KASSEL. In Kassel haben am Montag die Vertreter von zivilgesellschaftlichen Akteuren wie HateAid, Reconquista Internet/Hassmelden und ichbinhier, die Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk sowie die Hessische Justiz eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben, die auf eine Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft, der Medien und der Justiz im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz setzt.
Die Kooperation ist Teil des Aktionsplans Hessen gegen Hetze, den die Landesregierung im September vorgestellt hat. Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) wird künftig und bundesweit Hinweise auf Hass und Hetze im Netz von den Kooperationspartnern entgegennehmen und strafrechtlich bewerten.
„Wir wollen dort sein, wo Hass und Hetze im Netz sichtbar wird. Wir haben deshalb diesen bundesweit einmaligen Schulterschluss mit der Zivilgesellschaft gesucht, weil wir auf die Mitwirkung und die Zivilcourage jedes einzelnen Nutzers angewiesen sind. Wir dürfen Hass und Hetze nicht unkommentiert und unwidersprochen stehen lassen. Bei strafbaren Inhalten verstehen wir keinen Spaß und das sollte jedem klar werden“, so Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann am Rande der Unterzeichnung.
„Wir sind uns sicher, dass der heutige Schulterschluss zwischen ganz verschiedenen Akteuren ein wichtiger Schritt dahin ist, dass Worte und Taten im digitalen Raum dieselben Konsequenzen haben wie im analogen Raum. Auch sind wir zuversichtlich, dass digitale Passanten, die heute schon über unsere Meldeplattform Zivilcourage im Netz zeigen, durch diese Kooperation weiter gestärkt werden. Die schrecklichen Taten in Kassel, Halle und anderenorts haben uns allen die Gefahren der Radikalisierung im digitalen Raum vor Augen geführt. Umso wichtiger ist es, durch Initiativen wie »Keine Macht dem Hass« die Gesellschaft zu stärken, Opfer zu unterstützen und zu zeigen: Hass und Hetze muss man nicht machtlos gegenüberstehen”, erläuterte Leonhard Träumer, einer der Organisatoren von Reconquista Internet/Hassmelden.
„Unsere Kooperationspartner stehen für viele zehntausende Nutzer im Netz. Wir bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit für die Nutzer, Zivilcourage zu zeigen. Denn Zivilcourage ist auch, antisemitische, beleidigende oder volksverhetzende Inhalte anzuzeigen und so zu ermöglichen, die Täter zu identifizieren. Die ZIT ist dazu bereits personell erheblich verstärkt worden und erhält zu diesem Zweck insgesamt 14 neue Stellen. Unser Ziel ist es, strafbare Inhalte nicht nur zeitnah entfernen zu lassen, sondern auch die Täter zu identifizieren und vor Gericht zu stellen. Vor allem ist es aber unser Ziel, dass Hass und Hetze aktiv entgegengetreten wird. Mit Gruppen wie #ichbinhier haben wir Partner gefunden, die sich aktiv der Gegenrede im Netz verpflichtet fühlen“, sagte Kühne-Hörmann.
„Betroffene von Digitaler Gewalt wurden bisher von Justiz und Strafverfolgungsbehörden oftmals nicht ausreichend ernst genommen und unterstützt. Nur selten konnten sie sich effektiv gegen Täter*innen zur Wehr setzen. Wir sind zuversichtlich, dass die Initiative „Keine Macht dem Hass“ die vielen Betroffenen, die sich täglich an uns wenden, hier stärken wird und langfristig dazu beiträgt, dass sich diese nicht aus den Debatten im Netz zurückziehen. Unser Ziel ist es, unsere offene und demokratische Gesellschaft auch im Internet zu verteidigen. Deswegen setzen wir heute gemeinsam ein klares Signal dafür, dass Betroffene nicht schutzlos gestellt sind und digitale Gewalt mit allen Mitteln der Zivilgesellschaft und des Rechtsstaats begegnet werden muss”, sagte Anna-Lena von Hodenberg, die Geschäftsführerin von HateAid.
„#ichbinhier ist und bleibt eine Counterspeech-Gruppe. Aber manchmal stoßen wir auf Posts, die so fürchterlich sind, dass uns die Worte fehlen. Vor allem unsere weiblichen Gruppenmitglieder werden regelmäßig selbst zur Zielscheibe massiver Beleidigungen und anderer Einschüchterungsversuche. Da ist es eine große Hilfe, dass es nun eine zentrale Anlaufstelle gibt, an die wir uns als Privatpersonen wenden können, wenn wir meinen, dass bei einem Kommentar die rote Linie zur Strafbarkeit überschritten ist. Und das mit dem guten Gefühl, dass man dort der Sache zügig nachgehen wird“, so Sonja Boddin, als Vertreterin des Vereins ichbinhier e.V.
„Diese Kooperation werden wir weiter ausbauen. Das Unternehmen Facebook wird uns unterstützen und zum Beispiel künftig bei bestimmten Delikten nicht mehr auf die komplizierte und langwierige Rechtshilfe verweisen. Weitere Unternehmen der Internetwirtschaft, Verbände und Medienunternehmen haben bereits ihr Interesse an einer Unterstützung bekundet. Ich freue mich über diese zahlreichen Angebote, denn es zeigt, dass wir gemeinsam daran arbeiten, unsere Werte auch im Internet zu verteidigen“, so Eva Kühne-Hörmann weiter.
„Mit Strafrecht und Counter Speech allein kann man Hass und Hetze nicht wirksam entgegentreten. Die Kooperation und das Angebot der ZIT an organisierte Melder ist deshalb nur ein Baustein des Maßnahmenpakets Hessens. Wir werden auch ein besseres Angebot für Opfer von Hate Speech aufbauen und auch hier auf eine Zusammenarbeit mit unseren erfahrenen Partnern der Zivilgesellschaft setzen Hessen wird sich noch stärker im Bereich der Prävention und im Kampf gegen Antisemitismus engagieren“ so die Justizministerin.
Hier liegt eines der zentralen Aufgabenfelder der Hessischen Landesmedienanstalt. Deren Direktor Joachim Becker unterstreicht in diesem Kontext: „Prävention und Bildung zu medienkompetenten Verhalten stellen wesentliche Säulen dar, um strafrechtlich Relevantes überhaupt nicht erst entstehen zu lassen. Eine so verstandene Telemedienaufsicht und die Medienkompetenzförderung sind zwei Seiten der gleichen Medaille.“ (pm)
1 Kommentar
Gute Sache, diese Kooperation.
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