Das Weltretter-Orchester im Sparkassen-Palace
FRITZLAR. Auf der Setlist steht simpel und einfach Ouvertüre für das, womit es losgeht. Hatte ich genauso gegoogelt: „Tim Bendzko Ouvertüre“. Da kommt nichts. Was daran liegen wird, dass Songwriter- und Popkonzerte nie mit Ouvertüren beginnen. Außer jemand wie Bendzko hat die verrückte Idee, mit Orchester in einer Dom- und Kaiserstadt anzureisen. So geschehen gestern Abend in Fritzlar.
Der Hessentag macht’s möglich! Wuchtig und energiegeladen spielte die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach auf und startete den Konzertabend allein. Also in voller Besetzung aber ohne Sänger. Und ohne Band. Ouvertüre eben. „Ich finde das so absurd schön und fühle mich gar nicht als Sänger, eher als Gast“, sprachs und erzählte, dass das Orchester dieses Experiment vor zwei Jahren schon einmal gewagt hat. „Und ich habe mir so gewünscht, dass wir das noch mal machen! Der Hessentag erfüllt Wünsche auch von Künstlern.
Unter die Haut mit Überraschungsgast Cassandra Steen
Mit „Komm schon“ und „Das Leben wieder lieben“ geht es weiter: „Einfach aufstehen und weitergehen! Kopf hoch, jetzt ist der Augenblick! Dieser Augenblick kam mit „unter die Haut“ und Überraschungsgast Cassandra Steen. „Seit 10 Jahren schon nicht mehr zusammen gesungen.“ Gestern Abend war es einmal wieder so weit. Anschließend ging es „Allein nach Paris“. Eine wahre Geschichte ist die Grundlage für das Lied, erzählt Bendzko. „Ich war da, meine damalige Partnerin nicht. Das verzeihe ich Dir nie“, sagt Bendzko. Er habe einst alles Geld für einen Urlaub ausgegeben. Eben für „Alleine in Paris“.
13 Jahre Welt retten heißt es am Montag. Dabei hört er immer wieder Vorwürfe, warum das so lange dauert. Vielleicht geht es gemeinsam? Am 9. ist Europawahl. Das hilft dabei, die Welt zu retten, erklärt Bendzko seinen Fans. Weiter gehts mit dem Glück, das zurückkommt. Denn man schläft nicht mit gebrochenem Herzen. „Wir hätten vorher üben sollen“, bricht er einen Refrain ab, den das Publikum mitsingen soll. Und dann kommt noch vor der Pause „Ich bin doch keine Maschine“. Das Lied für die Work-Live-Ballance. Dann stellt er fest: „Ihr seid das leiseste Publikum, das wir je hatten. Also: „in der Pause sammeln und dann nehmen wir das Ding auseinander!“
Einfach treiben lassen
Alles im Fluss, alles verschwimmt, heißt es nach der Pause, „ich trag dich mit mir rum.“ Bis die Erinnerung mich schmerzt. „Es klingt vielleicht absurd, aber Bendzko klingt mit Orchester viel rockiger als ohne. Er singt von Millionen Sternen und fragt: „Fritzlar könnt Ihr noch? Ihr werdet sehr viel Energie haben! Und dann erklärt er, „Ich weiß auch nicht wie man das macht, wenn man mit Orchester spielt …“ Es geht einfach so und geübt haben Sänger, Band und Orchester nur einmal miteinander.
Lebensweisheiten gibt es reichlich: „Wenn Ihr das Gefühl verspürt, nicht mehr sitzen zu können, lasst Euch einfach treiben! Oder man fordert Zugabe, wenn mit „Phantom Schmerz“ das Konzert „am seidenen Faden“ zu Ende geht. In der Zugabe kam noch einmal Cassandra auf die Bühne: „Wenn Worte … Im Publikum war auch Phil Schaller, der sich mit der Location für Sonntag Abend vertraut machte (Text: Rainer Sander | Fotos: Tino Basoukos)
Aktualisierter Hinweis:
Wir bekommen Anfragen, warum man das Orchester auf den Fotos nicht sieht. nh24 legt stets wert auf gute Bilder. Dafür sind wir bekannt. Die Anweisungen des Bendzko-Managements waren sehr klar vor der Veranstaltung, nämlich dass nur von ganz bestimmten Punkten am Bühnenrand aus fotografiert werden durfte, nicht aus der Totalen und nicht von hinten. Natürlich war die Versuchung groß, das zu ignorieren und von der Seite oder weiter hinten auch nach den ersten drei erlaubten Titeln Bilder zu machen. Wir haben uns aber entschieden, keine Kompromisse einzugehen. Wenn das Management keine schönen Bilder möchte, gibt es auch keine. Im Übrigen befand sich das Orchester hinter Plexiglasscheiben, die mit Spiegelungen wenig schöne Bilder zulassen. (rs)