Eigenes Kfz-Kennzeichen für Baunatal?
BAUNATAL. Dr. Ralf Borchert ist Professor für Volkswirtschaft und Tourismusmanagement an der Hochschule Heilbronn. Schon seit 2010 hat er in 200 Städten mehr als 500.000 Menschen befragt, um zu erfahren, wie man in kleineren Städten über ein eigenes Kfz-Kennzeichen denkt. Überwiegend positiv! Eigene Kennzeichen stärken die Identifikation und sind gut fürs Stadtmarketing.
Diese Idee hat uns schließlich HOG, WOH, ZIG, MEG und FZ zurückgebracht. Jetzt haben Bürgermeister in Taunussstein und Bad Nauheim die Initiative ergriffen, um Hessischen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern eigene Kennzeichen zu ermöglichen. Das greift um sich. Auch Hennigsdorf und Hohen Neuendorf in Brandenburg stehen auf der Liste von Interessenten, die wöchentlich länger wird (320 Städte wären bundesweit betroffen) und auf der nun auch Baunatal auftaucht.
Pro und Kontra einer Umfrage unter 4 Prozent der Baunataler
Eine Bürgerumfrage zur Einführung eines eigenen Kfz-Kennzeichens für Baunatal hat bunte Vielfalt ergeben. Bürgermeister Henry Richter hatte diese gestartet, um die Meinungen der Baunatalerinnen und Baunataler einzuholen. Jetzt liegen Ergebnisse vor. 1.170 Bürgerinnen und Bürger – rund vier Prozent der Baunataler Bevölkerung – beteiligten sich, davon waren 1.026 Stimmen gültig. Das Ergebnis zeigt, dass etwa 72 Prozent der gültigen Stimmen ein eigenes Kfz-Kennzeichen befürworten. Besonders das Kürzel „BTL“ fand großen Zuspruch.
Die Umfrage, so eine Pressemitteilung aus Baunatal, brachte zahlreiche Kommentare und Anregungen hervor, welche die Debatte bereichern. Während viele die Einführung eines eigenen Kennzeichens als identitätsstiftend sehen, gibt es auch kritische Stimmen. Positive Stimmen-Befürworter sehen in „BTL“ eine Möglichkeit, Baunatal als eigenständige Stadt stärker hervorzuheben und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Kritiker hingegen empfinden die Diskussion als nebensächlich. Sie fordern, sich auf wichtigere Themen (Ausbau von Kitas, Schulen oder Sicherung des Volkswagen-Standorts) zu konzentrieren.
Ergebnisse der Umfrage
- BTL: 533 Stimmen
- BAU: 163 Stimmen
- BAU oder BTL: 27 Stimmen
- Andere Vorschläge: 18 Stimmen
- Kein eigenes Kennzeichen: 285 Stimmen
Wie geht es weiter? Die Mehrheit der Teilnehmenden spricht sich für ein eigenes Kennzeichen aus. Die Stadtverordnetenversammlung, so die Pressemitteilung, wird sich mit den Ergebnissen befassen und über das weitere Vorgehen entscheiden. Ein Antrag zur Änderung der sogenannten Fahrzeugzulassungs-Verordnung müsste über das Hessische Verkehrsministerium an die Bundesbehörde gestellt werden. Die Stadt Baunatal würde sich anderen befürwortenden Kommunen in einem gemeinsamen Antrag anschließen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass vielen Bürgerinnen und Bürgern die Identität unserer Stadt am Herzen liegt. Dennoch ist es wichtig, alle Meinungen zu berücksichtigen und die Kosten im Blick zu behalten“, betont Bürgermeister Richter.
Die Rechtslage
In Deutschland sind die Kfz-Kennzeichen bestimmten Verwaltungsbezirken zugeordnet, wobei Landkreise und kreisfreie Städte eigene Unterscheidungszeichen führen. Die Zuteilung und Einführung neuer Kennzeichenkürzel sind durch die Fahrzeugzulassungs-Verordnung (FZV) geregelt.
Für eine Kommune in Hessen, die ein eigenes Kfz-Kennzeichen einführen möchte, ist eine Änderung der FZV erforderlich. Dies bedeutet, dass das Bundesverkehrsministerium die Verordnung entsprechend anpassen muss. Gut, dass Herr Wissing noch im Amt ist. Schließlich muss der Bundesrat als Vertretung der Länder noch zustimmen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt – laut SWR3 – diese Bestrebungen und fordert, dass auch kleinere Städte ein eigenes Kennzeichen erhalten können. Wenn in Berlin und Wiesbaden jemand Zeit dafür hat, könnte es klappen.
Ende bei 20.000?
Und Schwalmstadt? Da fehlen noch 1.300 Einwohner. Wie kürzt man das ab? SST? SWS? Ich hätte übrigens nichts gegen FLD für Frielendorf oder gleich TDH für Todenhausen. Warum soll das Ganze vor dem Orts- oder Stadtteil haltmachen? Auch BWH für Bad Wilhelmshöhe wäre doch endlich eine angemessene Würdigung für den Kasseler Kurstadtteil und das Welterbe Bergpark. Also gleich WBW: Welterbe Bad Wilhelmshöhe. Es werden selbstverständlich bereits Stimmen laut, das Ganze ohne Untergrenze zu ermöglichen. Der Dammbruch ist mit den Altkreis-Kennzeichen längst erfolgt.
Ein Baunataler Kennzeichen würde endlich optisch klarstellen: Das VW-Werk Kassel steht in Baunatal! Ist das gerade ein Vorteil? Vielleicht „Alltagsmagie“! Das Werk Kassel verschwindet bei dieser Gelegenheit, ohne geschlossen zu werden. Die Ehrlich-Brothers könnten’s kaum besser.
Unter der Wasserlinie
Was würde noch dagegensprechen? BTL ist im englischen Sprachraum tatsächlich eine bekannte Bezeichnung für das Below-The-Line Marketing. Na also, Stadtmarketing! btl bezeichnet hier alle Maßnahmen unterhalb klassischer Werbemaßnahmen. Meist genutzt, wenn noch Geld für unkonventionelle Marketingmaßnahmen übrig ist. Ok, das passt in Baunatal gerade nicht so gut. Egal! Und wenn die BTL-Dachorganisation „BAC-Net International“ für Test und Zertifikation nichts gegen die Verwendung ihrer registrierten Marke BTL einzuwenden hat (Weltweites ISO-Standard-Kommunikationsprotokoll in der Gebäudeautomation), dann könnte es laufen!
Und am Ende werden wir so viele Kennzeichen in Deutschland sehen, dass außer den Betroffenen selbst garantiert niemand weiß, wo jemand herkommt. Dann reden wir halt darüber. Das Wesen eines Kommunikationskonzeptes! Below The Line! (Rainer Sander)
1 Kommentar
Das sind Prioritäten Dr. Ralf Borchert , Respekt ! Nur lächerlich das Ganze !
Es gibt ja sonst keine Probleme im Land !
ich denke Baunatal hat ganz andere Probleme wenn bei VW die Lichter , mehr oder weniger , ausgehen sollten,
dann interessiert keinen das Kennzeichen !
Hr. Sander hat es gut auf den Punkt gebracht !