Der „Fachmann für Absurdes“ war in Lohfelden
LOHFELDEN. Ist Max Uthoff geprägt vom Anstaltsleben oder prägt die Anstalt sein Leben? 7517 Tage Leben liegt statistisch noch vor ihm, rechnet er dem Publikum im Lohfeldener Bürgerhaus vor. 57 Jahre sind verblieben. Noch vor 10 Jahren gab‘s einen Kabarett-Nachwuchspreis. Und wenn‘s noch länger dauert? Dann sind die letzten Tage ohne Geld … In diesem Land? Dann lieber pünktlich abtreten.
Pünktlich abtreten von der Bühne tut er nicht. Das Programm „Alles im Wunderland“ dauerte gestern Abend mit Pause zweieinhalb Stunden. Also definitiv länger. Alice erlebt im Wunderland lauter irreale Geschichten, das Publikum am Loh im Grunde auch. Mehrfach taucht angesichts der aktuellen Politik die Frage auf, wie ein Kabarettist die Realität noch übertreffen kann. Angesichts des nahen Todes in 7517 Tagen lässt es sich über das eine oder andere nachdenken, und es ist Zeit, ein paar Dinge nachzurechnen.
Von der Million zur Milliarde
Bekäme ein Mensch jede Sekunde einen Euro, vergingen nur 12 Tage bis zum Millionär, aber satte 32 Jahre bis zum Milliardär. Das ist der Unterschied zwischen Millionen und Milliarden. Die Herrschaft des Volkes wird in Amerika jetzt von 16 Milliardären in der Regierung wahrgenommen. Da Politiker die Milliardäre bisher immer gekauft haben, bleibt als Frage übrig: „Wie schlecht müssen die republikanischen Politiker sein, dass sie das jetzt selbst machen müssen.“ Es ist wie in einem Zombie-Film: die Nacht der leitenden Reichen und nicht der reitenden Leichen.
Im Alter gibt es Dinge, die man nicht bestellt hat. Gefühle zum Beispiel. Und es bleiben viel ungelesene Bücher übrig. 287 sind es bei Max Uthoff. 40 mehr als statistisch gesehen Lebens-Monate verbleiben. Also schneller lesen und es darf kein Buch mehr dazukommen. Und keine Zeit mehr verschwenden! Wie viel Stunden hat er schon Restaurants verbracht mit der Entscheidung, ob Chardonnay, Riesling oder Grauburgunder. Sinnlos, wenn bei Blindverkostung alle drei nur nass und kalt schmecken.
Alles eine Frage der Vorbereitung?
Vielleicht ist die Zeit besser genutzt mit der Vorbereitung für den Tod? Vielleicht mit der Musikauswahl für die Trauerfeier und die selbst verfasste Trauerrede? Auf keinen Fall „My Way!“
Als gebürtiger Bayer und Münchner Kindel kann Söder im Programm nicht fehlen. Der steht so hinter Merz wie einst hinter Laschet und ahnt, Cannabis könne CDU-Parteitage erträglicher gestalten? Nein! Die Wirkung besteht darin, dass alles gefühlt länger dauert … Windräder würde er gerne wieder abreißen, weil sie hässlich sind. Aber Länder wie Nordrhein-Westfalen können es sich nicht leisten, alles abzureißen, was hässlich ist. Nach Söders Willy-Brand-Kniefall kommt Angst auf, Söder könnte irgendwann in Amerika stehen und rufen „I have a Dream“ oder in Berlin „ich bin drei Berliner“.
O. k., was ein Politiker sagt, hat keinerlei Relevanz. Hauptsache ständig reden! Gewählt wird nicht, wer wichtiges sagt, sondern wer viel sagt und ständig präsent ist.
Mit Herz und Hirn
Der Löwenzahn-Peter Lustig hat in den 80er-Jahren bereits im Elektroauto die Zukunft gesehen. Uthoff hat in dieser Zeit „Schweine im Weltall“ angesehen und nun Jeff Bezos und Elon Musk getroffen. Er selbst fährt allerdings Bahn und fühlt sich deshalb als Fachmann für Absurdes.
Auch ganz Aktuelles hat im Programm Platz. Wer dem Täter von Aschaffenburg nicht innerlich an die Gurgel gehen möchte, hat kein Herz, wer aufgrund dieser Stimmung Politik macht, hat kein Hirn. Da macht sich Angst breit, dass Politik nur noch auf Gefühlen beruht, im „Nicht-Europa-Freizeitpark Frust“. Wer es übrigens nicht schafft Pistaziencreme auf einer Schokolade zu halten, zahlt zu Recht 15 Euro für eine Dubai-Schokolade.
Noch einmal in neun Monaten
In 9 Monaten, am 24. Oktober 2025 ist Uthoff noch einmal in Lohfelden, und zwar mit Tochter Toni. „40 Jahre Unterschied“ lautet dann das Programm. (Rainer Sander)