
Die Hephata Klinik ©Wittke-Fotos-nh24
Stroke Unit vor dem Aus
SCHWALMSTADT-TREYSA. Die Hephata-Klinik plant, ihre Abteilung für Neurologie bis Ende 2025 aufzugeben. Ein entsprechender Antrag auf Rücknahme des Versorgungsauftrags wurde beim Hessischen Gesundheitsministerium gestellt. Die Entscheidung betrifft auch die dort angesiedelte Stroke Unit zur Behandlung von Schlaganfallpatienten.
Als Begründung nennt die Hephata Diakonie die wirtschaftlichen Folgen der Krankenhausreform und eine langfristige Unterfinanzierung neurologischer Leistungen. Sollte das Ministerium dem Antrag zustimmen, würde die Neurologie zum 31. Dezember 2025 geschlossen. Die Akutversorgung von Schlaganfallpatienten in der Region läge dann ausschließlich beim Asklepios Klinikum Schwalmstadt.
Parallel zur geplanten Aufgabe der Neurologie kündigt die Hephata-Klinik den Ausbau ihrer Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an. Damit reagiere man auf den steigenden Bedarf in diesem Bereich. Eine Versorgungslücke für neurologische Patienten wolle man in Abstimmung mit dem Ministerium und regionalen Akteuren vermeiden.
Die Klinik verspricht betroffenen Mitarbeitenden Angebote innerhalb der Hephata Diakonie, insbesondere im psychiatrischen Bereich. Für Personen, für die dies nicht möglich sei, sollen gemeinsam mit der Mitarbeitervertretung andere Lösungen gefunden werden. Der Fortbestand des Klinikstandorts in Treysa sei laut Hephata durch den Ausbau der psychiatrischen Versorgung gesichert.
Der ausführliche Artikel auf Basis einer Pressemitteilung der Hephata Diakonie:
Hephata-Klinik fokussiert sich künftig auf Psychiatrie
Die Hephata-Klinik in Treysa plant eine Neuausrichtung ihres medizinischen Angebots. Der Behandlungsschwerpunkt soll künftig stärker auf psychiatrischen, psychotherapeutischen und psychosomatischen Erkrankungen liegen. Im Gegenzug stellt die Hephata Diakonie beim Hessischen Gesundheitsministerium den Antrag, den Versorgungsauftrag für die Abteilung Neurologie zum 31. Dezember 2025 zurückzugeben.

„Aufgrund der gravierenden Konsequenzen der Krankenhausreform in Kombination mit der jahrelangen Unterfinanzierung von Klinikleistungen sehen wir mittlerweile keine Möglichkeit mehr, eine Neurologie zu betreiben“, erklärt Hephata-Vorstand Stefan Gerland. „Stimmt das Hessische Gesundheitsministerium dem Antrag zu, werden wir den Betrieb der Neurologie voraussichtlich Ende des Jahres 2025 einstellen.“
Dieser Schritt falle schwer, betont Gerland, da die Abteilung über lange Zeit sehr gute fachliche und menschliche Arbeit geleistet habe. Gleichzeitig biete der Ausbau der Psychiatrie eine Perspektive für die Klinik. „Durch die geplante Ausweitung der Behandlungsplätze verbessern wir die Versorgung und schaffen zudem gute Perspektiven für unsere Mitarbeiter.“
Aktuell befinde man sich in intensiven Gesprächen mit dem Gesundheitsministerium sowie weiteren Akteuren im Gesundheitswesen, um Versorgungslücken zu vermeiden. Das gelte auch für die beiden Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) der Hephata Diakonie. Sobald eine Entscheidung des Ministeriums vorliege, könne über das weitere Vorgehen beraten werden – auch in Abstimmung mit der Mitarbeitervertretung.
„Sollte das Ministerium dem Antrag zustimmen, werden wir möglichst vielen Mitarbeitern passende Stellenangebote bei der Hephata Diakonie machen, insbesondere im Bereich Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik oder in anderen Arbeitsfeldern“, so Gerland weiter. Für Mitarbeiter, für die dies nicht gelinge, würden gemeinsam mit der Mitarbeitervertretung andere Lösungen entwickelt. Der Fortbestand des Klinikstandorts Treysa sei mit dem Ausbau der psychiatrischen Abteilung gesichert. Die akute Versorgung von Schlaganfallpatienten werde künftig ausschließlich durch die Stroke Unit im Klinikum Schwalmstadt in Ziegenhain abgedeckt.

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Reformbedingte Anforderungen nicht erfüllbar
Ein wesentlicher Grund für den Antrag auf Rückgabe des Versorgungsauftrags liegt in den Anforderungen der kommenden Krankenhausreform. „Für den Betrieb einer Stroke Unit müssen künftig auch eine sogenannte Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin und eine Intensivstation am Klinikstandort vorgehalten werden. Beides haben wir nicht, und damit können wir die neuen Kriterien nicht erfüllen“, erklärt Götz Pfannkuche, Geschäftsbereichsleiter der Klinik. Fällt die Stroke Unit weg, drohe ein Umsatzrückgang von bis zu 25 Prozent – ein Verlust, der aus anderen Behandlungsfeldern nicht ausgeglichen werden könne. Die Neurologie befinde sich seit Jahren im defizitären Bereich.
