
Hier könnte man noch kochen … © Foto: Rainer Sander
Rundgang durch das Holzburger Dorfmuseum
HOLZBURG. Das Schwälmer Dorfmuseum im Schrecksbacher Ortsteil Holzburg wirkt ein bisschen wie eine Zeitkapsel, die zurückführt in die letzten gut 200 Jahre Kultur- und Heimatgeschichte der Schwalm. Es war eine durch und durch analoge Zeit und so ist auch das Museum kein bisschen digital. Für Museumsleiterin Heidrun Merk macht das durchaus Sinn und ist gewollt: „Wir haben hier nur Originale!“
Die digitale Welt kennt keine Werte, aber das Museum vermittelt sie für und mit allen Sinnen. Beim Betreten des alten Pfarrhauses riecht es schon irgendwie „alt“. Dieser Geruch, den man von Oma und Opa kennt, nur noch ein bisschen älter. In den Räumlichkeiten lässt sich wunderbar nachvollziehen, wie die Menschen in der Region gelebt haben, als niemand in den Supermarkt gehen konnte, um Frisches einzukaufen. Zu sehen gibt es reichlich und zu hören auch. Das beginnt mit den Geräuschen von Dielen und alten Türen.
Authentische Darstellung des Lebens
Im 18.,19. zum Teil noch im 20. Jahrhundert, galten andere Regeln und Werte. Die Menschen mussten länger für ein Stück Brot arbeiten als heute und sie mussten Techniken entwickeln, um Lebensmittel für den Winter haltbar zu machen. In der Küche ging es anders zu. Elektrische Geräte gab es schließlich nicht. Von wegen Sahne aus der Düse pressen oder mit dem Handmixer schlagen. Kochen auf dem Kohleofen ging anders als auf dem Induktions-Ceran-Feld.
Bereits die Getreideernte war mühselig oder der Gemüseanbau mit viel Arbeit verbunden. Auch das Handwerk war schweißtreibend. All das kann man im Museum anschauen und man hat das Gefühl, dass hier noch Menschen leben, die gerade nur mal kurz weg sind. Die Betten sind noch gemacht aber vielleicht ein bisschen kurz geraten. Die Menschen waren früher kleiner.
Kleidung, Tracht und Weißstickerei
Im Mittelpunkt steht die Kleidung in der Schwalm. Frau Merk betont, dass die Tracht viel jünger ist, als die meisten Menschen vermuten. Tatsächlich hat sie wenig mit der Rotkäppchen-Romantik zu tun. Ein paar Besonderheiten weist vor allem die Tracht dieser Region auf. Es gab zum Beispiel eine landgräfliche Kleiderordnung, nach der die Bauern Leinen und Wolle tragen durften. Sonst nichts. Die Schwälmer Tracht war auch aus Samt, Seide und Pelzen, also völlig unüblich für die Zeit, denn das war eigentlich dem Adel vorbehalten. So hatte sich die Kleidung auch zum Indiz für den Wohlstand ihrer Träger entwickelt. Den Schwälmer Frauen konnte man an der Kleidung nicht nur ihren Familienstand oder ihr Alter ansehen, sondern auch den gesellschaftlichen Stand. Gleiches galt für die Männer.

Einen großen Raum nimmt auch die Schwälmer Weißstickerei ein, inzwischen Weltkulturerbe und deutlich älter als die Tracht.
Jahresthema Wald und Holz
Zur Verbundenheit der Menschen mit der Natur gehört auch der Wald. Da passt, dass das Jahresthema Wald und Holz lautet und mit einer Sonderausstellung im Blauen Saal dargestellt wird. Hier können die Kinder mit einem Rätsel zeigen, was sie wissen und etwas gewinnen. Die Jahresthemen wechseln und bietet Anreize für viele Gruppen, vor allem auch Jugend- und Kindergruppen, um das Museum zu besichtigen.
Hier lässt sich Zeitgeschichte erleben und beim Betrachten wird die Zeit tatsächlich noch einmal lebendig. Und wer etwas wissen will, dem erzählt Frau Merk auch die Geschichten aus der Geschichte ganz persönlich ohne Kopfhörer oder Handy-App. Im Internet kann man sich trotzdem über das Museum erkundigen und einen Besuch vereinbaren. Immer geöffnet ist das Museum sonntags von 14:00 bis 17:00 Uhr. (rs)
