Kampfmittelräumung im Kleinen Festungsgraben abgeschlossen
SCHWALMSTADT. Zehn lange Jahre konnten die Mitglieder des Angelverein Neptun Schwalmstadt in einem ihrer Stammgewässer – dem Wallgraben – weder kleine noch große Fische fangen. Heute war der große Tag, an dem Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, den Pachtvertrag erneuerte.
Nachdem im Jahr 2006 – bei Sondierungsarbeiten – Kampfmittelreste im Wallgraben gefunden wurden, erfolgte ein Jahr später aus Sicherheitsgründen die Sperrung der Zugänge. Die Nutzung des Gewässers für den örtlichen Angelverein war nicht mehr möglich. Für die Stadt Schwalmstadt und die Anwohner war die Sperrung eine große Beeinträchtigung.
Fünf Jahre Arbeit kosten 15,5 Millionen Euro
Im Jahr 2017 begann das Hessische Ministeriums der Justiz unter erheblichem Einsatz mit der Kampfmittelräumung, die nach jetzigen Schätzungen zum Abschluss im kommenden Jahr 15,5 Millionen Euro gekostet haben wird. Warum es so lange gedauert hat, versteht die Ministerin heute auch nicht mehr. Da, so Ministerin Kühne-Hörmann, auch einige gefährliche Gegenstände gefunden wurden, war Sperrung jedenfalls notwendig.
Gefunden wurden beispielsweise Handgranaten, die zum Teil vor Ort gesprengt werden mussten (siehe unten). Diese, so schilderte die Ministerin, hätten auch von alleine beziehungsweise bei Berührung explodieren können. Die Öffentlichkeit nehme, so die Ministerin, mehr die spektakulären Blindgänger-Funde in Großstädten intensiver wahr. Aber auch hier galt es für Sicherheit zu sorgen und Gefahren zu vermeiden. Jetzt sind im kleinen Wallgraben alle Kampfmittel beseitigt. Frau Ionna Terzi schilderte, dass auch der große Wallgraben inzwischen zu 60 Prozent geräumt ist. Das Justizministerium, das als Schlossherr auch Eigentümer des alten Festungsgrabens ist, geht von einer Eröffnung im Jahr 2020 aus.
Jetzt Ideen umsetzen – Aushängeschild für Schwalmstadt
Jetzt, beziehungsweise dann, wenn auch der zweite Abschnitt freigegeben ist, lassen sich, so erklärte die Ministerin, Ideen rund um den Wallgraben – und seine Sichtbarmachung für Festungsbesucher – besser realisieren als jemals zuvor. nh24 hat vor Jahresfrist berichtet, dass sich der Arbeitskreis Festung wünscht, den Wallgraben nicht mehr komplett zu bepflanzen, sondern den denkmalgerechten Zustand so wiederherzustellen, dass seine Funktion als Teil der Wasserfestung wieder für Einheimische und Besucher sichtbar wird. Frau Kühne-Hörmann hatte in einem nh24-Gespräch sogar angeboten, den Wallgraben der Stadt zu übertragen, wenn damit das Denkmal Wasserfestung besser gestaltet werden können. Dafür fand im Anschluss an die Eröffnungs-Veranstaltung ein Gespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Bürgermeister Stefan Pinhard drückte den Anglern die Daumen, dass sie den Stand von vor zehn Jahren wieder erreichen. Nunmehr könne die Festung aber auch endlich zu einem Aushängeschild für Schwalmstadt werden, betonte das Stadtoberhaupt.
Stefan Krumpholz: Seit 70 Jahren am Wallgraben
Stefan Krumpholz, Vorsitzender des Angelverein Neptun erinnerte daran, dass der Verein seit über 70 Jahren am Wallgraben angelt und auch einen Beitrag zum Denkmal und Gewässerschutz leistet. Er würde sich freuen, wenn die Fundstücke Teil einer Ausstellung im Museum werden. Den anwesenden Nicht-Anglern erklärte er, dass Karpfen, Schleie, Aal, Hecht und Zander in dem stehenden Gewässer heimisch sind. Ein anderer ergänzte, dass auch wenigstens zwei Welse im Wallgraben schwimmen. Europa-Staatssekretär Mark Weinmeister scherzte: „wenn ich jetzt hineinspringe, habt ihr auch Wale im Wallgraben – der dann allerdings zum Walgraben würde.
Für den Europa-Politiker ist es bedeutungsvoll, eine nordhessische Festungsanlage im europäischen Festungsverbund Forte Cultura zu wissen. Die Aufnahme erfolgte in diesem Jahr und die Stellung in diesem Verbund könnte jetzt gesteigert werden. Feierlich unterzeichneten die Ministerin und die Angler eine neue Pacht-Urkunde.
Bisher 45 Kilo exklusiv Masse und 135 Tonnen Abfall gefunden
Insgesamt wurden allein für den Kleinen Wallgraben 14.500 Quadratmeter Fläche untersucht. Davon rund 1.000 Quadratmeter Uferböschung und Wegung. Insgesamt wurden 453,85 Kilogramm Kampfmittel mit einer Nettoexplosivmasse von 45,59 Kilo geborgen. Darunter 6 Sprenggranaten, 14 Handgranaten und 2 Panzergranaten“, erläuterte die Justizministerin: „Von Beginn an haben wir nach dem Prinzip: ‚Sicherheit geht vor‘ gearbeitet.“
Neben den Kampfmitteln wurden die Arbeiten am Kleinen Wallgraben auch dazu genutzt, um Abfälle, die im Wallgraben entsorgt wurden, zu entfernen. Insgesamt 135 Tonnen Abfall wurden aus dem Kleinen Wallgraben entfernt. Bauschutt aber auch anderer Müll wie Haushaltsgegenstände, Flaschen mit Flüssigkeiten und sonstiger Unrat wurden entfernt. Der Wallgraben ist jetzt wieder auf dem Weg ein gesundes und frisches Gewässer zu werden. (rs)
1 Kommentar
Danke dem Justizministerium für die schnelle Beseitigung der Kampfmittel. In nur 12 Jahren Vorbereitungs- Planungs- und Durchführungsarbeiten war die Umsetzung auf jeden Fall schneller als der Bau des BER. Der Wallgraben ist das Gesicht Ziegenhains. Es ist jetzt die große Chance, dem Gesicht ein angemessenem Ausdruck zu geben. Konzepte müssen erarbeitet werden und eine entsprechende Finanzierung organisiert werden.
Kommentare wurden geschlossen.