KASSEL. Nachdem die ersten drei Partien der neuen Saison in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga bereits am Donnerstag stattfinden, hebt sich am Sonntag auch für die MT Melsungen der Vorhang. Zur Ouvertüre reist das Starensemble des Deutschen Meisters und frisch gebackenen Supercupsiegers SG Flensburg-Handewitt an.
Und das wird in Kassel standesgemäß in einer restlos ausverkauften Rothenbachhalle empfangen. Dort werden die 4.300 Fans aber nicht unbedingt dem Champion huldigen, sondern in erster Linie ihrem eigenen Team den Weg für die erhoffte Sensation bahnen.
Das live von SKY übertragene Topspiel dieses ersten Spieltages sorgt neben dem starken Zuschauer- auch für ein ebensolches Medieninteresse. Rund um das Spielfeld werden ca. 40 schreibende, fotografierende, filmende und berichtende Medienschaffende für das geringe Platzangebot komplett ausreizen. Damit nimmt dieser Auftrieb schon fast länderspielähnlicher Ausmaße an. Anwurf ist um 16 Uhr, die Halle öffnet um 14:30 Uhr.
Genug geübt, geschwitzt und getüftelt! Die sechswöchige intensive Saisonvorbereitung ist spätestens am Sontag Geschichte. Denn dann startet die MT Melsungen in ihre 15. Saison in der höchsten deutsche Spielklasse und bekommt es gleich mit dem stärksten Kaliber der Liga zu tun. Die SG Flensburg-Handewitt hat sich am Ende der Saison den Meistertitel gekrallt und am Mittwoch gleich auch noch den Supercup. Diese Erfolge dürften dem nördlichsten Erstligisten im Lande besonders süß schmecken. In beiden Fällen wiesen sie nämlich den Lokalrivalen und Rekordmeister THW Kiel ganz knapp in die Schranken. Welch eine Genugtuung für den Club, der lange als “Ewiger Zweiter” verspottet wurde.
Diese Kurzbeschreibung des Gegners kann nur andeuten, mit wem es das nordhessische Aushängeschild am Sonntag zu tun bekommt. Konkrete Namen sprechen für sich. Als da sind drei dänische Weltmeister (Zachariassen, KM; Svan, RA; und Hald, KM) und vier norwegische Vizeweltmeister (Bergerud, TW; Jøndal, LA; Johannessen, RM; Rød, RR), des Weiteren mit Buric eine Bank im Tor und einem immer stärker werdenden Golla in der Abwehr und am Kreis. Apropos: Der Ex-Melsunger hatte mit Abwehrlegende Tobias Karlsson einen überragenden Lehrmeister?– nun, nach dem Abschied des Schweden, ist Golla kurz davor in der Defensiv ein dessen Fußstapfen zu treten.
Erst recht auf den 21-jährigen Acht geben müssen die MT Cracks, wenn Golla im Angriff auftaucht. Das Kraftpaket am Kreis ist kaum zu halten, wenn er erst einmal den Ball hat. Das musste im Supercupvergleich der THW Kiel gleich achtmal leidvoll erfahren. Dies wird aber nicht der einzige Hinweis von Heiko Grimm an seine Schützlinge sein. Bei der Einstimmung auf diesen dicken Brocken wird der MT-Coach vor allem auf zwei Bereiche abzielen, die er gegenüber den Pokalspielen zuletzt als verbesserungswürdig ausgemacht hat: Mehr Geschwindigkeit generell auf dem Spielfeld, einschließlich der Wechselsituationen und dann natürlich auch eine hohe taktische Disziplin in den Angriffshandlungen.
“Wir sind zwar auch in den gennanten Bereichen auf einem guten Weg, aber wir haben hier noch nicht das Niveau von absoluten Spitzenmannschaften“, räumt Grimm ein. Froh ist der Coach, dass er am Sonntag voraussichtlich alle Mann an Bord haben wird. Dann steht ihm ein 16-köpfiger Kadezur Verfügung und er kann dementsprechend besetzungstechnisch jonglieren. Und alle sechzehn sind fit und einsatzbereit.
Doch reichen eventuelle Rochaden aus, um eine Mannschaft wie Flensburg aus dem Gleichgewicht zu bringen? Wer am Mittwoch das Supercup-Spiel gesehen hat, das Flensburg mit einem Tor gewann, muss diese Frage min “Nein” beantworten.
Dennoch ist dem MT-Team nicht bange. Denn erfahrungsgemäß sind in Spielen gegen solche Hochkaräter Motivation und Fokussierung noch mal um einige Prozent höher. Und bekanntlich kann auch ein begeisterungsfähiges Publikum noch seinen Teil dazu beitragen.
Mitentscheidend wird auch sein, wie die Abwehr steht, inklusive der Torhüter. Hier hatte in den Testspielen übrigens oft Johan Sjöstrand die Nase vor Nebojsa Simic vorn, wie an der Statistik seiner Paraden abzulesen war. An der Sechsmeterlinie kann die MT mit Julius Kühn, Felix Danner (beide 1,98 m) Stefan Salger (2,07 m) und Finn Lemke (2,10 m) eine regelrechte Wand aufbauen. Das soll sich dann idealerweise auf die Angriffsszenarien auswirken. Bietet sich auch nur der Hauch eines Gegenstoßes, wird die Situation sofort genutzt. Ist das nicht möglich, sollte die MT dank ihrer kreativen Mittelleute Lasse Mikkelsen, Roman Sidorowicz und Domagoj Pavlovic in der Lage sein, ein Positionsspiel mit Überraschungseffekten aufzuziehen. Nicht zu vergessen die Akteure auf den Flügeln und am Kreis, die ja bekanntlich von den Vorarbeiten ihrer Rückraumkollegen abhängig sind. Sehr gut integriert ist dort übrigens schon Neuzugang Kai Häfner. Etwas mehr Zeit zum Eingewöhnen wird Stefan Salger, der andere Neuling im Team, bekommen. Was aber angesichts seiner erst 23 Jahre durchaus nachvollziehbar ist.
Somit steht am Sonntag ein hochinteressanter Vergleich zwischen zwei Teams an, von den das eine den Gipfel schon einige Male bezwungen hat, und das andere erst noch den Weg dahin finden will.
Bisherige Bundesligavergleiche MT – SG:
28 Spiele, 23 Siege SG, 4 Remis, 1 Sieg MT (12.09.2015, 33:32 in Flensburg!)
Die beiden letzten Begegnungen:
16.05.2019, SG Flensburg-H. – MT Melsungen 30:24
06.12.2018, MT Melsungen – SG Flensburg-H. 18:24
Informationen zum Gegner:
www.sg-flensburg-handewitt.de