Marburg-Biedenkopf geht gegen Reichsbürger vor: Waffenarsenal beschlagnahmt
MARBURG | KIRCHHAIN. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf ist es der Waffenbehörde in Kooperation mit der Polizei gelungen, ein umfangreiches Waffenarsenal einer der Reichsbürger-Szene zugeordneten Person zu entziehen. Insgesamt wurden 13 Schusswaffen und nahezu 2.500 Schuss Munition beschlagnahmt.
Die Person, legal im Besitz der Waffen durch mehrere Waffenbesitzkarten als Sportschütze und Jäger, musste diese Erlaubnisse aufgrund von Zweifeln an der Zuverlässigkeit abgeben.
Diese Zweifel wurden nach einem vom Amtsgericht Kirchhain erlassenen Durchsuchungsbeschluss konkretisiert, was zur Sicherstellung der Waffen und der dazugehörigen Erlaubnisse führte. Landrat Jens Womelsdorf lobte die schnelle und effektive Zusammenarbeit der beteiligten Behörden und betonte die Bedeutung des Vorgehens für den Schutz der Demokratie. Er verwies darauf, dass der Besitz von Waffen in Verbindung mit extremistischen Einstellungen eine ernsthafte Gefahr darstellt.
Polizeirat Mathieu Wolf unterstrich die Notwendigkeit der Wachsamkeit und warnte, dass Personen, die den Rechtsstaat nicht anerkennen, mit konsequenten Maßnahmen rechnen müssen. Mike-Oliver Klotz, Leiter des Fachbereichs Ordnung und Verkehr, erklärte das Prozedere der Waffenentziehung und betonte die Rolle von Hinweisen des Verfassungsschutzes sowie bedrohlicher Korrespondenz als Auslöser für die Maßnahmen.
Zu den beschlagnahmten Waffen gehören drei halbautomatische Pistolen, zwei Revolver, sechs Gewehre und zwei Luftpistolen sowie fast 2.500 Schuss Munition verschiedener Kaliber. Die Aktion zeigt, dass die Behörden entschlossen sind, gegen die Verbindung von Extremismus und Waffenbesitz vorzugehen.
Hintergrund:
Aufgrund von Unzuverlässigkeit, fehlender persönlicher Eignung oder weil das Bedürfnis wegfiel, hat die Waffenbehörde des Landkreises Marburg-Biedenkopf im Jahr 2023 insgesamt 13 waffenrechtliche Erlaubnisse widerrufen.
Stichwort Reichsbürger:
Bei Reichsbürgern und Selbstverwaltern handelt es sich um Gruppierungen oder Einzelpersonen, die die Bundesrepublik Deutschland sowie ihre Rechtsordnung und Staatsorgane nicht anerkennen. Kennzeichnend für ihre Sichtweise ist die Leugnung und Absprache der Legitimation der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der Rechtsordnung sowie der Repräsentanten des Staates. Ihre Weltanschauung ist von der Fehlannahme, dass Deutschland kein souveräner Staat, sondern lediglich eine privatrechtliche Firma bzw. GmbH sei, geprägt. Hierbei berufen sich Reichsbürger und Selbstverwalter nicht selten auf das historische Deutsche Reich, auf verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder etwa auf ein selbst definiertes Naturrecht und definieren sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend, woraufhin sie häufig bereit sind, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen.
Die Agitation der Szeneangehörigen richtet sich regelmäßig gegen Parlamente, Regierungen, die Justiz oder die Polizei. Gesetze, Urteile und Bescheide erkennen sie nicht an. Für die Verwirklichung ihrer Ziele treten Reichsbürger und Selbstverwalter aktiv ein, z.B. durch aggressives Verhalten gegenüber Behörden. Bestrebungen, die eine derart grundsätzliche Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Institutionen, Gesetze und Vertreter beinhalten, bieten hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte als verfassungsfeindliche Bestrebungen für eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden. (wal)
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