
Ein Stück Mammut im Museum © Foto: Rainer Sander
Ein erlebnisreicher Museumsrundgang in Fritzlar
FRITZLAR. Es gibt in Deutschland viele Hochzeitslocations. Die eine oder andere wird sich auch Hochzeitshaus nennen. Wer aber „das“ Hochzeitshaus sehen will, der wird es in dieser „musealen“ Variante nur in Fritzlar finden. Es ist das größte Fachwerkhaus Hessens und imponiert von innen wie von außen gleichermaßen.
Eigentlich ist ganz Fritzlar ein Museum mit der fast vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer, dem ältesten Amtshaus (Rathaus) der Republik und dem Dom, dessen Bau ab 1085 auf die Kirchengründung von Bischof Bonifatius über 300 Jahre vorher zurückgeht. Damit gilt die Domstadt durchaus als Wiege der Christianisierung auf deutschem Boden.
1300 Jahre Stadtgeschichte und ein schlummerndes Mammut
1300 Jahre urkundlich belegte Stadtgeschichte sind ein Brett, wie man so schön sagt und tatsächlich sind viele „Bretter“ aus dieser Zeit im Museum zu bewundern. Balken aus historischen Fachwerkhäusern oder eine alte hölzerne Wasserleitung, in der einst viel Quellwasser in die Stadt und schließlich zur Eder hinuntergelaufen ist.
Das Museum Hochzeitshaus spiegelt diese Stadtgeschichte und geht sogar noch viel weiter zurück, bis in die Steinzeit und die Vorgeschichte. Zu den Schätzen im Museum gehört ein vollständig erhaltenes Mammut-Skelett. Museumsleiterin Stefanie Mnich hat leider nicht so viel Fläche wie das Senckenbergmuseum, um ein ganzes Mammut aufzubauen. Wobei das eine faszinierende Vorstellung wäre. Oder?
Zeitreise durch die Jahrtausende
Die Darstellung eines einzelnen Kieferknochens im Kontext zur Skelett-Zeichnung dieses prähistorischen Lebewesens verdeutlicht aber, wie es einmal ausgesehen haben muss. Und wenn schon der Kieferknochen größer ist als der Oberkörper eines Menschen, dann lässt sich erahnen, welch riesige Wesen einst durch das Tal der Eder gelaufen sind. Die Vor- und die Frühgeschichte sowie das Mittelalter bis zur Reformation begrüßen Besucher im Erdgeschoss. Schon hier beeindrucken die gelungene Verdichtung und die strukturierte Präsentation der Exponate.

Die Zeit der Wanderkaiser hat Fritzlar zu großer Bedeutung und schließlich Wohlstand verholfen. Auch diese Zeit und die Phasen des Mittelalters sind beispielhaft dokumentiert und präsentiert. Apropos Zeit:
Heiraten oder Sonderausstellungen besuchen …
Es kann wieder geheiratet werden im Hochzeitshaus, so wie es im Mittelalter auch gewesen ist. Ein romantisches Hochzeitszimmer verführt geradezu zum Ja-Wort. Im alten Tanz-Saal stehen jetzt hellblaue Vitrinen mit Exponaten aus jüngerer Geschichte.
Wie viele Objekte sich im Besitz des Museums befinden, hat noch nie jemand gezählt. Weit mehr als man zeigen könnte und ein Zigfaches von dem, was die Museumsleiterin, die seit sieben Jahren als Wächterin der Geschichte in Fritzlar arbeitet, zusammen mit ihrem ehrenamtlichen Team ausgesucht hat. Das Museum hat also zwei Aufgaben zu erfüllen: zum einen sammeln und bewahren, zum anderen Geschichte erlebbar zu machen. Deshalb ergänzen viele Sonderausstellungen die Dauerausstellung. Für Frau Mnich ist es wichtig, dass alle Präsentationen gemeinsam mit Menschen aus der Region entstehen.
Erlebniskultur: Gruppen sind willkommen und Veranstaltungen laden ein
Die moderne Museumskonzeption ist darauf ausgerichtet, einen Ort mit Erlebniskultur zu schaffen. Das ist definitiv gelungen. Audiovisuellen Stationen, Schubladen, die – einmal aufgezogen – weitere Informationen oder ergänzenden Exponate bereithalten und spannende Informationstafeln ermöglichen den Besuchern sogar ohne Führung in die Jahrhunderte oder Jahrtausende lange Historie einzutauchen, sie zu verstehen und ein bisschen mitzuerleben. Wer eine Führung mitmacht, bekommt die Geschichten zur Geschichte dann obendrauf.
Regelmäßig kommen – von der Schulklasse bis zu Vereinen – Gruppen ins Haus. Für Kinder hat das Hochzeitshaus unter seiner Leiterin viele museumspädagogische Angebote zum Mitmachen entwickelt. In einem großzügigen Seminarraum finden Veranstaltungen und Vorträge Raum und Platz. Das Programm aus Lesungen, Themenführungen und Kunst-Workshops wird ständig unter www.museum-hochzeitshaus.de und auf Instagram „museum_hochzeitshaus_fritzlar“ aktualisiert. (rs)

