KASSEL. „Weg von den Überkapazitäten, hin zu einer Auslastung auf normalem Niveau – so könnte man die Entwicklung der Handwerkskonjunktur in diesem Jahr überschreiben“, konstatierte Heinrich Gringel, Präsident der Handwerkskammer Kassel, anlässlich der 138. Vollversammlung. „Nach einer fast zehnjährigen Phase mit stetigem Wachstum, scheint sich die Auftragslage im Gesamthandwerk wieder etwas zu beruhigen.“
In der Folge seien die Erwartungen der Betriebe an die zukünftige Entwicklung ihrer Geschäftslage nicht mehr so zuversichtlich, wie noch vor einem Jahr. „Die globale Konjunkturschwäche, die Handelskonflikte und die endlose Brexit-Debatte scheinen nun langsam auch im Handwerk anzukommen“, sagte Gringel weiter.
Insgesamt bewege sich die Handwerkskonjunktur aber noch auf einem hohen bis sehr hohen Niveau was Umsätze, Auslastung und Auftragsbestände betrifft. „Unsere Betriebe haben nach wie vor gut zu tun und daran wird sich auch bis zum Jahresende nichts ändern.“ Für das gesamte Jahr 2019 rechnet das Handwerk in Nord-, Ost- und Mittelhessen mit einem Umsatzwachstum von mindestens drei Prozent. „Diese zum Jahresanfang gemachte Prognose bleibt weiterhin bestehen und das sollten wir auch erreichen.“ Wichtigste Konjunkturstütze werde weiterhin der private Verbrauch bleiben.
Aber auch die Politik könne einen entscheidenden Beitrag dafür leisten, dass das Handwerk auch künftig erfolgreich und damit ein stabilisierender Wirtschaftsbereich bleibe. Dazu müsste sie endlich für ein wettbewerbsfähiges Steuersystem sorgen, für eine bezahlbare Energiepolitik samt einer mittelstandsgerechten Verkehrspolitik sowie für eine gute Infrastruktur, vor allem im Bereich der Digitalisierung. „Der Staat darf nicht diejenigen über die Maßen belasten, die durch ihre tägliche Arbeit dazu beitragen, die Wirtschaft und die sozialen Sicherungssysteme am Laufen zu halten“, so der Kammerpräsident.
Als eine zentrale Frage für die Zukunftsfähigkeit der Handwerksbetriebe in der Region benannte der Kammerpräsident weiter die Fachkräftesicherung. Vor dem Hintergrund, dass es für die Betriebe im Kammerbezirk ständig schwieriger werde, ausreichend qualifizierte Beschäftigte zu finden, komme der Ausbildung eine immer bedeutendere Rolle zu. Deshalb sei es gut, dass sich in diesem Jahr wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entschieden haben. Denn die Zahl der bis Ende September neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist von 2.867 auf 2.928 gestiegen, ein Zuwachs von gut zwei Prozent. „Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die sowohl auf das große Ausbildungsengagement unserer Betriebe als auch auf die unterschiedlichen Beratungsangebote der Kammer zurückgeht. Fest steht aber dennoch, dass wir alle unseren Einsatz künftig weiter verstärken müssen.“
„Deshalb unterstützen wir die Handwerksunternehmen auch weiterhin als Ergänzung zur Ausbildungsberatung mit der passgenauen Besetzung von Ausbildungsplätzen“, erläuterte Hauptgeschäftsführer Jürgen Müller. „Dieses Angebot wird von der Unterstützung der Betriebe bei der Vermittlung und Integration von Flüchtlingen flankiert.“ Darüber hinaus biete die Kammer eine Mobilitätsberatung an und damit die Möglichkeit eines geförderten Auslandsaufenthaltes innerhalb der Berufsausbildung. „Solche Angebote befördern die Attraktivität der dualen Berufsausbildung. Da sie bei Jugendlichen sehr gut ankommen, können sie ein Argument bei der Wahl für einen bestimmten Ausbildungsberuf sein“, so Müller weiter.
Als moderne und dienstleistungsorientierte Serviceeinrichtung biete die Kammer ihren Betrieben auch künftig bewährte und kostenfreie Dienstleistungs- und Beratungsangebote, die regelmäßig an die Anforderungen angepasst würden. Als einen Schwerpunkt der Kammerarbeit nannte Müller die betriebswirtschaftliche Beratung vor allem zur Betriebsnachfolge. Dazu komme seit zwei Jahren die Beratung bei Digitalisierungsfragen, die von den Betrieben gut angenommen werde.
Der Haushalt der Kammer, erläuterte Müller weiter, sei auch im kommenden Jahr solide finanziert und folgt den Prinzipien der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Das Handwerkerparlament verabschiedete den Haushaltsplan ebenso wie den Beitrag, der wie seit nahezu zwanzig Jahren unverändert bleibt, einstimmig. (pm)