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Gedenkfeier für Walter Lübcke in der Kasseler Martinskirche
KASSEL. Mit einer öffentlichen Gedenkfeier in der Kasseler Martinskirche haben das Regierungspräsidium Kassel und die Evangelische Kirchengemeinde Kassel-Mitte am Sonntag an den gewaltsamen Tod von Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke erinnert.
Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 von einem Rechtsextremisten ermordet worden. Rund 250 Gäste nahmen an der Veranstaltung teil – darunter Vertreter aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft sowie zahlreiche Beschäftigte des Regierungspräsidiums.




In ihrer Ansprache würdigte Bischöfin Dr. Beate Hofmann Lübckes entschlossenes Eintreten für Demokratie, Vertrauen und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie rief dazu auf, sich aktiv für die Grundwerte des Grundgesetzes starkzumachen. „Die Demokratie braucht eine Streitkultur in gegenseitiger Achtung, angstfreiem Dialog und einem gemeinsamen Ringen um die besten Lösungen“, sagte Hofmann. Kompromisse seien kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Vernunft. Auch die Kirche leiste ihren Beitrag zur Demokratie – durch ihre Strukturen, ihre Bildungsarbeit und ihre Grundüberzeugungen wie Nächstenliebe, Respekt und Gewaltfreiheit.
Seit 2020 erinnert die Osannaglocke der Martinskirche jedes Jahr am 2. Juni an Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Demokratie und inneren Frieden. Die Glocke – die größte der Kirche – wird nur zu besonderen Anlässen einzeln geläutet. Die jährliche Gedenkfeier geht auf eine Initiative von Pfarrer Dr. Willi Temme zurück.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung vom Chor des Regierungspräsidiums. Ein besonderer Moment war der Auftritt von Auszubildenden und Anwärtern der Behörde, die als „Stimme der Zukunft“ persönliche Gedanken zu Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vortrugen.
Regierungspräsident Mark Weinmeister, der als Nachfolger und persönlicher Freund von Walter Lübcke sprach, betonte die bleibende Bedeutung des Verstorbenen: „Der Tod Walter Lübckes war eine Zäsur für unsere demokratische Gesellschaft. Sein Andenken wird weiterleben. Besonders danke ich den jungen Mitarbeitenden, dass sie heute ein Zeichen gesetzt haben und seine Werte weitertragen.“
Zum Abschluss der Gedenkfeier ließen die Teilnehmer auf dem Martinsplatz bunte Luftballons mit Postkarten in den Himmel steigen. Wer eine Postkarte findet, kann über Social Media mit dem Regierungspräsidium in Kontakt treten – als Teil der Aktion „Haltung zeigen!“.

Hintergrund:
In der Nacht zum 2. Juni 2019 wurde Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke auf der Terrasse seines Wohnhauses von einem Neonazi erschossen. Es handelt sich um den ersten rechtsextremistischen Mord an einem Berufspolitiker in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Walter Lübcke hatte in den Jahren seit 2015 mit Mitarbeitenden des Regierungspräsidiums die Aufnahme geflüchteter Menschen in NordOstHessen organisiert. Das Gebot der Mitmenschlichkeit und die Werte des Grundgesetzes hatte er dabei stets gegen Anfeindungen verteidigt – so auch bei einer Bürgerversammlung in Lohfelden bei Kassel, auf der er im Herbst 2015 die Worte sprach, die zu seinem tragischen Vermächtnis werden sollten: „Es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten.“
Walter Lübckes Tod ist für das Regierungspräsidium Kassel beständiger Ansporn, uns ausdrücklich zu seinen, zu unseren gemeinsamen Werten zu bekennen und die Erinnerung an ihn wachzuhalten. Wir rufen alle Demokratinnen und Demokraten auf, gemeinsam Haltung zu zeigen – so wie Walter Lübcke es uns vorgelebt hat.
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