KASSEL. Rund 260 Einsatzkräfte der Stadt Kassel beteiligten sich am Samstag an einer Katastrophenschutzübung im Industriepark Kassel. Neben Einheiten der Feuerwehr Kassel sowie der im Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfallhilfe und Arbeiter-Samariter-Bund waren auch ein Katastrophenschutz-Löschzug des Landkreises Kassel aus der Gemeinde Calden sowie drei Kasseler Krankenhäuser an der Übung beteiligt.
Oberbürgermeister Christian Geselle und Brandschutzdezernent Dirk Stochla danken allen, die an der Katastrophenschutz-Übung als Einsatzkraft teilgenommen haben oder an der Vorbereitung beteiligt waren. Ein besonderer Dank geht an die Unternehmensleitung von SMA Solar Technology AG, die ihr Logistikzentrum als Übungsgelände zur Verfügung gestellt hat, und an die SMA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die die Feuerwehr bei der Organisation der Übung unterstützt haben.
„Bei diesen großen Übungen soll die Einsatzbereitschaft der Katastrophenschutz-Einheiten sowie deren Zusammenarbeit erprobt werden”, erklärt Tobias Winter, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Kassel. „Vieles ist heute gut gelaufen, einiges jedoch nicht. Solche großen Übungen sollen aber gerade die Schwachstellen aufzeigen, um daraus lernen zu können.” Die Übung werde in den nächsten Wochen noch detailliert ausgewertet. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen dann in die Einsatzkonzepte sowie die Aus- und Fortbildung einfließen.
Um die Einsatzkräfte bei der Katastrophenschutzübung zu fordern, hatte sich die Übungsleitung der Feuerwehr Kassel ein anspruchsvolles Einsatzszenario ausgedacht: In der Logistikhalle der Firma SMA Solar Technology AG in der Rudolf-Diesel-Straße kommt es fast zeitgleich zu zwei Schadensereignissen. Ein Gabelstapler verunglückt und beschädigt dabei einen Tank mit Schwefelsäure. Ein Mitarbeiter der Firma erleidet schwere Verätzungen, giftige Dämpfe verteilen sich in der Halle. (Bei dem Unfall mit der Schwefelsäure handelt es sich um eine sogenannte Übungskünstlichkeit – in der Realität werden in dem SMA-Logistikzentrum keine gefährlichen Stoffe gelagert). In dem benachbarten Hallen-Segment bricht ein Feuer aus und greift auf das dort gelagerte Styropor-Lager über. Brandrauch schränkt die Sicht ein und nimmt die Luft zum Atmen.
In beiden Hallen-Bereichen befinden sich neben den SMA-Beschäftigten auch jeweils eine Besuchergruppe. Zahlreiche Mitarbeiter und Besucher werden verletzt: Sie atmen ätzende Säuredämpfe beziehungsweise giftigen Brandrauch ein. Andere stürzen bei dem Versuch, die Hallen zu verlassen und ziehen sich dabei zum Teil schwere Verletzungen zu. Insgesamt hat die Übungsleitung dafür gesorgt, dass es etwa 60 „Verletzte” zu retten und zu versorgen gilt. Die Statisten waren zuvor von einem Spezialteam realistisch geschminkt worden. Dargestellt wurden die Verletzten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von SMA und der Stadtverwaltung Kassel, die sich dazu gemeldet hatten, sowie von Mitgliedern der DLRG.
Damit lag das Szenario zwar noch unterhalb der Schwelle, ab der der Katastrophenfall ausgerufen worden wäre. Jedoch war die zu bewältigende Einsatzlage so umfangreich, dass neben Einheiten der täglichen Gefahrenabwehr auch solche des Katastrophenschutzes alarmiert werden mussten.
Zum Einsatz kamen neben der Berufsfeuerwehr Kassel und den Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Kassel die beiden Sanitätszüge und ein Betreuungszug des Katastrophenschutzes. Eingesetzt wurden zudem mehrere Rettungswagen sowie Notärzte und ein Katastrophenschutz-Löschzug aus dem Landkreis Kassel.
