Tage. Um die Kalender in Einklang zu bringen, dienen die Rauhnächte „Zwischen den Jahren“.
Andere Theorien gehen davon aus, der Gregorianische Kalender mit den Schaltjahren von den Protestanten zunächst nicht akzeptiert wurde und so eine Zeit zwischen den unterschiedlichen Jahresrechnungen gemeint war. Egal ob Christen oder Heiden, die 12 Nächte – kulturell bedingt auch mehr – waren stets die heiligste Zeit im Jahr und immer daraus entsteht Hoffnung.
Was Wotan, Frau Holle, die Percht und Knecht Ruprecht vereint
Damals, als es noch kein elektrisches Licht gab, erinnert Anna Hutter, war Dunkelheit bedrohlicher. Ab Einbruch der Dunkelheit ging man nicht mehr vor die Tür. Das lag vor allen an den Geistern und mythischen Gestalten – wie Geister -, die dann draußen vermutet wurden. Der wilde Jäger Wode, also Wotan oder Odin zog mit einem wilden Heer von Holden und Unholden umher. Der Wodenberg, heute Odenberg bei Gudensberg öffnet sich alle 7 Jahre und dann geht es los. Auch Frau Holle zieht vom Meißner aus mit ihrem Gefolge durch das Land. Sie konnte über den Himmel schreiten und hatte zwei Seiten. Besonders furchterregend war auch die Percht, eine wilde Alte, die dem Frühling den Weg ebnet und Knecht Ruprecht, den man aus der Weihnachtsgeschichte kennt. Während der Nikolaus die Geschenke bringt, kommt Ruprecht mit der Rute.
Also besser im Haus bleiben, Türen und Fenster schließen und mit Weihrauch, Myrrhe sowie anderem Kräuterwerk mit ätherischen Ölen, das „Telegramm an den Himmel“ verschicken. Wacholder oder Thymian sind ok, referiert Anna Hutter, Eibe und andere Gifte können schaden. Tatsächlich verschwanden Krankheiten durch das Räuchern und man glaubte daher, dass Dämonen ausgeräuchert werden konnte. Tatsächlich aber wirken ätherische Öle anibakteriell.
Träume und Wetter weisen die Zukunft für ein ganzes Jahr
In den Rauhnächten kann man vieles Ablesen für das nächste Jahr, heißt es in heidnischen und christlichen Bräuchen rund um die mystischen Tage. Die Bauern wussten danach, wie das Wetter wird. Jede Nacht zwischen 25. Dezember und 6. Januar steht für einen Monat. Man beobachtete auch die Träume, die dann in dem zugeordneten Monat in Erfüllung gehen werden. Also die heutige Nacht und der heutige Tag stehen für den Januar. Der 26. Dezember steht für den Februar.
Es waren früher übrigens 12 Nächte ohne Arbeit. Frau Holle hätte sonst bestraft. Es wurde auch nicht gepfiffen. Wer das tut, hat in diesem Jahr nämlich kein Geld zu erwarten. Wäsche waschen geht gar nicht. Ein Aberglaube, der aber entstand, weil sich Wotan mit seinem Heer in der draußen aufgehängten Wäsche – es gab noch keine Trockner – verheddern würde und dann ins Haus käme.
Fingernägel und Haare nicht schneiden
Fingernägel und Haare durfte man nicht schneiden, weil sie sonst krumm und kraus wachsen. Viel Aberglauben und andere Weisheiten erzählte Anna Hutter. Eines vereint sie: Es ist die Phase im Jahr für Das Entspannen und zur Ruhe kommen, um das Licht weiterzugeben.
Im nächsten Jahr beginnen Anna Hutter und die Schlossherrin des einstigen von Baumbachschen Anwesens, Bettina Hauenschild, die erste Kräuterschule im Schloss Hirschgarten. Kontakt über schloss-hirschgarten@posteo.de oder über die Internetseite www.schloss-hirschgarten.de. (rs)