Festung Ziegenhain feiert in 2024
SCHWALMSTADT. Große Ereignisse fanden 1539 nicht statt. Der Frankfurter Anstand bestätigte den Status quo zwischen Protestanten und Katholiken im Reich. Die Spanier landeten in Florida und in Europa begann Ende des Jahres bereits die lange Dürre, die sich in Mittel- und Nordeuropa bis Ende 1540 fortsetzte. In Ziegenhain begann der Bau der Wasserfestung und Landgraf Philipp lud dorthin ein.
„Es war hier in Schwalmstadt-Ziegenhain“, schreibt Dekan Christian Wachter über das vielleicht einzige weltweit relevante Ereignis dieses Jahres, „wo im Jahre 1539 mit der Ziegenhainer Kirchenzuchtordnung ein Grundstein für ein weltweit gefeiertes christliches Ritual gelegt wurde: die Erfindung der Konfirmation. Dieser bedeutende Akt des Glaubens ist nicht nur ein Zeugnis des tiefen geistlichen Erbes der Stadt, sondern stellt auch einen Meilenstein in der christlichen Geschichte dar.“
Es soll ein Wir-Gefühl entstehen
Die Gründung der Festung und der Beginn der heute von allen evangelischen Christen gefeierten Reformation fallen zusammen. Es dauert noch elf Monate, dann feiert Schwalmstadt 485 Jahre Wasserfestung Ziegenhain. Der Gastgeber der gestrigen Pressekonferenz, Museumsleiter Wilfried Ranft, kalauerte, dass Ziegenhain keiner kennt, die Festung keiner kennt und auch die Konfirmationsstadt keiner kennt. Er geht davon aus, dass ein Ereignis, das für 2024 im Bereich der Festung geplant ist, so weit ausstrahlen wird, dass sich das ändert.
Vom 20. bis 22. September verwandelt sich der Ziegenhainer Festungsbereich in eine mittelalterliche Stadt, mit Lagern, Märkten, altem Handwerk und Soldaten. Der Vorsitzende des „Verein zur Förderung der Konfirmationsstadt e.V.“, Christian Wachter, hofft auf ein entstehendes Wir-Gefühl der Ziegenhainer und möchte den Bezug der Menschen zu ihrem Ort verbessern. Es sei wichtig „Bewusstsein zu schaffen für das, was wir hier haben.“ In der Tat hat auch das mit Abstand teuerste Stadtmarketing der Region wenig positives beitragen können. Das wird Sache de Bürger, der Vereine und der Ehrenamtlichen bleiben.
Gründung der Festung und Konfirmation fielen zusammen
Schon einmal, nämlich im Jahr 2014, hat die Festung gefeiert. Damals waren es 475 Jahre und Gastgeber war der mit dem Arbeitskreis Festung auch Verein, der von Ehrenamtlichen getragen wird. Jetzt übernehmen die „Konfirmanden“ die Regie und planen Bedeutsames. Bürgermeister Tobias Kreuter erinnert sich an die Veranstaltung vor zehn Jahren, „die schon etwas Besonderes war“. Genauso wie die Wasserfestung etwas Besonderes ist und natürlich der historische Saal, in dem die Kirchenzuchtordnung unterzeichnet wurde. Heute, so Kreuter, in der JVA gelegen, kann man sie nicht einfach besuchen. Außer natürlich, man wird dort zu etwas längeren Aufenthalten verpflichtet.
Fest wie Ziegenhain hieß es schon 1539, als die Festung zu den sichersten und bedeutsamsten in Hessen zählt. Damals galt, dass niemand eindringen kann, heute ist es umgekehrt.
Drei Tage lang wird Ziegenhain zurückversetzt ins Mittelalter
Die weiteren Vereinsmitglieder Markus Stübing, Matthias Reuter, Rüdiger Waldmann und Gerhard Reidt stellten das Programm vor. Danach dürfen sich die Besucher sich auf zahlreiche Darstellungen aus fast fünf Jahrhunderten Stadtgeschichte freuen, die von vielen Vereinen vorgestellt werden. Landgraf Philipp, der die Burg zu einer wehrhaften Festung umgestaltete und maßgeblich an der Kirchenzuchtordnung beteiligt war, wird im Zentrum des Festgeschehens stehen.
Die Bürgergarde der Festung Ziegenhain wurde zeitgleich mit dem Bau der Festung gegründet. Der heutige Schützenverein 1539 Ziegenhain e. V. hat sich aus dieser Bürgergarde entwickelt. Ein weiterer wichtiger Teil der Geschichte Ziegenhains im 18. Jahrhundert, die Rekrutierung hessischer Soldaten für den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, wird ebenfalls präsentiert.
