Wirtschaftsgemeinschaft Baunatal informiert Mitglieder
BAUNATAL. E-Rechnung? „Machen wir schon lange! Rechnung als PDF und ab die Post! Nein! XML-Format statt PDF und ein ZUGFeRD zum Versenden. Das ist nicht der neue US-Pony-Express. Ronny Sandner und Niklas Pysalsky von der Firma Starke + Reichert haben die Mitglieder der Wirtschaftsgemeinschaft Baunatal am Dienstagabend im Cineplex-Kino informiert.
Die „E-Rechnung“, oft auch „elektronische Rechnung“ genannt, ist ein strukturiertes digitales Format für den Austausch von Rechnungsinformationen zwischen Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistern. Im Gegensatz zur klassischen E-Mail-Rechnung, bei der das PDF einfach als Anhang verschickt wird, enthält die E-Rechnung, die den bisherigen papierbasierten Rechnungsversand in vielen Bereichen ablöst, maschinenlesbare Daten, die ohne manuelle Bearbeitung direkt in die Buchhaltungs- und ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) integriert werden können.
Wachstumschancengesetz macht E-Rechnung zur Pflicht
Alles klar? Der Schritt in die volldigitalisierte Rechnungsverarbeitung vermag Lücken im digitalen Verständnis zu maximieren. Wem schwerfällt, zu verstehen, dass Maschinen keine formatierten DIN A4-Rechungsdrucke zum Lesen brauchen, sondern mit einer Kette von Nullen und Einsen klarkommen, um komplexe Fakturierungen zu begreifen, ist damit vermutlich raus. Alle, die im Betrieb noch mit Zettel und Stift arbeiten und bevorzugt Briefmarken kleben, dürfen bald nicht mehr mitspielen.
Mit dem Wachstumschancengesetz 2024 wird die E-Rechnung – wie in anderen Ländern – auch in Deutschland Pflicht. Wer künftig eine Rechnung verschickt, erstellt sie definitiv am PC, aber es entsteht keine physische Rechnung mehr. Computer können aus Ziffern- und Zahlenfolgen optisch, sozusagen wie in einem Hologramm, zwar sichtbare Rechnungen erzeugen, faktisch sind sie nur Code in einer Datei. Der Vorteil ist, sie können unkompliziert versendet und verarbeitet werden.
Warum die E-Rechnung eingeführt wird
Die Einführung der E-Rechnung erfolgt in vielen Ländern aus mehreren Gründen:
- Effizienzsteigerung: E-Rechnungen automatisieren viele Schritte, die bei Papier- oder PDF-Rechnungen noch manuell erfolgen müssen. Die Verarbeitung ist schneller, fehlerfreier und reduziert administrative Aufwände.
- Kostensenkung: Durch den Wegfall von Druck-, Porto- und Lagerkosten sparen Unternehmen bares Geld.
- Transparenz und Rückverfolgbarkeit: E-Rechnungen ermöglichen eine bessere Nachvollziehbarkeit von Transaktionen, da sie standardisierte, digital verarbeitbare Informationen enthalten.
- Umweltfreundlichkeit: Der Verzicht auf Papier und Druckprozesse unterstützt Nachhaltigkeitsziele.
Unterschied zur E-Mail-Rechnung mit PDF
Auf den ersten Blick scheint die E-Mail-Rechnung, bei der das PDF per E-Mail verschickt wird, ebenfalls eine elektronische Lösung zu sein. Doch während diese Form lediglich das Medium digitalisiert, bleibt der Verarbeitungsprozess manuell: Der Empfänger muss das PDF öffnen, die Daten manuell in sein System übertragen und die Rechnung archivieren.
Die E-Rechnung hingegen bietet eine vollautomatische Verarbeitung. Sie basiert auf Formaten wie XRechnung oder ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland). Diese Formate strukturieren die Rechnungsdaten so, dass sie maschinell weiterverarbeitet werden können, was manuelle Eingaben überflüssig macht.