In den vergangenen Monaten habe die Abteilung versucht, dieser Entwicklung mit neuen Behandlungsschwerpunkten entgegenzuwirken. Dazu gehörten der Aufbau eines Parkinson-Zentrums, einer Station für Menschen mit Epilepsie und Mehrfachbehinderungen sowie verschiedene Dialogformate wie das Parkinson-Café, Arzt-Patienten-Seminare oder der Tag der Neurologie. „Wir stehen vor einem massiven Umbau der Krankenhauslandschaft. Es ist sehr schmerzlich, dass unsere Neurologie angesichts der Rahmenbedingungen keine Chance mehr hat“, so Pfannkuche. Mit der Aufgabe gehe eine traditionsreiche Fachabteilung mit über Jahrzehnte aufgebauter Expertise verloren.
Kliniken bundesweit unter Druck
Mit der Entwicklung steht die Hephata-Klinik nicht allein da. Laut einer Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist die wirtschaftliche Lage der Kliniken so angespannt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Im Jahr 2023 machten 61 Prozent der Krankenhäuser Verluste, für 2024 wurden es sogar 79 Prozent. Gründe sind laut Pfannkuche steigende Personal-, Sach- und Energiekosten, verschärfte Dokumentations- und Prüfvorgaben sowie die politisch gewollte Ambulantisierung. Letztere wirke sich bereits konkret aus, etwa bei der Behandlung von MS-Patienten oder bei Lumbalpunktionen. „Kleine Einrichtungen wie unsere Neurologie trifft die Ambulantisierung besonders hart. Die Schere zwischen Kosten und Erlösen geht immer weiter auseinander.“ Ohne den Rückhalt der Hephata Diakonie, die als eingetragener Verein nicht gewinnorientiert arbeitet und Verluste ausgeglichen habe, hätte die Neurologie nicht so lange betrieben werden können.
Psychiatrie mit wachsendem Bedarf
In der Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik stellt sich die Lage laut Pfannkuche anders dar. Zum einen sei sie von der Krankenhausreform nicht betroffen, zum anderen sei die Nachfrage nach psychiatrischen Leistungen deutlich gestiegen. „Wir wollen die Versorgung im ländlichen Raum stärken und bestehende Behandlungslücken schließen“, so Pfannkuche. Die große Nachfrage habe etwa zur Einführung einer psychiatrischen Notfallsprechstunde geführt. Künftig sollen die frei werdenden Gebäude der Neurologie für die Psychiatrie genutzt werden. Geplant ist eine schrittweise Aufstockung der Bettenzahl. Entsprechende Konzepte seien in Arbeit.
„Natürlich würden wir gerne beide Abteilungen aufrechterhalten – mit einem breit aufgestellten Versorgungsangebot für die Menschen in der Region“, sagt Stefan Gerland. „Aber das wäre angesichts der Rahmenbedingungen nicht mehr verantwortbar. Daher wollen wir uns nun mit voller Kraft auf die psychiatrische Versorgung konzentrieren.“
Hintergrund
Die neurologische Abteilung der Hephata-Klinik besteht seit 56 Jahren. Sie bietet Spezialisierungen für Schlaganfall, Epilepsie, Multiple Sklerose (MS), Parkinson und Schlafmedizin. Derzeit verfügt die Neurologie über 61 Betten. 2023 wurden 1.307 Patienten stationär behandelt, hinzu kamen 471 Beratungen in der MS- und Epilepsie-Ambulanz. In der Abteilung arbeiten 72 Personen in Voll- und Teilzeit.
Die Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik existiert ebenfalls seit 56 Jahren. Sie behandelt das gesamte Spektrum psychischer und Abhängigkeitserkrankungen bei Erwachsenen. Hier stehen 48 stationäre Betten auf drei Stationen zur Verfügung. 2023 wurden 802 Patienten stationär, 121 in der psychiatrischen Tagesklinik sowie 6.340 in der Psychiatrischen Institutsambulanz behandelt. In der Abteilung arbeiten 107 Personen.
Die beiden MVZ-Standorte der Hephata Diakonie verzeichneten 2023 insgesamt 12.675 Patienten. Zur Ausstattung der Klinik gehören ein eigenes Liquor-Labor, ein MRT, ein CT sowie ein Hubschrauberlandeplatz. (wal)
1 Kommentar
Ich bin entsetzt! Ich habe mich als MS-Patientin immer sehr wohl in der Neurologie in Hephata gefühlt… die Mitarbeiter dort, Ärzte, Pflegepersonal und selbst die Reinigungskräfte immer höflich und zuvorkommend… da ich alle 8 -10 Wochen zu einer Blutuntersuchung bei meiner MS-Schwester erscheinen ( ein Muss wegen des Medikamentes und dessen Auswirkungen vor allen Dingen auf die Leber) und 3-4 Mal im Jahr zum Neurologen muss, waren für mich die Wege immer sehr kurz (aus dem Hochland)… Rezept telefonisch bestellt, abgeholt und in der Apotheke vorbeigebracht… so war die Abfolge… einfach für mich… wo soll ich jetzt hin? In Marburg war ich zuerst… dort wurde man in der Neuro von einem Arzt zum nächsten durchgereicht… immer wieder das Gleiche erzählen… „nervtötend“ … in der HWK in Bad Zwesten fühlte ich mich furchtbar… lag an dem damaligen Chefarzt und der totalen Überbelegung der Neuro… Bad Wildungen käme wohl dann noch infrage… habe ich überhaupt keine Erfahrungswerte… noch kann ich die Wege allein bewältigen… noch… die drohende Schließung erschüttert mich zutiefst…