Ausstellung zum Gedenken im Rathaus von Gudensberg
GUDENSBERG / DEUTSCHE MÄRCHENSTRASSE. 100 Jahre alt wäre Josef Mertins jetzt geworden, wäre er nicht im Jahr 1995 verstorben. Dass er ein außergewöhnlicher Künstler gewesen ist, bestätigen alle, die ihn kennenlernen durften und sein Werk ist unübersehbar und unumstritten gleichermaßen.
Zur Erinnerung an das Wirken von Josef Mertin in der Region, stellt die Stadt Gudensberg seit gestern einige wichtige Bilder des Künstlers im Rathaus aus. Wer in diesen Tagen das Treppenhaus benutzt, kommt an den Werken von Mertin also nicht vorbei.
Reichlich Spuren in der Region hinterlassen
Bürgermeister Frank Börner erinnert sich noch an Josef Mertin und freut sich, den Künstler noch persönlich zu kennen. Stets einzigartige Spuren hat er in der Region reichlich hinterlassen. Sein Wirkungskreis reicht allerdings bis ans andere Ende der Welt, nach Japan.
Frank Börner erinnerte daran, dass Mertin – außer seiner künstlerischen Arbeit – auch noch Heimatforscher, sozial engagierter Bürger, Naturforscher und Kommunalpolitiker war. „Schön, dass ich ihn noch einmal würdigen kann“, sagte Börner, der ihn kennenlernte, als er selbst noch nicht Bürgermeister war.
Künstler und Lokalpolitiker
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Josef Mertins, geboren am 20. Oktober 1919 in Niederpeschkau (Sudetenland), 1948 nach Dissen gekommen. In dem heutigen Stadtteil von Gudensberg engagierte er sich im örtlichen Heimatverein, den er gründete, kümmerte sich um die Natur am Scharfenstein und begann sich kommunalpolitisch zu engagieren. Von 1968 bis 1971 war er im Gemeindevorstand von Dissen und nach der Gebietsreform von 1972 bis 1977 Ortsvorsteher seines neuen Heimatdorfes. In dieser Funktion sorgte er unter anderem für den ersten Platz beim Dorfverschönerungswettbewerb. 1978 bekam er den Ehrenbrief des Landes Hessen.
Börner wies darauf hin, dass Mertin aber auch als „Botschafter der Freude“ in Japan galt. Dort nämlich, auf der Insel Hokkaido, war er an dem Aufbau eines Freizeitparks mit Motiven der Brüder Grimm und aus Deutschland beteiligt. Für diese Anlage, in der ganze Fachwerkhäuser aus der Region im Original oder originalgetreu gebaut wurden, dem Glückskönigreich, hat er Kunstwerke und das Originalplakat beigetragen. Dort hatte eine Zeit lang gelebt und im Alter noch Japanisch gelernt.
Schwerpunkt: Brüder Grimm und deutsche Märchenstraße
In Deutschland stehen die meisten seiner Werke im Zusammenhang mit der Deutschen Märchenstraße und den Spuren der Brüder Grimm. Sein auffälligstes Werk ist die Darstellung der gesamten Märchenstraße. Die Tochter Hannelore Winkelhöfer erzählt, dass er von jedem Ort entlang der Straße Bilder angefertigt hat. Außerdem von den meisten Hessentags-Städten. Barbara Schreiber weiß erzählen, dass er auch an der Gründung der Trachten-Tanzgruppe beteiligt war.
Zum Gesamtwerk von Josef Mertin zählen Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder, Keramiken, Holzarbeiten, vor allem aber 523 Teppichmosaike, gestaltet in einer Art und Weise, wie sie weltweit einmalig sein dürfte. Sie sind quasi das Alleinstellungsmerkmal des Gudensberger Künstlers. Eine Technik die – nach bisherigen Erkenntnissen – weltweit niemand sonst in dieser Weise umgesetzt hat. Angefertigt wurden die Mosaiken aus Resten oder Stücken von Teppichen und Teppichböden, aufgeklebt auf Pressspan oder Hartpappe. Mit außerordentlichem Geschick in der Handhabung des Teppichmessers und offensichtlich einer beeindruckenden visuellen Vorstellungskraft, hat er aus winzigen Stückchen, teilweise mehrere Quadratmeter große Bilder zusammengesetzt. Durch die unterschiedlichen Teppich-Strukturen wirken die Werke dreidimensional und besonders lebendig.
Ausstellung bis Jahresende
Die Ausstellung im Gudensberger Rathaus konzentriert sich auf Teppichmosaiken zu Märchen, Sagen und Motiven aus dem Schwalm-Eder-Kreis. Sie kann bis zum 31. Dezember 2019 angesehen werden. Das Rathaus ist werktags immer von 8:00 bis 12:00 Uhr geöffnet, montags und dienstags außerdem von 14:00 bis 16:00 Uhr, donnerstags von 14:00 bis 18:00 Uhr. (rs)