Stadtverordnete beschließen Soziale Wohnungsbau-Maßnahme
GUDENSBERG. Wer sagt, dass Politik einfach ist? Die Frage nach bezahlbarem Wohnraum ist nicht nur in den Ballungsgebieten ein Thema. In Gudensberg wird gebaut, das haben die Stadtverordneten bereits am 31. Januar 2019 beschlossen. „Aaaber“…
Nach den Maßstäben des Sozialen Wohnungsbau, wurde im Januar in Gudensberg ein Bauvorhaben der GBI auf den Weg gebracht. Die GBI Wohnungsbau GmbH ist eine Tochter der gemeinnützigen Stiftung Moses Mendelssohn. Sie wollte, wie ihre Internetseite verkündet, mit sensiblem Gespür für die Bedürfnisse und Wünsche heutiger und zukünftiger Nutzer sowie der Leidenschaft für nachhaltiges Bauen, Planen und Entwickeln, ursprünglich 40 anspruchsvolle und langlebige Sozialwohnungen schaffen.
Überhitzte Baukonjunktur und steigenden Baukosten
Im Hinblick auf die allgemein überhitzte Baukonjunktur und die damit verbundenen, steigenden Baukosten entsteht eine wirtschaftliche Größe zur Realisierung des Projektes erst dann, wenn statt der geplanten 40 Wohnungen weitere vier, insgesamt also insgesamt 44 geförderte Wohnungen realisiert werden. Dafür bewilligt das Land Hessen einen Zuschuss und ein zinsverbilligtes Darlehen mit einem Zinssatz von 0,6 Prozent und einer jährlichen Tilgungsrate von 1 Prozent über 25 Jahre Laufzeit aber nur dann, wenn sich die Standort-Kommune an der Finanzierung beteiligt. Die Konditionen dürfen nicht ungünstiger sein.
Die Stadtverordnetenversammlung hatte ursprünglich beschlossen, pro Wohnung ein Darlehen von 19.000 Euro je Wohnung, also 760.000 Euro zu geben. Mit dem Beschluss in der gestrigen Sitzung erhöht sich der Darlehensbetrag auf 836.000 Euro (44 X 19.000 Euro). Dieser Betrag wird als Darlehen ebenfalls bei 0,6 Prozent Zinsen und 1 Prozent jährlicher Tilgung gewährt. Nach Ende der Bindungsfrist als Sozialwohnungen nach 25 Jahren, wird die bis dahin nicht getilgte Restschuld als Einmalbetrag fällig.
Darlehen und Kaufpreis-Stundung
Zusätzlich wir der Kaufpreis von 600.000 Euro für das städtische Grundstück bis zum Ablauf der 25-jährigen Fördervereinbarung zinsfrei gestundet. Die GBI wird insbesondere aufgrund der Stundung das Objekt mindestens bis zum Ablauf der Belegungsbindung im Eigenbestand der Stiftung halten. Abgesichert werden die Forderungen der Stadt Gudensberg im Grundbuch nachrangig:
- Rangstelle – finanzierende Bank des Bauherrn
- Rangstelle – Landesdarlehen
- Rangstelle – Darlehen der Stadt Gudensberg
- Rangstelle – Absicherung der Stadt für den gestundeten Kaufpreis
Das Land Hessen stuft die aktuellen Rahmenbedingungen für sozialen Wohnungsbau im ländlichen Raum in Nordhessen als sehr schwierig ein. Es liegen überhaupt nur wenige Förderanträge vor.
Abwägen von Risiko und Verantwortung
Michael Höhmann (SPD) sieht eine klare Aufgabe der Kommunalpolitik, bestimmte Aufgaben zu erfüllen: „Sozialer Wohnungsbau ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge!“ Gudensberg habe das Wohnungsangebot bereits vergrößert, weil es Menschen gibt, die sich am Markt nicht hätten versorgen können. Die Bereitstellung von Wohnungen erhöhe Druck auf die Preise. Wichtig sei für ihn, dass keine verlorenen Zuschüsse gegeben werden.
