Stadtverordnete: Vereinsförderung und KWS mit geringem Aufregungspotential
SCHWALMSTADT. Mit 12 Tagesordnungspunkten durften sich die Stadtverordneten der Stadt Schwalmstadt am gestrigen Donnerstag um 19 Uhr beschäftigen. Nach zwei Stunden, gegen 21:00 Uhr waren sie damit fertig.
Fragen und Anregungen
Zu Beginn einer jeden Stadtverordnetensitzung darf jeder im Parlament fragen und informieren. Die Stadtverordneten haben dem Bürgermeister im Laufe der Jahre schon so viele Fragen gestellt, dass selbst die Fragesteller inzwischen Schwierigkeiten haben, sich an Fragen, ihre Inhalte und offene oder gegebene Antworten zu erinnern. Der Reihe nach:
Bauen und Sanieren
Stefan Pinhard informierte darüber, wie die EU-Kommission das Verbot von Microplastik handhabt. Es ist noch nicht klar, ob Füllstoffe, die in Kunstrasenplätze verbaut sind, vom Verbot betroffen sind und wenn ja, wie lange Übergangsfristen ausfallen könnten. In Treysa hat die Stadt einen Kunstrasenplatz. Erneuert werde müsste dieser ohnehin zwar alle 12 Jahre. Eine Erneuerung kostet so oder so 200.000 Euro. Bei langen Fristen also könnte es sein, dass die Sportwelt in Schwalmstadt gar nicht aus den Fugen gerät.
In der Knüllstraße (Niedergrenzebach) ist der Auftrag an das ausführende Unternehmen durch Hessenmobil erteilt worden. Am 3. September findet abends eine Informationsveranstaltung für die Anlieger statt. Die Fenster-Sanierung für das KWS-Gebäude ist per Ausschreibung auf dem Weg.
Im Stadtteil Trutzhain besteht hinsichtlich der Feuerwehr akuter Handlungsbedarf. Während sich die Parteien und Politiker in den zurückliegenden Jahren leidenschaftlich über Zustände, Chancen und Versäumnisse auseinandergesetzt haben, hat sich die Feuerwehr selbst nun gegen ein Mehrzweckgebäude ausgesprochen und favorisiert eine Fusion mit der Feuerwehr im benachbarten Steina (Willingshausen). Darüber spricht man in beiden Orten bereits und betritt unbekanntes Terrain. Nur einen Fall gemeindeübergreifender Feuerwehrfusion gibt es bisher in Hessen. Klar scheint dennoch zu sein:
- Die Kommune, in der das Gebäude steht, wird alleiniger Standort der gemeinsamen Feuerwehr.
- Eine Bezuschussung ist auch in solch einem Fall möglich.
Ein neues Gebäude würde sehr sicher in der Gemarkung Willingshausen stehen, weil das frühere Stalag – also heute der Ort Trutzhain in der Gemarkung Steina stand und daher alle umliegenden Flächen heute zu Willingshausen gehören. Ein Stimmungsbild soll in beiden Orten eingeholt werden. Zwei Drittel der Trutzhainer und die Mehrheit der Steinaer Feuerwehrleute sind dafür, die Fusionsgespräche fortzuführen.
Was tun mit 500.000 Kubikmetern Erde und der Zukunft Schwalmstadts?
Etwa halbe Million Kubikmeter Erdmassen von der Autobahnbaustelle suchen eine neue „Heimat“. Diese wurde im ehemaligen Basaltabbaugebiet im Herzen der Landsburg gefunden. In Michelsberg entsteht dadurch eine Gefahrenlage, erklärte der Bürgermeister. Auch Lärm und Staub würden das zumutbare Maß übersteigen. Was keiner so gesagt hat, dass Tausende LKW-Fahrten (Wer rechnen kann: bei größtmöglichen LKW mindestens 20.000, bei kleineren weit mehr) die Straßen ruinieren werden. Daher wird Michelsberg jetzt für LKW über 12 Tonnen gesperrt. Die Schilder sind bestellt und werden möglichst heute schon aufgestellt. Nun müssten wohl Baustraßen und Behelfsbrücken geschaffen werden.
