Selbstbehauptungskurs im Jugendzentrum Second Home
BAUNATAL | SCHAUENBURG. Für 18 Kinder und Jugendliche aus Baunatal und Schauenburg ist dieses Wochenende ein sehr außergewöhnliches. Sie lernen gemeinsam mit zwei Trainerinnen, wie man sich als Mädchen in brenzligen, bedrohlichen Situationen behauptet und solche möglichst vermeidet. Kinder und Jugendliche mit selbstbewusster Körpersprache werden seltener Opfer.
Mädchen sind gefährdeter als Jungen, werden häufiger Opfer von Gewalt und sexuell motivierten Übergriffen. Anette Messing ist Diplom Sozialpädagogin und Diplom Supervisorin und reist einmal im Jahr aus Solingen an, um Mädchen im Alter von 8 bis 13 Jahren im Jugendzentrum Second Home gemeinsam mit Streetworkerin Lisa Freund-Obruschnik zu befähigen, mit solchen Situationen umzugehen, sie abzuwehren und möglichst gar nicht erst zu erleben.
Körpersignale erkennen und selbst setzen – das unfreundliche „Sie“
Spielerisch lernen sie in Übungen, Gesprächen sowie Rollenspielen, wie man gefährliche Situationen erkennt und reagiert, wenn es kritisch wird. Dazu gehören auch Annäherungsmethoden wie Cybergrooming, mit der meist ältere Männer versuchen, in sozialen Medien Zugang zu jüngeren Mädchen zu finden. Die Mädchen lernen ihre natürlichen Alarmfunktionen wahrzunehmen, Körpersignale von Angreifern zu identifizieren und durch gute Vorbereitung und Abwehrtechniken selbstbewusster aufzutreten. Bei allmählicher Annäherung ist ein Fremder irgendwann nicht mehr fremd.
Anette Messing erklärt, wie wichtig es ist, Ungereimtheiten auch den Eltern mitzuteilen und nichts zu verheimlichen. Auch die Frage, wer eigentlich fremd ist, wird besprochen. Oft sind es Bekannte, die übergriffig werden. Umso wichtiger ist es – ganz gleich wer angreift –, verbal nicht mit „Du“ zu reagieren, sondern laut zu rufen: „Lassen Sie mich los!“ In der Öffentlichkeit ist das ein deutliches Signal dafür, dass es nicht die Eltern oder Verwandte sein können, die das Kind zur Ordnung rufen wollen, sondern böswillige Angreifer.
Schreien und Abwehren
Das Schreien ist immer die erste Abwehrreaktion. Danach werden die Schockpunkte „angegriffen“, durch Treten oder Schlagen und schließlich wird weggerannt. Die Kinder und Jugendlichen lernen Grundtechniken der Selbstverteidigung und der Kampfsportart Ju-Jutsu, um Greifen oder Würgen abzuwehren.
In Partnerübungen und auf der Trainingsmatte geht es richtig zur Sache und am Ende wissen die Mädchen, wie man Griffe ansetzt, Griffen aus dem Weg geht oder sie löst und vor allem böse schaut. Am besten mit direktem Blick in die Augen oder auf die Nasenwurzel. Das verunsichert Angreifer und stärkt das Selbstbewusstsein der Angegriffenen. Zügig begreifen die Mädchen, wie schnell Selbstbewusstsein entsteht und Sicherheit im Handeln. Allein das hilft dabei, in unangenehmen Situationen klarzukommen. Es gibt heute Abend wieder 18 junge Mädchen mehr, die sich besser behaupten und schützen können. (rs)