SCHWALMSTADT-TREYSA. „Parkinson – Ursachen, Diagnostik und Therapie“, lautet der Titel des ersten Arzt-Patienten-Seminars der Hephata-Klinik in diesem Jahr. Rund 50 Betroffene und Angehörige waren dazu am vergangenen Donnerstagabend in den großen Vortragsraum der Hephata-Klinik in Schwalmstadt-Treysa gekommen.
„Mein Mann hat Parkinson, wir haben zwei Kinder, kann man sie testen lassen?“ Oder: „Helfen Aminosäuren?“ Und: „Kann ich Dopamin prophylaktisch von außen zuführen?“ Diese und viele weitere Fragen konnten Teilnehmer des Arzt-Patienten-Seminars im Anschluss an den Vortrag von Dr. Sven Fuest, Chefarzt der Hephata-Neurologie, stellen.
„Wir wollen mit der Veranstaltungsreihe zu verschiedenen neurologischen Erkrankungen nicht nur Wissen weitergeben, sondern auch Betroffene und Angehörige ermutigen, zu Expertinnen und Experten ihrer eigenen Erkrankung zu werden. Da ist es notwendig, offen Fragen stellen zu können und auch kompetente Antworten zu bekommen“, so Sven Fuest. Diese Einladung nutzten die Teilnehmer*innen des Seminars rege. Neben dem Chefarzt standen Parkinson-Nurse Carmen Weber und die angehende Parkinson-Nurse Katharina Boksgorn dafür bereit.
In Deutschland gibt es nach Schätzungen bis zu 400.000 Menschen, die die Parkinson-Krankheit haben. Zehn Prozent der Krankheitsfälle sind genetisch bedingt und treten dann bereits in einem Alter um die 40 Jahre auf. Die meisten Betroffenen erhalten die Erstdiagnose zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr. Parkinson ist nach der Alzheimer-Erkrankung die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. „Dopamin ist der Botenstoff, auf den es ankommt. Bei Betroffenen sterben im Gehirn bestimmte Nervenzellen ab, die ihn produzieren. Dopamin steuert die Bewegungen. Die Ursachen für den Zelltod sind noch nicht wirklich bekannt“, so Fuest. Vermutet würde eine Kombination mehrerer Faktoren. „Aktuell wird diskutiert, ob die Feinstaubbelastung, der wir alle ausgesetzt sind, auch eine Rolle spielen könnte.“
Parkinson-Erkrankung oder atypisches Syndrom
„Die Krankheit lässt sich leider nicht heilen oder aufhalten. Wir können aber die Symptome lindern und den Verlauf positiv beeinflussen.“ Dabei gälte es zunächst zu unterscheiden, ob es sich um die Parkinson-Erkrankung oder ein atypisches Parkinsonsyndrom handele, das durch andere neurodegenerative Erkrankungen hervorgerufen wird. „Die Diagnose ist leider nicht mit einem Arztbesuch getan. Die Parkinson-Krankheit ist relativ behandelbar, das atypische Parkinsonsyndrom leider nicht.“ Für die Diagnosestellung seien meistens neben einer allgemeinen neurologischen Untersuchung, MRT- oder CT-Aufnahmen, eine Diagnostik im Schlaflabor, wo die für Parkinson typischen Schlafverhaltensstörungen entdeckt werden könnten, sowie eine Probe-Gabe des Wirkstoffs L-Dopa angezeigt. Dies sei in einer Kombination aus ambulanten und stationären Terminen auch in der Hephata-Fachklinik für Neurologie möglich.