Allerdings, so Höhmann, bestehe auch ein Risiko. Wenn kein wirtschaftlicher Erfolg darstellbar ist, im schlimmsten Fall eine Insolvenz drohen würde, käme es zu einem Verlust. Das ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich, denn Höhmann weiß zu berichten: „Inzwischen hat die Hälfte der berufstätigen Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein.“ Und: „Wir wollen den Wohnungsmangel bekämpfen und Menschen mit geringen Einkommen helfen!“
Dieter Heer (CDU) erinnerte ebenfalls an den ersten Beschluss: „jetzt stehen wir wieder hier, weil der Investor aufgrund gestiegener Preise mehr Unterstützung benötigt.“ Das Risiko sieht auch die CDU. Im schlimmsten Fall drohe ein Totalverlust von 1,5 Millionen Euro, weil die Stadt erst hinter der Bank und dem Land Hessen abgesichert ist. Aber: „Das Schaffen von Wohnraum ist Daseinsvorsorge und hat Vorrang!“ Es sei wichtiger als die Obernburg, die Märchenbühne oder Flutlichtanlagen, auch wenn das alle schön finden.
Marcel Breidenstein (B90/GRÜNE) sieht in Gudensberg ist eine Stadt, die wächst und deren Einwohnerstruktur sich verändert: „Wir wollen die Gudensberger hier halten … auch die, die ein kleines Einkommen haben … der Bedarf ist da, die Menschen sind da!“ Möglichkeiten der Refinanzierung sieht auch er wenig, die Erhöhung von Gewerbesteuer und Grundsteuer sei schwierig.
Einstimmige Entscheidung – Kritik am Land
Folgerichtig fiel die Entscheidung zum höheren Darlehen und zu Stundung einstimmig.
Bürgermeister Frank Börner hatte „das Bedürfnis, im Nachhinein etwas zu sagen.“ Er empfinde Respekt für diese Entscheidung, weil die Stadtverordnetenversammlung Verantwortung in einem Bereich übernimmt, der ihr „auch Schnuppe sein könnte“. Vielen Kommunen sei es egal, wie der Markt das regelt und ob Mieten schwer bezahlbar sind. Aber das Geld stehe nicht mehr für anderes zur Verfügung: „Das schmerzt, weil unklar ist, welche Belastungen auf die Stadt zukommen. Eine solche Entscheidung kann man so nur einmal fassen.“ Der Staat müsse mehr leisten. Das Land habe eine Wohnungsbaugesellschaft, der nicht erlaubt werde, auf dem Land zu investieren, sondern nur in den Ballungszentren. Das könne dazu führen, dass sogar noch Landbevölkerung abwandert. Man kann Kommunen auch überfordern. Es liefe darauf hinaus, dass eine Stadt zukünftig nur noch Pflichtarbeiten erfüllen kann.
Bebauungspläne
„Im Sandfeld“ in Dorla rückt der Bau von Solaranlagen näher. Für den Bebauungsplan mit Freiflächen zu diesem Zweck gab es keine Einwände von Bürgern. Die Abstimmungen für Satzung und Flächennutzungsplan erfolgten einstimmig. Auch für den Bebauungsplan im „Gewerbegebiet West 2“ gab es einen einstimmigen Beschluss zur Änderung, weil durch den Höhenunterschied eine weitere Straße nötig ist. Die Kosten dafür trägt der Investor.
Kulturkommission
Der Kulturkommission der Stadt gehören jetzt sieben statt bisher fünf Sachkundige Einwohner an. Mit Dr. Werner Seibel (als Nachrücker), Thomas Hof und Andreas Olbrich, die von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig benannt wurden, steigt die Gesamtzahl der Mitglieder von sieben auf neun.
Am Mittwoch, den 26.06.2019 findet die nächste Sitzung der Gudensberger Stadtverordneten statt. (rs)