Unterzeichnung der Bewerbung Foto: privat | nh
: Ziegenhains Konfirmation soll Immaterielles Kulturerbe werden
SCHWALMSTADT – ZIEGENHAIN. Der Verein zur Förderung der Konfirmationsstadt e.V. hat am 27. Oktober die Bewerbung zur Aufnahme in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes an das Hessische Wissenschaftsministerium, rechtzeitig zum Bewerbungsschluss am 31. Oktober, übermittelt. Die Einreichung ist Startpunkt eines Gesamtkonzepts für gelebtes Erbe, das Bildung, Teilhabe, Forschung, Stadtentwicklung und Tourismus dauerhaft verzahnt.
Vorgesehen sind ein verbindlicher Jahreskalender mit thematischen Wochenenden, eine klare Besucherführung in der Wasserfestung, praxistaugliche Vermittlungsformate für Jugendliche, Familien, Vereine und Gäste sowie die systematische Dokumentation von Archiven, Sammlungen und Vereinstraditionen. Die Umsetzung erfolgt gemeinsam – in Zusammenarbeit mit den Vereinen der gesamten Stadt und der Bürgerschaft, dem Arbeitskreis Festung Ziegenhain e.V., dem Museum der Schwalm, der Tourismusregion Rotkäppchenland und der Stadt Schwalmstadt. Vorsitzender des Vereins ist Dekan Christian Wachter. Ideengeber der Bewerbung ist Vorstandsmitglied Gerhard Reidt.
Innerhalb dieses Rahmens werden unter anderem „Die 12 Pfeile – Konfirmation weltweit“ und die Modernisierung der Informationspunkte im Stadtraum umgesetzt. Das von Reidt entwickelte 12-Pfeile-Konzept nutzt den vom Rotary-Club gestifteten Wegweiser mit zwölf Pfeilen als symbolische Brücke zu Partnergemeinden weltweit und macht Konfirmationspraxis international vergleichbar. Zu jeder Station entstehen Länderdossiers und Aufgaben für Konfi-Unterricht und Schulen sowie Austausch- und Aktionsformate im Stadtraum – mit dem Ziel, junge Menschen niedrigschwellig zu erreichen, globale Perspektiven zu öffnen und lokale Identität zu stärken. Parallel werden die bestehenden Tafeln schrittweise auf neue Videobotschaften mit QR-Codes umgestellt – die QR-Codes ersetzen nach und nach die bisherigen OR-Codes. Das Projekt heißt „Geschichte erzählt“: Historische Personen „erzählen“ die Geschichte direkt am Ort des Geschehens; die Clips, mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erstellt, sind mehrsprachig, vor Ort und rund um die Uhr abrufbar und verbinden Schule, Tourismus und Stadtgesellschaft.
Für 2026 sind mehrere öffentlich sichtbare Formate vorgesehen. Rund um Christi Himmelfahrt findet die Festwoche „Fest wie Ziegenhain“ statt: Auf dem Drachenberg (Am Holzgraben) innerhalb der Festung schlagen rund 150 Reenactment-Darsteller*innen des 18. Jahrhunderts eine Woche lang Lager auf; Gäste sind herzlich eingeladen, das Lager zu besichtigen. Am Himmelfahrtstag gibt es hinter dem Museum der Schwalm auf dem Vincent-Burek-Platz einen Gottesdienst, das Blasorchester Schwalmstadt spielt ein Konzertam Nachmittag. Der Lüderkeller wird geöffnet sein; die Gastronomie in der Festung rund um das Museum der Schwalm freuen sich auf Besucher*innen und werden die Festwoche kulinarisch begleiten. Gemeinsam mit dem Museum der Schwalm sind weitere Formate in Planung, etwa „Nachts im Museum“; zusätzlich wird ein Frühlings-Pflanzmarkt für den Paradeplatz am Samstag geprüft. Die Festwoche ist als Veranstaltung im Rahmen des Reformationsjahres 2026 gemeldet und fügt sich in das regionale Gesamtprogramm ein. Darüber hinaus ist für Freitag, 25. September 2026, erneut eine thematische Weinprobe in der Kirche geplant – bereits zum dritten Mal –, die Kultur, Geschichte und regionale Angebote verbindet und das Jahresprogramm abrundet.
Ausblick 2029 – Festungsjubiläum (490 Jahre). Das Jubiläum wird sich am Format 2024 orientieren – nur konsequent weitergedacht: ein mehrtägiges Fest mit geschlossenem Lagerleben (Infanterie- und Artillerieeinheiten, Marketenderwesen, offene Feldküchen), Tafeley am Hofe des Landgrafen, Paraden durch die Festung, Drill & Wachwechsel, Bühnen- und Platzkonzerte (u. a. auf dem Paradeplatz), Böllern/Salutschüsse der Artillerie zu festgelegten Zeiten (mit ausgewiesenem Sicherheitsbereich), Handwerks- und Händlerzeile, Familien- und Mitmachprogramme sowie Andachten/Gottesdienste im historischen Rahmen. Ergänzend gibt es thematische Führungen und „Geschichte erzählen“-Stationen – als Beiwerk, nicht als Kern. Zielgrößen sind – wie 2024 – eine breite Mitwirkung von ca. 1.500 Aktiven und eine Besucherresonanz von über 10.000 Gästen. Der Anspruch: mindestens die Qualität, Dichte und Strahlkraft des letzten großen Festes – mit klarer Wirkung auf Profil, Identifikation und Wertschöpfung für Handel, Gastronomie und Beherbergung. Schon heute werden dazu die ersten Vorbereitungen getroffen und Gespräche geführt.
Die Bewerbung wurde vereinsintern koordiniert und mit den genannten Partnern abgestimmt; die inhaltliche Zusammenführung und die mehrjährige Roadmap verantwortete Gerhard Reidt. Klarer Auftrag an die Stadtgesellschaft: Dieses Kulturerbe lebt nur, wenn viele mitmachen. Darum richtet sich ein besonderer Appell an die Bürgerschaft – gerade an jüngere Menschen –, sich einzubringen: in Arbeitsgruppen, bei Veranstaltungen, in Schulen und Vereinen, mit Erinnerungen, Fotos und Projekten. Informationen und Ansprechstellen: www.festung-ziegenhain.de. Rückfragen: Verein zur Förderung der Konfirmationsstadt e.V., Vorsitzender Dekan Christian Wachter; Ansprechpartner Gerhard Reidt, info@festung-ziegenhain.de, 0151 275 65 318, www.festung-ziegenhain.de.
Hintergrund: Entscheidungsverfahren Immaterielles Kulturerbe (UNESCO/ICH).
Nach der Einreichung prüft zunächst das Land Hessen die Unterlagen. Bei positivem Votum folgt die bundesweite Begutachtung durch ein unabhängiges Expertengremium; anschließend entscheidet die Bundesebene über die Aufnahme in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Erst danach kann – in einem separaten Schritt – eine deutsche Nominierung für die internationalen UNESCO-Listen in Betracht kommen. Das Verfahren ist stufenweise angelegt und stellt auf kontinuierliche Praxis, qualitätsgesicherte Vermittlung und breite Teilhabe ab. Eine Entscheidung ist frühestens Anfang 2027 zu erwarten. (pm/gr)
Foto der Unterzeichnung der Bewerbungsunterlagen durch Mitglieder des Vorstands des Fördervereins v.l. stehend: Heinrich Gringel, Rüdiger Waldmann, Markus Stübing, sitzend: Christian Wachter, Gerhard Reidt – Foto: Silvia Stock





