Wer ist die Stadt? Wem gehört das Laub? Was kosten Schienen?
BAUNATAL. In einer Kommune regelt die sogenannte Straßenreinigungssatzung, wer zu welcher Zeit, was reinigen muss, in welchem Rhythmus, auf welcher Straßenseite und eventuell auch, was die Stadt oder Gemeinde dafür haben möchte, wenn sie etwas für die Sauberkeit tut. Auch in Baunatal ist das so.
Laub gehört dem, der es findet?
„Anders als beim Nachbarschaftsrecht ergibt sich eine Pflicht zur Beseitigung von Laub auf öffentlichem Grund regelmäßig aus der Straßenreinigungssatzung der Stadt oder Gemeinde. Danach ist grundsätzlich der Anlieger verpflichtet, vor seinem Grundstück in dessen Breite bis zur Mitte der Straße das dort anfallende Laub zu beseitigen und fachgerecht zu entsorgen.“ So beschreibt die Seite Juraform im Internet die Situation in deutschen Kommunen.
Nur, wenn „die Menge des anfallenden Laubes nicht mit einfachen Hilfsmitteln beseitigt werden kann“, so Juraform „und/oder die Entsorgung zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen würde“, wird die Straßenreinigungspflicht infrage gestellt. Das gilt gerade für Laub von öffentlichen Bäumen. Wo und ob das so sein könnte, ist juristisch schwer zu regeln und wird es in den weitaus meisten Straßenreinigungssatzungen auch nicht.
Normal keine Unterscheidung nah öffentlichem und privatem Laub
Damit wird in den meisten Kommunen in Deutschland nicht nach „öffentlichem“ und „privatem“ Laub unterschieden. In Baunatal kocht das Thema – insbesondere wegen Beschwerden aus der Wilhelmshöher Straße in Altenritte – seit der Bürgermeisterwahl vor gut einem Jahr. Mit der jetzt erfolgten Anpassung der Straßenreinigungssatzung aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen und weil Unstimmigkeiten über die Reinigungspflicht bei einseitigen Bürgersteigen beseitigt werden sollten, poppte das Thema bei den Stadtverordneten wieder auf. Die wesentliche Änderung ist, dass die Reinigungspflicht bei einseitigen Gehwegen jetzt nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch jährlich wechselt. Die Gebühren steigen in der Reinigungsklasse 1 von 8 Cent pro laufendem Meter und Monat auf 10 Cent und in der Klasse 2 (Innenstadt) von 2,60 Euro auf 2,76 Euro pro Meter und Monat.
GRÜNE und CDU wollten öffentliches Laub anerkennen
Zwei Änderungsanträge beschäftigten sich mit dem „öffentlichen“ Laub. Die Fraktion BÜNDNIS90/GRÜNE wollte erreichen, dass die Reinigungspflicht (bei Eckgrundstücken) nur für die postalische Anschrift gilt und dass in der Reinigungsklasse 1 die Beseitigung von Laub städtischer Bäume im Preis inbegriffen ist. Dafür sollten Sammelbehälter aufgestellt werden. Außerdem wollten sie statt Salz, Sand und andere Materialien vorziehen. Die CDU-Fraktion wollte ähnliches mit der kostenlosen Herausgabe von Big Bags gegen 20 Euro Pfand erreichen. Entsprechend lebhaft entwickelte sich die Diskussion, in der beide Seiten möglichste weit ausholten.
Rainer Heine (SPD) erinnerte gleich an die Weimarer Verfassung und Paragraf 14 des Grundgesetzes: „Eigentum verpflichtet.“ Er erinnerte an 2007, als die erste Straßenreinigungssatzung in Baunatal verabschiedet wurde. Er versteht die Rolle als Stadtverordneter so, dass er die Interessen aller Bürger vertreten soll, nicht nur die eines Stadtteils, einer Straße oder eines Teils einer Straße. Gespräche mit Juristen des Städte- und Gemeindebundes hätten alle Fragen beantwortet. Schnee- und Eisglätte mit Materialien zu beseitigen, die der Bauhof zusätzlich beseitigen muss schließt die SPD aus, die Bürger sind für die Sicherheit verantwortlich, haften dafür und die Satzung muss sie entsprechend schützen.
