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Artistisches Männerballett aus Guxhagen © Foto: Rainer Sander
Der spezielle Weiberfasching von Frielendorf
FRIELENDORF. Wikinger, die keltischen Gallier Asterix und Obelix, Cowboys und Indianer trafen sich mit Single-Sommerurlaubern, Traumschiff-Reisenden, zu sich selbst Reisenden auf der Bühne des Hassia in Frielendorf. Gastgeber waren die Fresh-Mett-Boys des Frielendorfer Carneval Verein (FCV). Auf der Bühne nur Typen, im Saal nur „Weiber“. Der besondere Weiberfasching im Marktflecken Frielendorf!
Hotte (und) Hüh (Sabrina Wischrath und Yvonne Romankiewicz) moderierten die Show der besten Balletttänzer und Ballerinos. So lautet die offizielle Bezeichnung für eine männliche Ballerina. Beim Karneval muss man nicht gendern. Beim Männerballett kollidieren nicht nur klassische Karnevalstraditionen mit Spaß und Rollenverständnis. Nirgends passiert das so energiegeladen, pur und ausgelassen wie beim Frielendorfer Weiberfasching.
8-mal Athletik, Anmut, Freude und Spaß an der Sache
Endgültig vorbei sind die Zeiten plump-anzüglicher Auftritte von Couch-Potatoes mit hilflosen und unsportlichen Tanzbewegungen zur Belustigung der Damen im Saal. Statt übergewichtiger Sofasitzer stehen heute durchtrainierte, echte Männer auf der Bühne, die mit Kraft, Choreografie, humorvollen Einlagen und amüsanten Kostümen begeistern. Das Männerballett, die Frielendorfer „Fresh-Mett-Boys“ sind, so sagen sie selbst, viel herumgekommen in Nordhessen, haben beim Weiberfasching in vielen Orten, außerdem bei vielen Prunk- und Galasitzungen begeistert und dabei eine Menge gleichgesinnte „Kollegen“ kennengelernt. Aus dabei gewachsenen Freundschaften ist der Frielendorfer Weiberfasching entstanden, der sinnvollerweise nicht am Fasnacht-Donnerstag, dem Tag der gekürzten Krawatten stattfinden kann, sondern erst 24 Stunden später.
Am Donnerstag nämlich waren die Hopfenfelder Garde Mäuschen, das Männerballett des BCC Borken, die Unglaublichen aus Fürstenhagen, die NASA aus Röllshausen, die Gazellen vom KKdLT aus Treysa, die Ranzengarde der Blaue Funken aus Guxhagen und das Männerballett aus Wolfershausen auf den eigenen Bühnen im Einsatz (Fotos oben).
Wenn alles passt …
Am vergangenen Freitag nun tanzten sie zum „genderfreien“ Partyspaß im altehrwürdigen Hassia von Frielendorf. Ein Festival von artistischen Einlagen, kraftvollen Elementen und bis ins Detail durchdachten Choreografien. Tatsächlich haben die meisten Gruppen eine Trainerin und keinen Trainer. Die Beine fliegen (fast) genauso hoch wie bei den weiblichen Garden und die Beweglichkeit zeugt von hartem Training im Fitnessstudio. Mehr als 200 „Weiber“ von jung bis alt quittierten das sehenswerte Ergebnis mit reichlich Applaus. Der wurde lauter, wenn geballte Männlichkeit auch das Abstreifen der T-Shirts erlaubte. Wie zart und anmutig Karnevalstanz auch sein kann, bewies das FCV-Showballett mit einem Ausflug in den Zirkus. Die FCV-Vorsitzende Steffi Trescher brillierte in einem Sketch mit Uta Faust.
Viele Tanzpausen, die Fotobox von Sven Riebeling und die Verköstigung im Hassia sorgten für eine rundum begeisternde Veranstaltung vor und auf der Bühne. Die Frielendorfer Frauen waren dem Motto „Unter dem Meer“ gefolgt und so schwammen bunte Fischschwärme, Wasserschildkröten oder Seesternchen und Tintenfische zwischen Seeanemonen und Quallen. Die besten Kostüme bekamen Preise und wurden auf der Bühne vor dem Elferrat präsentiert.
Du bist so richtig, wie Du bist
Fantasie kennt keine Grenzen und die Verkleidung muss sein, um auch wieder „man“ selbst sein zu können. Das und die Verbindung von ganz jung bis „ziemlich ganz“ alt bei den Akteuren der Ranzengarde ließ Yvonne Romanovic für einen Moment emotional werden: „Du bist so richtig, wie Du bist“, das Thema der Performance aus Guxhagen sei das Wichtigste in dieser Zeit. Was sie nicht wissen konnte, war, dass genau in diesem Moment die verstörenden Bilder aus dem Weißen Haus um die Welt gingen, die zeigten, dass sich selbst treu zu sein wichtiger ist, als selbstsüchtig zu sein.
Auch die Fresh-Mett-Boys sind immer ganz sie selbst. Die Gastgeber setzten den artistischen Schlusspunkt auf der Bühne. Getanzt und gefeiert wurde noch lange im Hassia … (Rainer Sander)
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