Politischen Dialog fortgesetzt
BEBRA. Vertreter der Ortsgruppe Bebra der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer trafen sich vor Kurzem mit der hessischen Landtagsabgeordneten Karina Fissmann der SPD. Zentrales Thema war dabei die Schaffung von attraktiven Verbindungen im öffentlichen Personenverkehr – besonders im ländlichen Raum.
Karina Fissmann, die mit ihrer Familie im Werra-Meißner-Kreis lebt, weiß aus eigener Erfahrung was es bedeutet abseits der Verkehrsadern auf Straße und Schiene zu wohnen: „Bundespräsident Steinmeier hat auf der Grünen Woche in Berlin gesagt, dass gute Infrastruktur nicht nur Daseins-, sondern auch Dableibevorsorge ist. In ländlichen Regionen sehen wir uns jedoch der Situation ausgesetzt, dass Straßen, Bahnstrecken, Bus- und Bahnstationen längst nicht den Standard haben, wie beispielsweise im Rhein-Main-Gebiet. Wenn die hessische Landesregierung nun die Anschaffung von Bürgerbussen unterstützt ist das zwar ein gutes Signal, aber noch lange nicht gut genug. Es darf nicht dazu kommen, dass Angebote im Nahverkehr in den Ballungsgebieten bezahlt werden und man hier mit aller Macht einem Fachkräftemängel entgegenwirkt, während man Busverkehr in ländlichen Gegenden von Ehrenamtlichen abhängig macht.“
Karina Fissmann und die GDLer aus Bebra machen sich für den Wiederaufbau von alten und die Entwicklung von neuen Bahnstrecken stark. Thomas Mühlhausen, Vorsitzender der GDL Bebra hierzu: „Deutschland besaß bis vor ungefähr 50 Jahren ein sehr dichtes und weit verzweigtes Eisenbahnnetz, welches durch eine vollkommen verfehlte Verkehrspolitik und Sparzwänge drastisch reduziert wurde. Nach der Wende setzte diese Entwicklung auch in den neuen Bundesländern ein, so dass binnen weniger Jahrzehnte mehrere tausend Kilometer Eisenbahnstrecken stillgelegt und abgebaut wurden.“
In Zeiten von Klimawandel, Abgas-Skandal und Energiewende sucht man nun Möglichkeiten, Verkehr zu reduzieren oder zumindest zu verlagern. Leistungsfähige Transportmittel sind meist Züge, Straßen-, S- und U-Bahnen. In Hessen wurden und werden immer wieder alte Strecken wiedereröffnet. Mit der Strecke von Kassel nach Hessisch Lichtenau, welche heute von der Straßenbahn befahren wird, ergibt sich ein erster Ansatzpunkt. Weitere Strecken sind die Route Volkmarsen – Korbach, die Verbindung nach Eschwege Stadt oder die Strecke Frankenberg – Korbach.
Patrick Rehn, Schriftführer der Ortsgruppe Bebra: „Viele Eisenbahnstrecken wurden zwar abgebaut, aber längst nicht überall und unüberwindbar verbaut. Zudem kann mit Fahrzeugen wie der RegioTram die Synergie zwischen Eisen- und Straßenbahn geschafft werden, denn sie können auf beiden Streckenformen eingesetzt werden. Ihre technische Auslegung auf die Anforderung einer Straßenbahn ermöglicht unter Anderem auch das Durchfahren von sehr engen Kurven und die Fahrt durch oder entlang von Ortslagen. Diese werden dadurch auch besser an die regionalen Umsteigepunkte und Oberzentren angebunden, so dass Ortschaften entlang oder im Einzugsbereich solcher Strecken in der Regel von neuen oder zusätzlichen Angeboten profitieren.“
Karina Fissmann: „Es erscheint daher durchaus eine Überlegung wert neben der A44 auch die alte Strecke von Eschwege nach Hessisch Lichtenau in den Fokus zu nehmen. Züge wie die RegioTram könnten zwischen Eschwege und Kassel eine schnelle Verbindung herstellen und helfen den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Im hessischen Koalitionsvertrag gibt es den Prüfauftrag einer landeseigenen Infrastrukturgesellschaft für regionale Eisenbahnstrecken. Diese könnte auch prüfen und erfassen, wo noch Infrastruktur vorhanden ist und nach entsprechender Modernisierung oder Wiederaufbau nutzbar wäre.“
Auch den Güterverkehr klammerten die Beteiligten bei ihrem ersten gemeinsamen Gespräch nicht aus. Patrick Rehn: „Die Bundesregierung fördert die Einrichtung eines Gleisanschluss mit bis zu 50 Prozent, so dass es durchaus auch aus Kostensicht interessant sein kann Warentransporte über die Schiene abzuwickeln. Das die Bahn dabei nicht das Allheilmittel sein kann ist uns bewusst, aber es muss zumindest neue Konzepte geben. Wenn ein eigener Gleisanschluss nicht vorhanden oder möglich ist muss es das Ziel sein nur den nötigsten Weg auf der Straße zurückzulegen. Vorstellbar erscheint in diesem Zusammenhang auch die Unterstützung und Einrichtung regionaler Gesellschaften, welche einen Umschlagplatz für mehrere verladende Unternehmen anbieten oder das diese durch eine landeseigene Gesellschaft betrieben werden.“
Karina Fissmann abschließend: „Moderne und schnelle Transporte für Menschen und Waren werden künftig zu großen Teilen über die Schiene laufen müssen, wenn wir auf den Straßen keinen Infarkt erleiden wollen. Jeder Pkw oder Lastwagen der weniger unterwegs ist entlastet die Umwelt und fördert die Lebensqualität. Nicht nur in Ballungsgebieten, sondern auch im ländlichen Bereich.“ (pm)