Der Zustand des Stadtwaldes in Schwalmstadt, so Bürgermeister Stefan Pinhard, ist besorgniserregend. Dürre, Schädlings- oder Borkenkäferbefall sind die häufigsten Ursachen. Alle Baumarten sind – je nach Alter – unterschiedlich betroffen. Schäden können mit forstwirtschaftlichen Maßnahmen nicht eingedämmt werden. Dr. Jochen Riege, Bündnis 90/Die Grünen, reagierte auf den Waldschadensbericht und forderte einen Klimaschutzbeauftragten.
Thorsten Wechsel (CDU) will wissen, ab wann das Gewerbegebiet zur Autobahn fertig sein wird, Ruth Engelbrecht (B90/Grüne) hätte gerne mehr Blühstreifen. Thomas Kölle (FWG) – wie erwähnt – hatte in der letzten Sitzung vor den Ferien festgestellt, dass im Schwimmbad Ziegenhain keine Behindertenparkplätze bestehen. Dieser Zustand wurde jetzt beendet. Neben dem Eingang befindet sich nun ein solcher.
Thomas Kölle (FWG) macht sich weiterhin Sorgen um die Zukunft und stellte dazu viele neue Fragen, die nun auf Antworten warten: Er kritisiert Planlosigkeit im Stadtmarketing der Stadt. Gibt es ein integriertes Handlungskonzept für die Stadt Schwalmstadt? Gibt es einen Plan für die Wirtschaftsansiedlung für die Stadt Schwalmstadt? Gibt es in Schwalmstadt noch genügend Gewerbeflächen? Und wann werden in den Sauren Wiesen Straßen (nachdem die Flächen alle bebaut wurden), Lampen und Gehwege fertiggestellt? Wohin steuert Schwalmstadt?
Prüfung Jahresabschlüsse 2014 und 2015
Keine Diskussion gab es über die vorgelegten Prüfberichte zu den Jahresabschlüsse 2014 und 2015 der Stadt Schwalmstadt. Beide tragen einen Prüfvermerk ohne Einwendungen. Das heißt zunächst, dass die Buchführung den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Das bedeutet auch, dass keine Ausgaben aufgefallen sind, die völlig unsinnig gewesen waren. Zudem fielen sie besser aus als erwartet. Für 2014 war ein Verlust von 2.261.546 Euro eingeplant, tatsächlich blieb – bei 1,5 Millionen Meheinnahmen – ein tatsächliches Minus von 1.643.721 Euro. Noch besser sah es 2015 aus. 1.384.186 Euro Defizit standen im Haushaltsplan, 643.503 Euro standen am Ende in der Realität noch auf dem Deckel. Bei zwei Enthaltungen wurde der Magistrat dafür einmütig entlastet.
Stellplatzsatzung ändert sich beim nächsten Mal
Zu jedem Gebäude gehören Stellplätze für Fahrzeuge, sonst darf es nicht gebaut werden. Mit der Einbringung einer neuen Satzung über Stellplätze und Garagen sowie Abstellplätze für Fahrräder ging es in der Sitzung weiter. Die Rahmenbedingen haben sich geändert und fast alle hessischen Kommunen beschäftigen sich zurzeit mit diesen Satzungen. Die Herausforderungen der E-Mobilität, veränderte Rechtslagen sowie neue, realistische Ablösebeiträge müssen eingearbeitet werden. Auf Basis einer Mustersatzung der kommunalen Spitzenverbände ist eine neue Satzung entstanden, die in der September-Sitzung verabschiedet werden soll.
Vier Bebauungs- und Flächennutzungspläne
In Schwalmstadt darf auch weiterhin gebaut werden. Die Stadtverordneten hatten vier umfangreiche Vorlagen (171 Seiten) auf der Tagesordnung:
- Für den Bebauungsplan Nr. 10 Bahnhofstraße/Wieragrund liegen die Stellungnahmen betroffener Bürger und der Träger öffentlicher Belange vor. Unter Abwägung aller Sachverhalte fassten die Stadtverordneten jetzt bei 32 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen den Satzungsbeschluss und sorgten damit für Baurecht.
- Der Aufstellungs- und Offenlegungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 29 Rörshainer Weg in Ziegenhain wurde vom Bürgermeister zurückgezogen. Die Bauleitplanung sah eine Gewerbebebauung entlang der B 454 vor und berücksichtigte dabei die Belange des angrenzenden Seniorenheimes und der Wohngebiete.