Genossen hört die Signale!
Was starker Baumbestand bedeute, sei noch nicht präzisiert, Big Bags kosten Geld bei der Anschaffung und machen Arbeit schon beim Pfand-Abrechnen. Die neue Satzung orientiere sich an der Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes.
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) stellt fest, dass Kompromisse nicht möglich sind. Nach Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern hat er gerechnet. Im Bauhof ergäben sich 2.100 jährliche Arbeitsstunden Stunden je Mitarbeiter (Anmerkung der Redaktion: nur, wenn kein Urlaub genommen und an Feiertagen unentgeltlich gearbeitet wird). Da müsse es doch möglich sein, dass der Bauhof das Laub entfernt. Saskia Esken habe beim SPD-Parteitag gesagt: „Hört Ihr die Signale, die neue Zeit ruft!“ Es gehe nicht um die Wilhelmshöher Straße mit 150 Bäumen.
Borschel: Nicht auf Umweltbewusstsein der Bürger vertrauen
Zu Streusalz stellte Borschel fest: „Man kann nicht auf das Umweltbewusstsein der Bürger setzen“. Daher sollte der Passus lauten: „Salz nur in Ausnahmefällen“. Die Bürger hätten für die Reinigung auch 12 Cent statt 10 Cent (bisher 8) bezahlt. 44 Straßen seien in Klasse 1, nur eine davon in Altenritte. Die Vorlage sei mutlos und nicht bürgernah. Es werde Einsprüche und Klagen von Bürgern geben.
Sebastian Stüssel (CDU) möchte Herrn Heine widersprechen. Eigentum verpflichte, aber man könne nicht nur den Teil heraussuchen, der einem in den Kram passt. Es gehe um die Beseitigung des Laubs städtischer Bäume. „Die Stadt muss den Dreck wegräumen, die Stadt ist in der Verantwortung“, so der Christdemokrat. Sitzung für Sitzung sei verschwendete Zeit, die Bürger hätten ein Interesse und einen Anspruch. Die Big Bags seien schon da und das Personal auch. Container wolle die CDU nicht, aber eine neue Variante ausprobieren und nach einem Jahr prüfen, „ob das wirklich so viel kostet“. „Frustriert sind wir, aber wir werden nicht leiser“, kündigte er an.
Reiner Oswald: Lieber Ring der Nibelungen hören
Reiner Oswald (FDP) empfindet das Problem als Petitesse. Lieber Ring hätte er in Zeit den Ring der Nibelungen mehrmals gehört. Über die Kosten hätte er gerne etwas gehört. Die CDU sage, wir testen und dann können wir das wieder ändern, dem könne er mit ganzem Herzen zustimmen.
Gegen den Vorstoß der GRÜNEN mit Containern aber ohne Salz und nur noch der Verpflichtung in der postalischen Anschrift, stimmten nicht nur SPD, sondern auch FDP und CDU. Für den Änderungsantrag der CDU stimmten alle außer der SPD, die das mit ihrer absoluten Mehrheit aber ablehnte und die neue Satzung ohne weitere Änderungen verabschiedete.