Frühe Anzeichen von Parkinson
Mit der Parkinson-Krankheit einhergehende Symptome, die sich oft schon Jahre oder Jahrzehnte vor den motorischen Problemen und der Diagnose zeigten, seien jedoch oft erst im Nachhinein zuzuordnen. „Seit Corona leiden viele Menschen unter Geruchsstörungen und Tagesmüdigkeit, auch Depressionen können viele andere Ursachen haben, genauso wie Nackenschmerzen. Es ist also nicht einfach, aufgrund dieser Symptome die Frühdiagnose Parkinson zu stellen.“ Dies geschehe meist erst dann, wenn weitere Symptome wie eine eingeschränkte Beweglichkeit, Muskelsteifheit, Gleichgewichtsstörungen, Zittern oder kognitive Einschränkungen hinzu kämen. „Wir wissen, dass es mehrere Gene gibt, die bei der Parkinson-Erkrankung eine Rolle spielen können. Genetische Untersuchungen oder das Wissen, dass es sich um Frühsymptome von Parkinson handeln könnte, führen aber leider nicht dazu, dass wir das Ausbrechen oder Vollbild der Krankheit verhindern können.“
Verschiedene Therapieansätze
Stünde die Diagnose fest, sei die Therapie der Parkinson-Erkrankung ein Balanceakt zwischen zu viel und zu wenig Medikamententherapie. Grundsätzlich griffen alle medikamentösen Therapieansätze in den Dopaminstoffwechsel ein. Zu Beginn sei eine Monotherapie angezeigt, die häufig in eine Kombinationstherapie überginge. Im späteren, schweren Verlauf stünden verschiedene Pumpentherapien, die Tiefenhirnstimulation oder auch eine MRT-gesteuerter Ultraschallbehandlung zur Verfügung. „Für das fortgeschrittene Stadium haben wir seit letztem Jahr in Kooperation mit dem Uniklinikum Marburg auch gute Erfahrungen mit der stationären Parkinson-Komplexbehandlung gemacht“, so Fuest.
Tipps gegen Parkinson
„Es gibt Studien, die dafür sprechen, dass Koffein das Risiko für das Auftreten von Parkinson verringern kann.“ Empfohlen würden vier bis fünf kleine Tassen pro Tag. Belege dafür, dass sich die Zufuhr von Aminosäuren positiv auswirke, lägen indes nicht vor. „Sinnvoll ist es auf jeden Fall auch, mit der mediterranen Ernährung grundsätzlich etwas Gutes für seine Gesundheit zu tun.“ Stehe die Diagnose Parkinson-Erkrankung fest, sei es wichtig, regelmäßig Physio- und Ergotherapie sowie bei Bedarf auch Logopädie in Anspruch zu nehmen. Dr. Sven Fuest: „Bleiben Sie in Bewegung, körperlich und geistig, informieren Sie sich, nehmen sie eine spezialisierte Therapie in Anspruch und tauschen sich mit anderen Betroffenen aus.“
Hintergrund: Die Hephata-Fachklinik für Neurologie bietet eine stationäre und ambulante Versorgung von Menschen mit Parkinson-Erkrankung. Zudem finden Betroffene und Angehörige im Parkinson-Café Information und Unterstützung. Die Hephata-Klinik verfügt unter anderem über ein modernes MRT und CCT sowie ein eigenes Zentrum für Schlafmedizin und Liquor-Labor. Das Parkinson-Zentrum der Hephata-Klinik ist Mitglied des „Parkinson Netzwerk Allianz Marburg (PANAMA)“ mit dem Universitätsklinikum Marburg (UKGM) als koordinierendes Zentrum.
Die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen sowie Fachärzten und -Pflegern der Hephata-Fachklinik für Neurologie bietet das Parkinson-Café. Dieses findet zum nächsten Mal am Donnerstag, 20. Februar, 17 bis 19 Uhr, im großen Vortragsraum der Hephata-Klinik statt.
Nähere Informationen gibt es bei:
Astrid Schäfer, Schimmelpfengstraße 6, 34613 Schwalmstadt-Treysa, unter Tel.: 06691 18-2152 und E-Mail: astrid.schaefer@hephata.de | www.hephata.de/parkinsonzentrum (pm/wal)