- Für den Bebauungsplan Nr. 19 „Auf den Nassen Äckern“ in Ziegenhain liegen ebenfalls die Stellungnahmen betroffener Bürger und der Träger öffentlicher Belange vor. Unter Abwägung aller Sachverhalte fassten die Stadtverordneten hier einstimmig den Satzungsbeschluss und schufen damit Baurecht.
- In den Sauren Wiesen West änderten die Stadtverordneten mit 29 Ja-Stimmen den Flächennutzungsplan. Den geänderten Schallschutzbedingungen wird mit der Änderung Rechnung getragen. Dr. Jochen Riege (B90/Grüne) möchte in diesem Zusammenhang die Funktion des Rückhaltebeckens auch touristisch stärken – ohne die Funktion zu beeinträchtigen – und dazu passe eine 18 Meter hohe Halle (wie geplant) nicht. Die bereits vorhandenen Gewerbegebiete und das zukünftige an der A49 sollten zuerst genutzt werden. Bürgermeister Pinhard erinnerte daran, dass es um den Wirtschaftsstandort Schwalmstadt geht.
Die Wohnungsbaugesellschaft – das Ende aller Differenzen?
Die Kommunale Wohnungsbaugesellschaft KWS steht seit Jahrzenten im Fokus vieler Streitigkeiten in der Stadtverordnetenversammlung. Zwischen Verkauf und Weiterführung klaffen stets unüberbrückbare Gräben und stets wechselnde Mehrheitsverhältnisse. Jetzt hatten CDU, FDP, FWG und LINKE gemeinsam dazu aufgefordert, einen Vorschlag zu unterbreiten, wie mit der KWS verfahren werden kann. Nun hat Bürgermeister Stefan Pinhard tatsächlich eine Vorlage zum Beschluss vorgelegt, wonach zunächst der Eigenbetrieb aufgelöst werden soll, um dann unmittelbar zu prüfen, ob einzelne Liegenschaften veräußert werden zu können. Der Beschluss sähe auch eine externe Verwaltung der KWS vor.
Die SPD hingegen hatte vorsorglich einen Antrag eingebracht, zum jetzigen Zeitpunkt von einem Verkauf abzusehen. Nach intensiver Diskussion präzisierte Bürgermeister Pinhard seine Vorlage, um die Daten zu untermauern. Alle Fraktionen stellten schließlich ihre Anträge bis zur September-Sitzung zurück, wenn über das Papier des Bürgermeisters abgestimmt wird. Es war zu ahnen, dass es durchaus mehr als eine oder zwei Positionierungen dazu geben wird.
Vereinsförderung oder Förderung der Stadt durch die Vereine?
Hatte die CDU-Fraktion revolutionäres in der Vereinsförderung im Sinn? Der Antrag zur „Verbesserung der Vereinsförderung und Öffentlichkeitswirkung“ war offensichtlich nicht klar formuliert und nach 171 Seiten Bauleitplanung und anderen Papieren hatten vielleicht nicht alle Lust gehabt, ihn wirklich auch noch zu lesen? Auch nach Erläuterung von Martin Pflüger (CDU) schien nicht allen klar zu sein, was hinter dem Antrag steckt. Daniel Helwig (SPD) findet den Antrag überflüssig und entdeckt darin eine Rätselaufgabe. Er beschreibe hauptsächlich die vorhandenen Förderungen. Ruth Engelbrecht (B90/Grüne) sieht es positiv, wenn der Magistrat ein Konzept entwickelt, um die heimischen Vereine zu unterstützen. Es solle nicht bei einem Konzept bleiben, sondern in konkrete Maßnahmen münden.
Bürgermeister Stefan Pinhard findet es schwierig, ein solches Konzept für mehr als 100 Vereine zu erstellen. Das habe planwirtschaftliche Züge. Thomas Kölle (FWG) sieht alles ganz einfach: Es ginge nur um die Stadtmarketing unterstützende Funktion der Vereine, also die Öffentlichkeitsarbeit, die die Vereine für Schwalmstadt oder zusammen mit ihr leisten. Dr. Constantin H. Schmitt (FDP) sieht die Vereine als Teil des genetischen Fingerabdrucks der Stadt: „Das kostet erst einmal nichts!“
Der Auftrag an den Magistrat, ein Konzept zu erstellen, wurde schließlich ohne Nein-Stimme mit Enthaltungen auf Seiten der SPD, erteilt.
