Strange Kind Of Women in der Kulturhalle
SCHWALMSTADT. Darf oder kann man Deep Purple covern? Mann vielleicht nicht aber Woman … Das war für viele ein überraschender Abend gestern in der Kulturhalle und für alle, die dem Konzert von „Strange Kind Of Women“ in der Ziegenhainer Kulturhalle misstrauisch keine Aufmerksamkeit geschenkt haben, ein echtes Versäumnis …
Seit vier Jahren machen die fünf Musikerinnen das, was Deep Purple so nicht mehr machen und im Grunde auch nicht anderes mehr. In Italien muss sich Sängerin Alteria kaum noch vorstellen. Sie ist eine der beliebtesten Rockstimmen auf dem Stiefel und moderiert zudem das morgendliche Musikprogramm bei Virgin Radio. In Schwalmstadt trat Ronnie Grace auf, die genauso mit eigenen Youtube-Produktionen bekannt ist und sie war kein bisschen schlechter. Vermutlich hätte sich Ian Gillan gefreut, so sicher und kräftig durch mehr als drei Oktaven zu singen.
Hardrock ist gar nicht so männlich …
Auch Eliana Cargnelutti ist von Südtirol bis Sizilien unbekannt. Die Bandleaderin und Gitarristin aus Udine spielt mit einem Lächeln locker und kraftvoll die bekanntesten Blackmore-Riffs und bei der Zugabe „Child In Time“ hat man das Gefühl, eine ganze Gitarren-Armee zu hören und bei „Mistreated“ streut sie ein bisschen Led Zeppelin, Lynyrd Skynyrd oder AC/DC ein. Friedhelm George im Publikum schüttelt anerkennend den Kopf und meint: „da muss man fast 60 werden, um so eine gute Gitarristin kennenzulernen. Auch Steven Stealer Gitarrist Paul Kersten findet anerkennende Worte.
Nicht nur bei Eliana verstummen die Macho-Sprüche im tatsächlich überwiegend männlichen Publikum. Metal ist maskulin? Von wegen! Um zu zeigen, dass Lila eine weibliche Farbe ist, eben Deeper Purple, macht mit einem stets entspannten Lächeln Chiara Cotugno am Schlagzeug einen Strich durch die Macho-Rechnung. Die in Italien nicht unbekannte Influencerin aus Neapel kommt bei YouTube durchaus bis auf 7,3 Millionen Klicks und hat über 143.000 Abonnenten. Jetzt dürften 250 aus Schwalmstadt hinzukommen, so viel waren etwa in der Kulturhalle und genossen nicht nur das Drum-Solo in „Smoke On The Water“.
Gitarre oder Orgel oder beide?
Es ist immer gewagt, die Großen der Szene zu covern. Man wirkt schnell albern, wenn‘s nicht so flüssig rüberkommt. Strange Kind Of Woman machen ordentlich Druck und füllen die PA locker aus. Dafür sorgt ganz gelassen Paola Zadra am Bass, deren Läufe die Band immer wieder sicher führen. Das hat sie auch schon bei Matia Bazar, Stef Burns, Fedez und Gianni Morandi bewiesen. „Stormbringer“, „Black Night“ oder „Highway Star“ sind mehr als ein Warm Up für die komplexeren und melodischeren Purple-Titel.
Das Wagnis Deep Purple zu covern besteht nicht nur darin, im Gesang mit Ian Gillan gleichzuziehen. Die Stimmfärbung zu treffen ist fast unmöglich, aber Ronnie Grace setzt ihre eigenen Akzente und plötzlich wünscht man sich, bei Deep Purple würde eine Frau singen. Das Original wurde einst von dem exzentrischen Keyboarder Jon Lord und dem eigensinnigen Gitarristen Richie Blackmore dominiert. Ich erinnere mich an Schulhof-Diskussionen in den Siebzigern ob nun Blackmore oder Lord wichtiger für Deep Purple sind. Die pausenlosen Battle der beiden Soloinstrumente um die Melodieführung, trägt unglaubliche Spannung in die Musiktitel. Genau das funktioniert bei „Strange Kind Of Woman“, weil die in Paris lebende Margherita Gruden eine begnadete Pianistin und Hammondspielerin ist.
Mit eigenem Stil konsequent am Original
Gelassen und cool spielt das Quintett auch den namensgebenden Titel der Band und auch „Burn“. Zum Highlight wird „When A Blind Man Cries“. Es ist eine der wenigen Balladen der Hardrocker und war 1972 nur die B Seite von „Never Before“. Auf ihre Art sind S.K.O.W. so etwas wie der Gegenentwurf zu „Doro“ oder „Suzie“. Vor ein paar Tagen, erzählt die Sängerin, haben sie die aktuelle Besetzung des Originals noch live gesehen. Sie fragt ins Publikum nach zwei Sets, was die Schwalmstädter als Bonus hören wollen: „Child In Time“ stand ohnehin auf der Setlist und das Antikriegslied vom „In Rock“ Album war der „unglaubliche“ Abschluss des Konzertes, das einerseits nah am Original und doch so konsequent vom eigenen, weiblichen Stil, geprägt wurde. Improvisationen und Variationen werden nur dann nicht peinlich, wenn frau‘s eben kann. Das hat perfekt und kaum strange geklappt! (Rainer Sander)
1 Kommentar
Ein fantastisches Konzert. stimmgewaltige Sängerin, excellentes Gitarren-, Schlagzeug- und Keyboardsolo. Eine super Bühnenshow. Ich bin begeistert. Vielen Dank, an den Veranstalter Herrn Laabs, der es ermöglicht, dass Stars in Ziegenhain ihre Musik präsentieren. ich als Fotografin aus Schwalmstadt, konnte super Fotos von der Show machen. Liebe Grüße Martina Ley