Wo Frodo und Harry Potter unter Goethes Aufsicht Schach spielen
LOHFELDEN. Schachspielen ist für viele Menschen – und vielleicht stimmt es tatsächlich – DAS Spiel überhaupt. Sozusagen 2500 Jahre lang das „Spiel des Jahres“. Für viele Spieler ist es Spaß, andere betreiben es mit fast wissenschaftlicher Hingabe. Die einen spielen drauflos, die anderen berechnen akribisch ihre Züge voraus. Die ersten Züge unter Profis stehen in jeder Partie quasi fest.
Die Geschichte des Spiels geht zurück ins sechste Jahrhundert vor Christus. Damit ist das Spiel so alt wie die ältesten arabischen Schriften. Quasi haben sich Schach und Schrift parallel entwickelt. Noch viel schöner kann es sein, wenn die Schachfiguren anfangen, Geschichten zu erzählen und genau das kann man im Schachmuseum in Lohfelden erfahren.
Schachspiele aus aller Welt und Bilderwelten rund ums Spiel
In der zweiten Etage der Alten Schule Ochshausen (Ochshäuser Dorfstraße 20) zu Lohfelden befindet sich die Schachspielsammlung von Bernd Besser. Genauso spannend sind die gleichzeitig ausgestellten „Schachbilderwelten“ des Lohfeldener Grafikers und Künstlers, die bereits im Treppenhaus auf dem Weg nach oben zu bewundern sind. Sie haben bereits eine lange Reise hinter sich, denn die plastischen Kunstwerke wurden im Vorfeld der Schacholympiade in Deutschland 2008 von 2004 bis 2008 in 64 Städten Deutschlands gezeigt. Sogar mit Schachlegende Anatoli Karpov hat Bernd Besser ausgestellt.
Herr Besser sammelt schon lange Schachfiguren und konnte auf Flohmärkten immer ganz schlecht an ihnen vorbeigehen. So ging das eine oder andere Schachspiel in den vergangenen Jahrzehnten für ein paar Mark oder später ein paar Euro und manchmal auch ganz viele Euro in seinen Besitz über. Nun hat der Künstler die Figuren nicht einfach nur in eine Ecke gestellt, sondern lässt sie zugleich viele Geschichten schildern. Beispielsweise befindet sich im Treppenhaus des Schachmuseums ein Schachspiel mit einem Bild der Hofdame „Charlotte von Stein“ aus Weimar, daneben eine kleine Büste von Johann Wolfgang von Goethe, die der Schachliebhaber lange gesucht hat. Das Ensemble erzählt, wie die Geliebte des Geheimrats ihm das Schachspiel beigebracht hat.
Faszinierende Welt unterschiedlichster Schachspiele
Fast jeder hat schon einmal ein originelles Schachspiel gesehen, aber wer in Lohfelden an den Vitrinen vorbeischlendert, entdeckt eine faszinierende Welt aus 16 Bauern und 16 Offizieren. Da treten die Orks aus dem „Herr der Ringe“ gegen Micky Maus und Goofy an und detailverliebt gestaltete Figuren belegen, dass man in Hogwarts nicht nur Quidditch gespielt hat. Ein Werk heißt „Die Königin macht Pause“ und zeigte die Dame inmitten ihres Hofstaats aus Schachfiguren. Die mexikanische Freiheitsgeschichte ist dargestellt und auch die Geschichte von den jeweils verdoppelten Reiskörnern auf den 64 Schachbrettfeldern.
Mit einer Geige wird die Geschichte von Philidor, dem Simultanspieler und Musiker dargestellt. Zu den besonders seltenen Exponaten gehört das Schachspiel von Villeroy & Boch, das sich wohltuend von den Duscharmaturen und Toilettenschüsseln des Sanitärfabrikanten abhebt. Auch die Coca-Cola-Edition ist mehr als ein Blickfang. Die Ausstellung zeigt Exponate der Schachgeschichte aus verschiedenen Zeitepochen seit dem 12. Jahrhundert aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen und gefertigt aus den gegensätzlichen Werkstoffen von Holz über Plastik bis Metall, Ton, Gips oder Schrauben, Muttern und Unterlegscheiben. Alles geht!
Der König spricht Englisch
Sogar ein Nachbau des ersten Schachautomaten ist zu bewundern. Ermöglicht hat das Museum die Gemeinde Lohfelden im Jahr 2015 in einem Raum, in dem die Volkshochschule außerdem noch ihren Englischunterricht anbietet. Damit sind die Schätze jederzeit sichtbar und wer das Museum besuchen möchte, darf Bernd Besser (Tel. 05 61 / 51 39 36) oder Kalle Kuhn (Tel. 05 61 / 51 69 31) gerne anrufen und einen Termin vereinbaren. (rs)
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