Mit Staatssekretärin Manuela Strube im Gespräch
BAUNATAL. In einer Landesregierung erwarten wir Menschen, die es können und möglichst die Besten, die es dafür gibt. Und die sitzen selten gelangweilt herum und warten. Drei Nordhessen gehören der Landesregierung an, zwei wechseln aus dem Bundestag nach Wiesbaden, eine aus dem Rathaus.
Neben den beiden Bezirksvorsitzenden der Regierungsparteien, Timon Gremmels (SPD) als Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, sowie Armin Schwarz (CDU) als Minister für Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen, gehört auch die bisherige Baunataler Bürgermeisterin Manuela Strube dem zukünftigen Kabinett in Wiesbaden an.
Als Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales wechselt die Sozialdemokratin vom Rathaussessel mitten ins Regierungsgeschäft, mitten in raue Zeiten. Nach Flucht sieht es nicht aus, denn die Aufgaben in Wiesbaden sind ähnlich herausfordernd wie aktuell in ihrer Heimatstadt. nh24–Redakteur Rainer Sander durfte mit ihr sprechen.
nh24: Der Bürgermeisterinnenposten in Baunatal scheint ein gutes Sprungbrett zu sein. Nachdem Silke Engler nach kurzer Zeit Erste Kreisbeigeordnete wurde, ist Manuela Strube jetzt auf dem Weg ins Wiesbadener Kabinett. Sind schwere Zeiten, gute Zeiten?
Manuela Strube: Schwere Zeiten müssen auf jeden Fall nicht nur schlecht sein. Wir konnten in den letzten Jahren in Baunatal durch die Haushaltssituation schärfen, welchen Fokus man als Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung setzt. Die Diskussion um die beste Lösung hat auch für kreative Ideen und neue Wege gesorgt. Ich bin stolz, dass ich hier meinen Beitrag leisten konnte und nehme dies als Antrieb nach Wiesbaden mit.
nh24: Sie haben in Baunatal eine sehr große Koalition geschmiedet und fast alle ziehen gemeinsam am selben Strang. Geht das auch ohne Manuela Strube?
Manuela Strube: Dass alles an einer Person hängt, glaube ich nicht. Wir haben gerade deshalb so gut zusammengearbeitet, weil die finanziellen Rahmenbedingungen oft keine andere Möglichkeit zugelassen haben. Wer seriöse Politik in schwierigen Zeiten für die Menschen machen will, darf keine Versprechen machen, die man nicht einhalten kann. Das ist Populismus.
nh24: Der Erneuerungsprozess in Baunatal ist stabil genug, dass ein erneuter Personalwechsel an der Spitze nicht schadet?
Manuela Strube: Stabil genug ist das Verständnis, dass man nur gemeinsam in schwierigen Zeiten akzeptierte und sinnvolle Maßnahmen ergreifen kann. Das Vertrauensfundament ist auf jeden Fall geschaffen. Einen Automatismus gibt es natürlich nicht, aber wo gibt es den im Leben?
nh24: Sie waren die einzige Bürgermeisterin unter den „Delegationen“, die die Koalition ausgehandelt haben. Konnten Sie ihrer Heimatstadt noch ein „Abschiedsgeschenk“ für die kommunalen Finanzen hinterlassen?
Manuela Strube: Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich sowohl die nordhessische Beteiligung an bisherigen Landesregierungen sowie die direkte Anbindung und die finanzielle Ausstattung der Kommunen für nicht ausreichend gehalten habe. Im Koalitionsvertrag findet man nicht umsonst in quasi jedem Unterkapitel einen Abschnitt zu den Kommunen.
nh24: Sie haben in den Koalitionsgesprächen die Arbeitsgruppe Haushalt geleitet. Muss der Christdemokrat Prof. Dr. Alexander Lorz jetzt auch ein wenig nach den Strube-Noten tanzen?
Manuela Strube: Es würde mich auf jeden Fall freuen, wenn wir die wichtigen Projekte, wie beispielsweise die angedachten Entlastungen im Kita-Bereich, konstruktiv umsetzen können. Bisher waren die Gespräche respektvoll und auf Augenhöhe.
nh24: Was sind die wichtigsten Aufgaben, die sich die neue Koalition jetzt vorgenommen hat?
