Sommer, Stadt und Stimmung
BAUNATAL. Wenn Ihnen auf dem Marktplatz in Baunatal im Sommer Bäume entgegenkommen und sich über das Pflaster bewegen, so sind Sie nicht in Rohan oder Gondor und es sind keine Ents, die in den Krieg gegen Saruman ziehen. Wenn Sie in deren Schatten trotzdem aufgefordert werden „Waterloo“ zu singen, wird nicht Ihre Kapitulation verlangt.
Wird aber zwischen Raiffeisen und Sparkasse gespielt, dann nicht im Börsen-Casino! Und steht dort eine Tafel, soll kein Weißer Riese das lange Tischtuch waschen. Das darf aber gerne „verkleckst“ werden, wenn Ihnen Nino Balkhamishvili bunte Farben zur Verfügung stellt. Und wenn Ihnen das Ende der Ferien spanisch oder besser kubanisch vorkommt, ist auch das gewollt. Dann ist Salsa-Zeit.
Herrlich unkonventionell
Die Innenstadt als Wohnzimmer, die Menschen als Gastgeber – unter diesem Motto könnte in Baunatal ein ganz besonderer Sommer stehen. Mit 15.000 Euro Preisgeld aus dem Landeswettbewerb „Ab in die Mitte“ wurde das Stadtmarketing Baunatal ausgezeichnet – und das mit einem Konzept, das bunt, offen, nachhaltig und herrlich unkonventionell ist. Stadtmanager Dirk Wuschko fragt: „Was wäre, wenn im Sommer die ganze Stadt sechs Wochen im Urlaub ist!“
„Endlich können wir auch mal Sachen ausprobieren“, freut sich Dirk Wuschko erleichtert im Pressegespräch im Rathaus. Und tatsächlich: Das prämierte Projekt „Eine City für alle“ will die Innenstadt über sechs Wochen hinweg neu beleben – mit Kreativität, Bewegung, Begegnung und einer großen Portion Lebensfreude. Immer donnerstags (und einmal samstags) verwandelt sich der Marktplatz ab dem 10. Juli in eine Bühne des Miteinanders – vom Kunst-Kino bis zur Salsa-Nacht.
Stadtgesellschaft zieht an einem Strang
Bürgermeister Henry Richter lobt die „erstmals breite Beteiligung der Stadtgesellschaft – nicht nur das Stadtmarketing, sondern Bürgerinnen, Künstler, Vereine und Institutionen machen mit“. So bunt wie Baunatal selbst ist auch das Programm: Recyclingkunst mit Nino Bal, ein gemeinsames Schmeggerwöhlerchen an einer langen Tafel, Outdoorsport für alle, ein ABBA-Mitsingabend mit der Kulturscheune Fritzlar, XXL-Spiele mit der Stadtbücherei – und als Finale: ein Salsaabend mit Tanzworkshop und Cocktails vom Hotel Scirocco.
Kunst, Bäume und bewegte Herzen
Besonders kreativ wird es zum Auftakt am 10. Juli bei „CITYmalt“. Künstler Nino Bal bringt nicht nur Farbe auf Leinwände, sondern auch auf ein altes Auto – gesponsert von einem örtlichen Autohaus. Alte Lieblingsgegenstände dürfen mitgebracht und vor Ort künstlerisch verwandelt werden. Nachhaltigkeit und Kunst Hand in Hand – ein Markenzeichen des Projekts. „Kunst kann mehr, wenn man ihr erlaubt, zu überraschen“, so Bal.
Ebenfalls ein Hingucker: mobile Bäume in XXL-Kübeln (195 cm Durchmesser, 145 Zentimeter Höhe), die den Marktplatz in eine grüne Oase verwandeln. Gepflanzt werden sie gemeinsam mit Bürgerinnen wie Ilona Brehmer – zuständig für wandernde Bäume – und dem städtischen Bauhof. Die „wandernden Bäume“ können bei Bedarf mit dem Gabelstapler umziehen – Baunatal wird mobil und grün.
Sportlich, musikalisch, spielerisch
Der 24. Juli steht ganz im Zeichen der Bewegung: CITYbewegt bringt Tischtennisplatten, Basketballkorb, Kicker, Airtrack und Fußball-Dart-Scheibe auf den Marktplatz. Markus Sahm vom Jugendzentrum „Second Home“ freut sich, dass hier „junge Menschen in Bewegung kommen – losgelöst vom Vereinssport, einfach aus Spaß und gemeinsam“.
Am 31. Juli erklingen auf dem Marktplatz die größten Hits von ABBA & Co. – und das nicht nur aus der Konserve. Bei „CITYsingt“ heißt es: Alle singen mit! Die Texte werden auf einer großen Leinwand eingeblendet – die Ohrwürmer kennt ohnehin jeder. „Singen verbindet“, sagt Henry Richter, „und das ist, was unsere Stadt in diesen Zeiten braucht.“
Eine Stadt spielt – und tanzt
Große und kleine Spiele übernimmt am 7. August „CITYspielt“. Gemeinsam mit der Stadtbücherei lädt das Stadtmarketing zu einem Nachmittag und Abend voller Brett-, Karten- und Riesenspiele ein. Und zum großen Finale am 14. August wird getanzt: „CITYtanzt“ bringt Salsa auf den Marktplatz – mit DJs Sinco und ZDEE, Tanzworkshop und karibischen Leckereien.
Preisgeld als Freiraum – und Investition in Gemeinschaft
Das Projekt finanziert sich nicht nur durch das Preisgeld des Landes Hessen, sondern auch durch 10.000 Euro Eigenanteil der Citykaufleute in der Wirtschaftsgemeinschaft Baunatal – ein starkes Zeichen der lokalen Einzelhändler. 5.000 Euro kommen außerdem von der Stadt. „Diesmal war es Preisgeld statt bürokratischem Zuschuss – das gibt uns Freiraum“, betont Wuschko. Von neuen Spielgeräten bis zu Bierzeltgarnituren: Viele Anschaffungen kommen auch anderen Festen in der Stadt zugute.
Henry Richter sieht den Punkt: „Wir wollen die Innenstadt wieder beleben und die Menschen zusammenbringen.“ (rs)