Wunderwerke der Natur
An dieser Stelle sei als redaktioneller Beitrag die Erklärung der Stadt Hagen auf ihrer Internetseite zum Thema Laubsammeln erwähnt: „Bäume sind herrlich anzuschauen. Aber sie bieten nicht nur einen herrlichen Anblick, sondern sind auch wahre Wunderwerke der Natur. Ein einziger Baum verbraucht täglich rund sechs Kilogramm des klimaschädlichen Kohlenstoffdioxid, um daraus etwa fünf Kilogramm Sauerstoff zu produzieren. Aber damit nicht genug: Ein einziger Laubbaum ist in der Lage, jährlich etwa 7.000 Kilogramm Staub aus der Luft zu filtern.“ Natürlich produziert er dabei auch jede Menge Laub…
Straßenbahn wird teurer – für die Stadt
Ein neuer Vertrag mit der KVG ist fällig über die Linie nach Baunatal. 157.000 Euro möchte die Verkehrsgesellschaft für das Erfolgsmodell haben, weil der Altbestand der Schienen so viel kostet.
Ein Vierteljahrhundert Straßenbahn, so resümierte Dr. Klaus-Peter Lorenz (SPD) mit werktäglich 5000 Straßenbahn-Fahrgästen bei steigenden Zahlen an den Wochenenden. Baunatal verpflichte sich für Verhandlungen bis 2042. 321.000 Euro Aufwendungen jährlich verursache die alte Gleisanlage. Man wünsche sich eigentlich eine Nutzung der Strecke bis Bad Wilhelmshöhe
Sebastian Stüssel: Vertragspartner hätten sich seriöser verhalten können
Sebastian Stüssel (CDU) erklärte: „Wir werben nicht für den Vorschlag, Zustimmung erteilen wir mit knirschenden Zähnen.“ Wenn man an Ausschreibungen teilnimmt, kritisierte er die KVG, müsse man sich vorher informieren und miteinander reden. Die Vertragspartner hätten sich seriöser verhalten können. Wir brauchen für die Strecke nicht werben. Eigentlich sei es eine der ertragsreichsten Strecken. Welche Tricks wurden hier angewendet, würde er gerne wissen. Frau Engler sei er dankbar für die Gespräche, denn es sollte noch mehr Geld kosten. Gerne möchte gerne wissen, wie es dann auf anderen Strecken aussieht. Das habe nichts mit Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit zu tun.
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) kann sich anschließen: „Wir haben uns unter Druck gesetzt gefühlt!“ Man könne nach 20 Jahren nicht plötzlich merken, dass etwas teurer ist.
Reiner Oswald (FDP) kann die Kritik an den Kosten nicht nachvollziehen. Der ÖPNV werde immer Geld kosten. „Im Ausschuss müssen wir die echten Kosten sehen.“ Die Abstimmung erfolgte einstimmig mit 38 Stimmen.
Neue Stellplatzsatzung
Weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert haben, war auch eine neue Stellplatzsatzung notwendig. Sie regelt, wie viele Stellplätze für welche Baumaßnahmen vorgesehen werden müssen und was es kostet, wenn dafür öffentliche Parkplätze genutzt werden.
Bernd Riemenschneider (SPD) erläuterte, dass die Stellplatzsatzung aus dem Jahr 1993, zuletzt 2004 aktualisiert wurde. In 2018 sei die neue Hessische Bauordnung in Kraft getreten. Damit waren die wesentlichen Änderungen schon gesetzt. Aus der Bauordnung wurde alles Wichtige eingearbeitet. Berücksichtigt werden auch Menschen mit Behinderung und E-Bikes, sowie Plätze für E-Mobile. Die Ablöse für die Nutzung öffentlicher Parkplätze werde jetzt pauschaliert.
Reiner Oswald (FDP) sieht das kritisch. Der Realitäten seien anders, 1 Ladesäule je 20 Stellplätze sei zu wenig. Sebastian Stüssel (CDU) findet, Fahrradabstellplätz sind in Baunatal nicht das große Thema. Familien haben immer mehr Autos und die Straßenzüge sind zugeparkt. Die Eigentümer müssen dem Rechnung tragen und haben Parkplätze zu schaffen. Sebastian Rost (B90/GRÜNE) findet die Erhöhung der KFZ-Zahlen und der Ablöse von 4.000 auf 7.000 Euro gut. Aber in Neubaugebieten sollte bei E-Mobilität mehr gefordert werden. (rs)