Arten der E-Rechnung
Es gibt verschiedene Arten von E-Rechnungen, je nach Format und Anwendungsbereich:
- XRechnung: Das von der Bundesregierung vorgeschriebene Format für den öffentlichen Sektor in Deutschland.
- ZUGFeRD: Ein hybrides Format, das sowohl maschinenlesbare XML-Daten als auch ein menschenlesbares PDF kombiniert. Es eignet sich besonders für kleine und mittelständische Unternehmen.
- Peppol: Ein grenzüberschreitendes E-Rechnungsnetzwerk, das insbesondere im europäischen Raum genutzt wird.
Versand und Schritte zur Einführung der E-Rechnung
Der Versand erfolgt nicht einfach per E-Mail, sondern über Datenübertragungsplattformen oder Netzwerke wie Peppol, welche die sichere Übermittlung der strukturierten Daten sicherstellen. Dabei wird gewährleistet, dass die Daten verschlüsselt und manipulationssicher übertragen werden. Programme wie Outlook oder Thunderbird sind nicht gesetzeskonform. Standardmäßig werden für den Rechnungsempfang spezielle E-Mail-Adressen eingerichtet.
Schritte zur Einführung der E-Rechnung
Die Einführung der E-Rechnung erfolgt in verschiedenen Stufen:
- Öffentlicher Sektor: Hier ist die E-Rechnung bereits verpflichtend für Unternehmen, die an öffentliche Auftraggeber Rechnungen stellen.
- Private Unternehmen: Auch Unternehmen untereinander stellen zunehmend auf E-Rechnungen um, oft motiviert durch den Effizienzgewinn und Druck von Handelspartnern. Ab 1. Januar 2025 ist der Empfang von E-Rechnungen nach EN 16932 Pflicht. Wird eine Rechnung analog versendet, muss der Rechnungsempfänger damit einverstanden Sein. Spätestens 2028 gilt die E-Rechnung für alle Unternehmen, die anderen Unternehmen Rechnungen schreiben. Alle bekommen eine eindeutige ID-Nummer.
- Pflicht für alle: Ab einem gewissen Zeitpunkt könnte die E-Rechnung zur verbindlichen Norm werden, je nach rechtlichen Vorgaben und Entwicklungen auf europäischer Ebene.
Verbesserungen für Unternehmen
Unternehmen profitieren von der E-Rechnung auf mehreren Ebenen:
- Zeitersparnis: Rechnungen werden schneller erstellt, verschickt und verbucht. Zudem entfallen Rückfragen bei Unstimmigkeiten, da Daten maschinell überprüft werden.
- Fehlerreduktion: Durch die maschinelle Verarbeitung verringern sich Tipp- und Übertragungsfehler erheblich.
- Kosteneinsparung: Unternehmen sparen Druck- und Versandkosten und optimieren ihren Arbeitsablauf. Zusätzlich integrierbare Daten wie Projektnummern oder Kostenstellen erleichtern die Weiterverarbeitung.
- Rechtssicherheit: E-Rechnungen erfüllen höchste Anforderungen an die Nachprüfbarkeit und Datensicherheit, was die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften erleichtert.
Risiken und Kritikpunkte
Trotz der Vorteile gibt es auch einige Herausforderungen und Kritikpunkte:
- Die Implementierung der E-Rechnung erfordert Investitionen in IT-Infrastruktur und Schulungen für die Mitarbeiter.
- Eine rein digitale Lösung birgt das Risiko von technischen Ausfällen oder Cyberangriffen.
- Nicht alle Länder haben einheitliche Standards für die E-Rechnung, was den internationalen Rechnungsverkehr erschwert.
Fazit
Die E-Rechnung ist weit mehr als nur eine digitalisierte Rechnung. Sie steht für einen modernen, effizienten und nachhaltigen Umgang mit kaufmännischen Prozessen. Unternehmen sollten sich rechtzeitig mit der Umstellung befassen, um langfristig von den Vorteilen zu profitieren, auch wenn der Weg zur vollständigen Integration nicht immer ohne Herausforderungen ist. (rs)