Manuela Strube: Wir starten auch hier mit einer schwierigen finanziellen Ausgangslage. Wir möchten Politik für alle Menschen machen und den spürbaren Riss, der durch die Gesellschaft geht, wieder kitten.
nh24: Sie werden Staatssekretärin, sind also diejenige, die im Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales den Laden organisiert. Was können Sie dort gestalten?
Manuela Strube: Als Schnittstelle zwischen dem Ministerium und der Ministerin ist es meine Aufgabe, dass politische Entscheidungen umgesetzt werden und die Ministerin entsprechend aus den Fachabteilungen Informationen erhält. Eine spannende Aufgabe!
nh24: Mit Ministerin Heike Hofmann verstehen Sie sich gut? Wird das Teamwork?
Manuela Strube: Wir kennen uns noch aus meiner Zeit im Hessischen Landtag. Ich schätze sie sehr und bin mir sicher, dass wir (wieder) gut zusammenarbeiten können.
nh24: Mit welchem Gefühl gehen Sie jetzt nach Wiesbaden?
Manuela Strube: Auch wenn ich die Koalition mitverhandeln durfte, ist es ein Abschied ohne großen zeitlichen Vorlauf. Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, da mir die Arbeit und die Kolleginnen und Kollegen im Alltag fehlen werden. Meine enge Anbindung an Baunatal, den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern werde ich selbstverständlich aufrecht halten – ich bleibe schließlich Baunatalerin!
nh24: Mit welchem Gefühl verlassen Sie Baunatal?
Manuela Strube: Ich bleibe in Baunatal wohnen! Meine Familie und ich sind ein eingespieltes Team, aber sie werden mir unter der Woche in Wiesbaden und bei Auswärtsterminen fehlen.
nh24: Wir haben Sie als Familienmensch kennengelernt. Im Gegensatz zum früheren Abgeordnetendasein fahren Sie als Staatssekretärin nicht nur in den Sitzungswochen nach Wiesbaden. Wird das schwierig?
Manuela Strube: Mir ist bewusst, dass ich als Hausleitung im Ministerium öfter in Wiesbaden gebraucht werde als zu meinen Zeiten als Abgeordnete im Hessischen Landtag. In Zeiten von Video-Konferenzen und Homeoffice ist flexibleres Arbeiten möglich, es muss nur gut organisiert sein. Es wäre aus meiner Sicht auch ein schlechtes Zeichen, wenn wir nordhessischen Mitglieder der Landesregierung alle nur noch in Wiesbaden wären – wo wäre da die Anbindung an die Menschen hier?
nh24: Frau Strube, vielen Dank für das Gespräch.
Interviewanfragen an Armin Schwarz und Timon Gremmels sind gestellt. (rs)
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1 Kommentar
„In einer Landesregierung erwarten wir Menschen, die es können und möglichst die Besten, die es dafür gibt.“
Lieber Herr Sander, dieser Satz steht etwas unmotiviert zum Folgenden. Doch wenn man berücksichtigt, dass Manuela Strube fast zwanzig Jahre beim Arbeitsamt Kassel und einen großen Teil davon im Jobcenter gearbeitet hat, wo sie tagtäglich mit den echten Härtefällen konfrontiert wurde, ergibt das Sinn. So wie sie dort mit Herz, Tatkraft, Engagement und Fingerspitzengefühl für Lösungen gesucht hat, so wird sie ihre Erfahrungen auch sehr gut in das Arbeits- und Sozialministerium einbringen können. Sie kann beurteilen, was sinnvoll und was Schmuck am Nachthemd ist. Eine kompetentere Wahl für die Staatssekretärin hätte ich mich schlicht nicht vorstellen können.
Als Baunataler bedaure ich diesen Wechsel natürlich. Aus den gleichen Gründen hätte sie unsere Stadt auch durch die kommenden schweren Zeiten steuern können. Vor ihrem Weggang hat sie allerdings schon viele Weichen gestellt und ihr Erbe wird mit der Zeit sichtbar werden. Ich wünsche ihr viel Erfolg und auch Glück bei ihrer neuen Aufgabe.
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