Dem Bösen trotzen
SCHWALMSTADT-TREYSA. Mit einer Andacht am Mahnmal neben der Hephata-Kirche gedenkt die Hephata Diakonie am Buß- und Bettag (Mittwoch, 22. November 2023) um 10:15 Uhr der Morde an Menschen mit Behinderungen im Dritten Reich. Die Vorbereitungsgruppe spannt den inhaltlichen Bogen dieses Mal von der NS-Zeit zu aktuellen Kriegen, Terror und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in unserem unmittelbaren Umfeld.
Die Liturgie der Gedenkveranstaltung übernehmen wie jedes Jahr Klienten, Mitarbeitende und Studierende aus den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und der Akademie für soziale Berufe. Sie erinnern an die Deportation von rund 400 Menschen mit Behinderungen aus Einrichtungen der Hephata Diakonie in den Jahren 1937 bis 1939. Die meisten von ihnen wurden von den Nazis zunächst in staatliche Heime verbracht und später in Tötungsanstalten ermordet.
„Warum konnten die Nationalsozialisten das machen?“, fragt der Text der Gedenkliturgie, der in vereinfachter Sprache verfasst ist. Die Erklärung: „Die Nationalsozialisten sagten: Menschen mit Behinderungen und Kranke sind eine Belastung für alle. Die Nazis machten Propaganda. Die Menschen hörten auf die Nazis und dachten: Menschen mit Behinderungen sind nichts wert, aber kosten viel Geld für den Staat.“
Eine Vertiefung des Themas „Menschenbilder und Soziale Arbeit“ bietet die Hephata-Akademie im Anschluss an die Gedenkveranstaltung für ihre Studierenden in mehreren Workshops an, die sich unter anderem dem aktuell wieder aufkeimenden Rechtsextremismus widmen. Die Andacht am Mahnmal ist wie immer öffentlich, die musikalische Gestaltung übernehmen Fabian Zimmer sowie die Gruppe „United spirits“, die sich aus Studierenden der Akademie zusammensetzt.
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Hephata-Vorstandssprecher Pfarrer Maik Dietrich-Gibhardt geht in seiner Ansprache auf das von der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ausgerufene Motto des Buß- und Bettags 2023 ein: Trotzdem! Dabei benennt er das Massaker der Hamas vom 7. Oktober, den Krieg Putins gegen die Ukraine, das Ertrinken der Flüchtlinge im Mittelmeer und den unverhohlenen Antisemitismus auf deutschen Straßen genauso wie steigende Islamfeindlichkeit, die nicht zwischen der Religion und dem menschenfeindlichen Islamismus unterscheidet. „Trotz dieser Nachrichten, Ereignisse, Ängste und Sorgen, trotz all dieser Angriffe auf die Menschlichkeit in Geschichte und Gegenwart ist es keine Option, das alles widerspruchslos hinzunehmen“, betont Dietrich-Gibhardt und lädt zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung ein: „Dem Hass und der Menschenfeindlichkeit nicht das Feld zu überlassen. Trotzdem den Mund aufmachen, trotzdem Haltung zeigen, sich trotzdem engagieren, persönliche ,Trotzdem-Momente‘ teilen und feiern – und so dem Bösen trotzen, darum geht es.“ (wal/pm)
2 Kommentare
@KLAUS B.
ja leider war das so und Heute wird das alles unter dem Mantel des Schweigens sehr gut Verborgen und die wenigen Zeitzeugen die es noch gibt werden auch immer weniger und das Spielt den Tätern sehr gut in die Hände.
Auch in Hephata gab es in der schlimmsten Zeit von Deutschland viele stramme NSDAP und SA Mitglieder die sogar einen Mitbruder ans Messer Geliefert hatten und auch für Deportationen verantwortlich waren.
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