
@Foto: Europa-Union | nh
SCHWALMSTADT-TREYSA. Die „Zeitenwende“ infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine zwinge Staat und Kirche zu neuen Bewertungen und Entscheidungen. Das erklärte Militärgeneraldekan Thorsten Kirschner bei einer gut besuchten Veranstaltung der Europa-Union Kreisverband Schwalm-Eder e.V. im Hospital in Treysa.
Heinrich Vesper, Vorsitzender des Kreisverbands, begrüßte den in der kurhessischen Landeskirche ordinierten Pfarrer zu einem „Heimspiel“ in Schwalmstadt – inmitten einer Phase tiefgreifender politischer Veränderungen.
Kirschner gab einen Einblick in seinen beruflichen Werdegang, der die enge Verbindung von Staat und Kirche auf nationaler und europäischer Ebene widerspiegelt. Als Leiter des Evangelischen Kirchenamts für die Bundeswehr stellt er die Schnittstelle zwischen dem Militärbischof beziehungsweise dem Bundesverteidigungsministerium und über 100 Militärgeistlichen sowie ihren Assistierenden dar.
Nach dem Soldatengesetz hat jeder Angehörige der Bundeswehr Anspruch auf Seelsorge und ungestörte Religionsausübung. Evangelische Pfarrer, katholische Priester und jüdische Rabbiner leisten diese Arbeit an Bundeswehrstandorten im In- und Ausland. Für muslimische Soldaten gelten eigene Regelungen. In anderen Ländern, etwa in den USA oder Frankreich, sei die gesellschaftliche Stellung der Kirchen und damit auch die Rolle der Militärseelsorge grundlegend anders, erläuterte Kirschner.






Nach dem Ende des Kalten Krieges habe sich vielerorts die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in Europa verfestigt. In den Auslandseinsätzen der Bundeswehr seien jedoch Kämpfe geführt und Opfer gebracht worden – oft ohne ausreichende gesellschaftliche Anerkennung oder Aufarbeitung.
Mit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, dem gezielten Beschuss ziviler Wohngebiete und sozialer Einrichtungen sei der Krieg in seiner brutalsten Form unausweichlich geworden. Weitere weltweite Krisen- und Konfliktherde verstärkten den Druck, sich mit den Themen Gewalt, Zerstörung und Tod intensiver auseinanderzusetzen.
Gerade die Kirche und insbesondere die Militärseelsorge müssten sich dieser neuen Realität theologisch stellen, so Kirschner. Wenn die demokratisch legitimierte Politik den Ernstfall einer militärischen Verteidigung aus gegebenem Anlass organisiere, sei es Aufgabe der Seelsorge, an der Seite der betroffenen Menschen zu stehen.
Im Anschluss an den Vortrag fand eine lebhafte Diskussion im Hospitalssaal statt. Den Empfang hatten Christian Schlein und Sabine Schneider-Wagner vorbereitet. (wal)