Die Aufgabe der Helferinnen und Helfer war es, die in den Logistik-Hallen vermissten Personen zu suchen und zu retten, den Brand zu bekämpfen und die auslaufende Säure aufzufangen. Die „Verletzten” mussten auf einem Behandlungsplatz erstversorgt und dann in eines von drei Krankenhäusern gebracht werden, die sich ebenfalls an der Übung beteiligt haben. Das Klinikum Kassel, das Elisabeth-Krankenhaus und die DRK-Kliniken haben die Katastrophenschutzübung genutzt, um ihre eigenen Krankenhausalarmpläne und die Abläufe bei einem Massenanfall von Verletzten zu testen.
Koordiniert wurden alle Einsatzmaßnahmen von der Führungsgruppe Technische Einsatzleitung der Feuerwehr Kassel, die in dem großen Einsatzleitwagen ELW2 des Katastrophenschutzes ihre mobile Führungsstelle eingerichtet hatte.
Insgesamt waren an der Übung 400 Personen beteiligt (ohne die Kliniken). Neben den Helferinnen und Helfern der übenden Einheiten waren dies die Übungsleitung unter der Federführung der Abteilung Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement der Berufsfeuerwehr Kassel, zahlreiche Übungsbeobachter, die die Abläufe und das Handwerk der Einsatzkräfte bewerteten, der zweite Betreuungszug, der sich um die Verpflegung aller Übungsteilnehmer kümmerte, das Team der „Realistischen Unfall- und Notfalldarstellung” der DLRG, das die Verletzten-Darsteller schminkte sowie die Polizei Kassel, die die Zufahrten zu dem Übungsgelände für den Verkehr sperrte und so zu einem sicheren Übungsablauf beitrugt.
Die Übung in Zahlen und Fakten
- Beteiligte insgesamt: 400
- davon übende Helfer: 260
- davon Verletztendarsteller: 60
- davon Übungsleitung und –organisation: 80
Beteiligte Einheiten:
- Führungsgruppe Technische Einsatzleitung (Berufsfeuerwehr Kassel)
- Gefahrstoffzug (Berufsfeuerwehr Kassel)
- Gefahrstoff-ABC-Zug (Freiwillige Feuerwehr Kassel-Wolfsanger)
- Gefahrstoff-Dekontaminations-Zug (Freiwillige Feuerwehr Kassel-Nordshausen)
- 2 Katastrophenschutz-Löschzüge Stadt Kassel (Freiwillige Feuerwehren Forstfeld-Bettenhausen, Niederzwehren, Oberzwehren, Harleshausen)
- 1 Katastrophenschutz-Löschzug Landkreis Kassel (Freiwillige Feuerwehr Calden)
- Sanitätszug Stadt Kassel (DRK-Kreisverband Kassel-Wolfhagen)
- Sanitätszug Stadt Kassel (ASB Kassel-Nordhessen)
- Betreuungszug Stadt Kassel (DRK-Kreisverband Kassel-Wolfhagen)
- Rettungsdienst von ASB, DRK und JUH
- mehrere Notärzte
- Klinikum Kassel
- Elisabeth-Krankenhaus Kassel
- DRK-Kliniken Kassel
Fahrzeuge: ca. 80
Übungsorganisation: Berufsfeuerwehr Kassel, Abteilung Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement Planung und Vorbereitung seit Januar 2018
Übungsunterstützung:
- Betreuungszug Stadt Kassel (JUH Regionalverband Kurhessen)
- DLRG Kreisverband Fulda-Weser, Realistische Unfall- und Notfalldarstellung
- Polizeidirektion Kassel
Hintergrund
Die Stadt Kassel ist als untere Katastrophenschutzbehörde gesetzlich verpflichtet, regelmäßig eine Katastrophenschutzübung als notwendige vorbereitende Maßnahmen für eine wirksame Katastrophenabwehr durchzuführen. Neben der Feuerwehr Kassel, die für den Katastrophenschutz des Landes Hessen unter anderem eine Führungseinheit, zwei Gefahrstoffzüge und vier Löschzüge stellt, wirken auch das DRK, der ASB und die JUH im Katastrophenschutz mit. Das DRK stellt je einen Sanitäts- und einen Betreuungszug, ein weiterer Sanitätszug wird vom ASB und ein zweiter Betreuungszug von der JUH gestellt. Im Zuge der Katastrophenhilfe kann auch das Technische Hilfswerk angefordert werden, das in Kassel einen Ortsverband unterhält. (Schwab | pm)