Veränderungen im Parlament – Biskamp und Gerstmann weg
Zu Beginn der Sitzung hatte Reinhard Otto bereits Ulich Wüstenhagen (B90/Grüne) als neuen Stadtverordneten begrüßen können Er ist bereits Beauftragter der Stadt für alles rund ums Fahrrad und rückte für Tobias Biskamp in die Stadtverordnetenversammlung nach. In der nächsten Sitzung rückt nun jemand für Frau Christel Gerstmann (SPD) nach. Sie verabschiedete sich am Ende er Sitzung mit einer persönlichen Erklärung nach über 30 Jahren im Stadtparlament. Es gäbe mehrere Gründe, die Entscheidung falle nicht leicht, sagte sie, aber in einer Reha habe sie Zeit zum Nachdenken gehabt. Das Gehör lässt sie im Stich und oft auch außen vor. Vor allem aber sei die Situation in der Stadt unbefriedigend: „Es passiert nichts, es bewegt sich nichts“ und sie habe keine Lust, der Bevölkerung das zu erklären. Zum Beispiel dauere das Planschbecken im Freibad nun schon drei Jahre. Ihr sei der Spaß vergangen, dennoch war es zumeist eine tolle, spannende und lehrreiche Zeit. Stadtverordnetenvorsteher Reinhard Otto: „Nach 30 Jahren muss man Dank sagen!“ (rs)
7 Kommentare
Die 500000 Kubikmeter Erde könnte man den GRÜNEN schenken, da könnten sie schöne Blühstreifen bauen und der Klimaschutzbeauftragte könnte mit dem Stadtmarketing daraus einen Touristenmagneten schaffen.
Sind schon ganz unten.
wohin wohl ?
dem abgrund immer schneller entgegen. 🙁
„Thomas Kölle (FWG) macht sich weiterhin Sorgen um die Zukunft und stellte dazu viele neue Fragen, die nun auf Antworten warten: Er kritisiert Planlosigkeit im Stadtmarketing der Stadt.“…….War es nicht Hernn Kölle seine eigene Werbefirma, welche die vollkommen sinnfreien Ortseingangsplakate entworfen hat?
„In der Knüllstraße (Niedergrenzebach) ist der Auftrag an das ausführende Unternehmen durch Hessenmobil erteilt worden. Am 3. September findet abends eine Informationsveranstaltung für die Anlieger statt.“
Ist ja schön und gut, wenn man eine Informationsveranstaltung anbietet, aber nicht alle Anwohner einlädt. Ich frage mich, ob einige Mitbürger wichtiger sind als andere oder wonach selektiert wird. Wenn dann sollte man gefälligst auch jeden Betroffenen informieren. Das ist wohl leider zu viel verlangt!
„In der Knüllstraße (Niedergrenzebach) ist der Auftrag an das ausführende Unternehmen durch Hessenmobil erteilt worden. Am 3. September findet abends eine Informationsveranstaltung für die Anlieger statt.“
Wie gut, dass alle Anwohner auch wirklich eingeladen worden sind…. Sind sie nämlich nicht! Wird hier selektiv eingeladen? Was wird denn befürchtet? Unfassbar!
Ja vom Gewerbegebiet A49 sieht man ja bisher nur ein Schild mit der sinngemässen Aufschrift „Auf Beton wächst kein Brot“.
In Stadtallendorf ist man schon weiter da wurde schon neben Faudi zum passenden Schild der Spatentisch für Rasthof usw. vollzogen.
Wenn in Neustadt auch noch damit begonnen wird etwas zu bauen, dann wird sich keiner mehr in Schwalmstadt niederlassen. Also die bisherigen Eigentümer behalten ihre Grundstück und Schwalmstadt ist halt nur eine Autobahnabfahrt mit einem Parkplatz nebst Toilettenhäuschen. Nein nicht mit dem Finger auf Herrn Pinhard zeigen, da haben Investoren vorher schon mit Dr. Näser gesprochen.
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