Frielendorf ist seit heute Morgen KOMPASS-Gemeinde
FRIELENDORF. So viel Polizeipräsenz hatte Bürgermeister Thorsten Vaupel selten im Frielendorfer Rathaus. Mit dem heutigen Tag ist die Silbersee-Gemeinde – nach Einwohnern und den Deliktzahlen – die kleinste Kompass-Kommune im Schwalm-Eder-Kreis und nach Schwalmstadt, Homberg sowie Gudensberg die vierte insgesamt.
Mit Vize-Polizeipräsident Eberhard Möller, Aline Akel und Jan Selchow (beide Polizeipräsidium Nordhessen), Bernhard Volke (Leiter der Regionalen Kriminalinspektion Schwalm-Eder, Michael Stuhlmann (Dienststellenleiter der Polizeistation Homberg) und Volker Schulz, Pressesprecher der Polizeidirektion Schwalm-Eder, war eine stattliche Anzahl Polizeivertreter gekommen, die in Frielendorf das KOMPASS Starter-Paket „ablieferten“.
Bei der Auftaktveranstaltung für das KOMPASS-Projekt (KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel) am 8. August 2018, also vor genau einem Jahr in der Kreisverwaltung, waren die meisten Städte und Gemeinden über die Möglichkeiten eines individuellen Sicherheitskonzeptes informiert worden.
Objektives und subjektives Sicherheitsempfinden aufgreifen
Die Gemeinde Frielendorf hat versucht, das Sicherheitsempfinden der Bürger zu ergründen. Mit 176 Delikten insgesamt in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) passiert in Frielendorf statistisch gesehen überhaupt nur jeden zweiten Tag etwas. Jeden 10. Tag kommt eine Sachbeschädigung, jeden 12. Tag ein Rohheitsdelikt und jeden 20. Tag ein Diebstahl zur Anzeige. Alle zwei Monate wird in eine Wohnung eingebrochen, Tötungsdelikte hat es seit mehr als 5 Jahren nicht gegeben, Raub, Bankraub und Ladendiebstahl gab es 2018 auch nicht.
Trotzdem, so Vaupel, fühlen sich gerade viele Senioren unsicher. Die älteren Generationen bewegen sich zunehmend auch im Internet und begegnen dort ganz neuen „Bedrohungen“. Enkeltrickbetrüger schaffen es außerdem immer wieder, Opfer am Telefon und an der Haustür zu finden. Vor dem Rewe-Markt – wo sich in Frielendorf regelmäßig eine Menge Jugendlicher mit viel Langeweile aufhalten – hat die Gemeinde zusammen mit Ortsvorsteher Hans Hedderich 50 Bürger befragt, wie sie ihre Sicherheit empfinden. Und in der Tat: Wer sich bei Facebook, Twitter und Instagram über die Kriminalitätslage informiert, lebt womöglich ständig in Angst…
Das Internet verstärkt ein verzerrtes Bild von fehlender Sicherheit
Überhaupt, so Vaupel, lassen sich weltweit instabile Verhältnisse ausmachen, die dafür sorgen, dass vieles verstärkt wahrgenommen wird. In den Social-Media-Kanälen und an anderen Stellen im „Netz“ entsteht schnell der Eindruck, die Welt wird immer unsicherer. Die kleine Welt in Frielendorf oder anderen Gemeinden kann sich auch mit gegenteiligen statistischen Wahrheiten nicht immer gegen den Trend absetzen.
Tatsächlich aber sorgt das Kompass-Projekt für mehr Sicherheit – und zwar objektiv wie subjektiv. Polizeivizepräsident Eberhard Möller möchte diese Kriminalitätsängste aufnehmen: Man könne schließlich die Teilnahme am Leben nicht aufgrund eines subjektiven Empfindens aussetzen. KOMPASS bietet ein breites Portfolio für die Prävention an und das Neue an diesem Konzept ist, dass alles abgestimmt und dabei möglichst viele Menschen einbezogen werden. Er sieht in der Prävention eine Gesamtgesellschaftliche Aufgabe. KOMPASS wird neben Institutionen, Vereine, Schulen, Betriebe und, so Möller, in Frielendorf sicherlich auch den Tourismus, miteinander und mit der Polizei vernetzen.
Arbeitsgremium und Sicherheitskonferenzen
Jan Selchow, im Polizeipräsidium zuständig für die KOMPASS-Projekte, erklärte, wie es jetzt weitergeht: KOMPASS beginnt immer mit einer Sicherheitsanalyse, nimmt die Situation in Frielendorf mit all seinen individuellen Besonderheiten auf und liefert schließlich ein maßgeschneidertes Konzept. Nach dem Auftaktgespräch, in dem die Teilnehmer unter anderem benannt und später berufen werden, folgen zwei kommunale Sicherheitskonferenzen. In der Ersten geht es um die Feinanalyse, in der Zweiten um die Abstimmung des Konzeptes. Dazwischen trifft sich ein Arbeitsgremium regelmäßig, voraussichtlich monatlich. In diesem wird sich ein Abbild der Frielendorfer Gesellschaft von Schule bis Seniorenarbeit wiederfinden.
„Wir beginnen heute mit dem Arbeitsprozess“, sagte Möller und Bürgermeister Vaupel ist sicher, dass ein nachhaltiges Konzept entsteht. Es ginge bei KOMPASS nicht um Effekthascherei.
Politik ist eingebunden
Auch die Kommunalpolitik ist eingebunden. Dietrich Hahn (Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Gemeindevertretung) begrüßte, dass eine Struktur geschaffen wird, die trägt. Auch die Touristen brauchen ein Sicherheitsempfinden und man dürfe sich nicht nur um die großen Probleme kümmern, sondern müsse im Kleinen anfangen. Thorsten Vaupel erinnerte am Rande daran, dass auch das Problem des Rechtsradikalismus in Frielendorf immer präsent sei und Teil des Projektes werden müsse. Gerhard Pflug wollte sicherstellen, dass auch die Thematik der Migration berücksichtigt wird.
Am Ende eines sicherlich zweijährigen Prozesses steht dann die Zertifizierung der Gemeinde als KOMPASS-Kommune. Ab sofort hängt am Rathaus ein Schild, dass auf den begonnenen Prozess hinweist und ein RollUp informiert im Rathaus und bei Veranstaltungen, dass Frielendorf dabei ist. Ansprechpartner im Rathaus ist Torsten Waldeck. (Rainer Sander)
1 Kommentar
Klärt doch bitte mal in wenigen verständlichen Sätzen auf, was das alles in der Praxis bedeutet? Wir wissen doch alle, dass nur mehr Polizei auf der Straße Wirkung zeigt und das Sicherheitsempfinden der Bürger stärkt. Wie sieht es denn damit im SEK zukünftig aus? Ich empfinde es so, dass “ Kompass“ nur eine Alibiveranstaltung der Landesregierung darstellt.
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