Projekt Pop meeets Classic /Vorsicht Gebläse XXL
BAUNATAL. Fünf Jahre musste Baunatal warten. Am Samstag waren sie wieder in der Stadthalle: Annika Klar, Inka-Marina Heil, Thomas Bopp, Markus Schmitt und die weit über Fuldas Grenzen hinaus bekannte Sopranistin Christina Rümann. Entscheidend ist, wer hinter den Vokalartisten steht: 85 Musiker und Paul Momberger.
Ihm folgten schon Streicher und Bläser auf Tourneen von José Carreras, Nena, Chaka Khan, Robin Gibb, Peter Maffay oder Chris de Burgh und eine ganze Weile die Frankfurter Philharmoniker. Jetzt sind es „nur noch“ die Musikerinnen und Musiker von Vorsicht Gebläse, dem Orchester Neuhof und des String Orchestra Fulda. Vor seinem Taktstock kommt so ziemlich das Beste zusammen, was die osthessische Musikszene zu bieten hat. Dort kommen schon mal 2000 Menschen zu den Konzerten, in Baunatal waren es gut 600. Diese explosive musikalische Mischung nennt sich „Pop meets Classic“ mit Vorsicht Gebläse XXL.
Loslassen und abheben …
Der Start gelang mit Superman und nachdem Sabine Räth, die man in Fulda aus dem Karneval, Marketingveranstaltungen und Sportevents als Moderatorin kennt, all die Besonderheiten des Orchesters humorvoll erklärt hat, hieß es „Lass jetzt los“ Inka-Marina Heil schlüpfte in die Rolle von Elsa aus der Eiskönigin – wie bei allem an diesem Abend – mit vollem Gebläse und kraftvollen Streichern im Rücken.
Mitunter wurde es eng auf der alles andere als schmalen Baunataler Bühne. Auch beim Englishman in New York oder dem Walzer Estudiantina. Wenn sich nicht nur die Härchen auf den Armen kräuseln, sondern leichte Schauer über den Rücken laufen und die Gegend rund ums Herz warm wird, dann singt meistens Christina Rümann. Sonst zu Hause in den Opern-, Operetten- und Musicaltheatern, schenkt sie dem auch dem XXL-Ensemble aus ihrer Heimatstadt und dem Publikum wunderbare Momente. Christina als Christine aus dem Phantom der Oper mit deren Wunsch an den Papa, „Wishing You Were Somehow Here Again“.
Mehr als Gänsehaut bei Barcelona
Später „provozierte“ sie im Duett mit Thomas Bopp, dem Vocal-Coach aus verschiedenen TV-Formaten und dem Song „Barcelona“ anhaltende Standing Ovations. Das ursprüngliche Gemeinschaftswerk von Queen mit Montserrat Caballé aus der Feder von Freddie Mercury war aber nur einer der Höhepunkte des zweieinhalbstündigen Konzertabends. Mac Arthur Park (Jimmy Webb), das 1968 zuerst Richard „Dumbledore“ Harris gesungen hat, klang mit Streichern, Bläsern sowie Annika Klar am Mikrofon – bei seinen vielen Elementen aus Psychedelic und Jazz – in der Disco-Live-Version von Donna Summer wie ein musikalischer Hurrikan.
Ob Puccinis „O Mio Bambino Caro“ („O mein lieber Papa“), Totos „Africa“, James Bonds „Licence To Kill“, „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ (Franz Lehár) oder „Don’t Forget About Me“ (Simple Minds), der Spannungsbogen und die musikalische Bandbreite waren gewaltig. Das schöne dabei ist, dass immer alles nach „Pop meets Classic“ klingt und deshalb unverwechselbar schön ist.
Engel im lila Regen …
Die Sängerinnen und Sänger werden immer wieder vokal von Ute Krönung unterstützt, die eigentlich im Orchester Blasinstrumente spielt und diese sonst als Lehrerin unterrichtet. Schüler in Fulda kennen auch Tobias Galmarini als Musik- und Englischlehrer. Bei Pop meets Classic schlüpft er schon mal in die Rolle von Prince. Purple Rain kommt mächtig rüber mit Sologitarre und Orchester. Als Gitarrist bei „Mercury Falling“ beweist Tobias sein Können ohnehin seit Jahren. Übrigens hat auch Dirigent Momberger als Inhaber einer Tierarztpraxis noch einen ganz und gar bodenständigen Beruf.
Markus Schmitt zeigt sich immer wieder von seiner humorvollen Seite und geht für zehn Minuten in seine Paraderolle „Joe Cocker“ vollends auf, inklusive der dazu gehörenden „Spastiken“: „You Are So Beautiful“ + „You Can Leave Your Hat On“. Thomas Bopp verzückte mit“Angels” – als lautstark geforderte zweite Zugabe – das Publikum vollends. Vielleicht hat Robbie Williams seine 2022er Orchester-Version mit dem Metropole Orchester bei Vorsicht Gebläse XXL abgeschaut? (Rainer Sander)