Die Tafeley in der Reithalle – Festungsbier vom Haaße
Reenactment-Gruppen aus ganz Deutschland werden das historische Flair in der Festung zum Leben erwecken. In den Festungswiesen entstehen große Lager, die den historischen Alltag widerspiegeln. Ein weiteres Highlight ist die „Tafeley am Hofe des Landgrafen“, bei der die ehemalige, von den französischen Besatzern der Festung Anfang des 19. Jahrhunderts erbaute Exerzierhalle (früher hessisches Landesgestüt, heute Reithalle des Schlossgestüts) in einen prächtigen Festsaal verwandelt wird, schilderte der frühere Hoteldirektor Gerhard Reidt. Für die Speisen ist Familie Schmidt aus dem Rosengarten zuständig. Am 20. und 21. September erwartet bis zu 230 Gäste ein fürstliches Festmahl mit großem Unterhaltungsprogramm und einem Empfang am Paradeplatz Die Teilnehmer werden gebeten, in historischer Gewandung zu erscheinen. Dies ist jedoch keine Pflicht. Zu der Tafeley sind Reservierungen über die Webseite www.festung-ziegenhain.de erforderlich. Karten können bereits jetzt erworben werden.
Doch das ist nicht alles. Ein buntes Rahmenprogramm aus Musik, Gaukelei und Angeboten für Kinder sowie kulinarische Köstlichkeiten und Speisen aus der damaligen Zeit warten auf die Besucher. Zahlreiche Künstler sorgen für erstklassige Unterhaltung. Das extra gebraute Festungsbier versöhnt die heutigen Stadtteile von Schwalmstadt, den es wird von der Brauerei Haaß in Treysa gebraut.
Zeitreise als besonderes Merkmal
Gleich zu Beginn des Festes am Abend des 20. September werden die letzten Figuren der Konfirmationsskulptur von Lutz Lesch enthüllt. Der Veranstalter, der Verein zur Förderung der Konfirmationsstadt, lädt alle Interessierten herzlich ein, dieses Großereignis zu erleben und sich von der Geschichte Ziegenhains verzaubern zu lassen. Nicht nur am Lüdertor, auf dem Paradeplatz, sondern auch auf den Wiesen hinter Kornhaus und anderen Plätzen im Bereich der Festung wird gelagert, aber gefeiert, getrunken und Markt gehalten.
Das Netzwerk, so der Verein, ist größer geworden. Mit der Bekanntgabe des Festes kommen die Anfragen. Als Besonderheit schildert Christian Wachter die geplante Zeitreise durch fünf Jahrhunderte. Es wird nicht nur das Mittelalter pauschal dargestellt, sondern die einzelnen Phasen der Festungsgeschichte. Das unterscheidet die 485-Jahr-Feier von den üblichen Mittelaltermärkten.
Viel Ehrenamt, etwas Geld von der Stadt und Boris Rhein als Schirmherr
Schon jetzt sind es viele Menschen, die dafür ehrenamtlich die Zeit opfern und deshalb, so Bürgermeister Tobias Kreuter, gehört es auch dazu, die Veranstaltung seitens der Stadt finanziell zu unterstützen.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein hat die Schirmherrschaft des Festes übernommen und würdigt damit die immense historische Bedeutung der Festung. Die Stadt trägt – verliehen vom Land Hessen – seit 2017 den ehrenvollen Titel „Konfirmationsstadt“. (Text: Rainer Sander | Bilder: Alexander Wittke)
8 Kommentare
Blödsinn!
Quelle: Haushalt der Stadt Schwalmstadt
diese Antwort war zum Kommentar von Reinhard, sorry. Vlt, kann der Admin sie dahin verschienen?
Verschieben können wir nichts. Bitte neu kommentieren.
Noch so ein wichtiges Fest 🤣
Noch so ein wichtiger Kommentar
Hat die Stadt Schwalmstadt auch die ganzen Feiern auf den Dörfern unterstützt? Ziegenhain kann kein großes Fest ohne die Unterstützung der Stadt. Jeder Ehrenamtliche auf dem Dorf ärgert sich doch über so etwas. Kann hier nichts mal von einem oder mehreren Vereinen zusammen organisiert werden ohne das die Stadt noch Geld investieren muss? Es ist ja schön dass es dieses Fest geben soll, aber jedes Dorf hätte es ohne Stadt gemeistert. Oder wird das Geld von den Gewinnen zurück bezahlt?
Äpfel und Birnen
1. Hier geht es nicht um ein Dorfjubiläum, das mit viel Ehrenamt und Engagement durchgeführt wird und in erster Linie eine Dorfinterne Feier ist, sondern um die kommerzielle Vermarktung des Standortes Schwalmstadt im Zusammenhang Tourismus und Forte Cultura. Dazu gehört die Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten und ein entsprechendes Marketing.
2. Ich kenne etliche Protagonisten aus den Dörfern, die grade ihre Feste gefeiert haben, alle waren sehr zufrieden mit der Unterstützung der Stadt, die durchaus jenseits von finanziellen Mitteln stattgefunden hat. Ihre Feststellung des Ärgers ist ihr persönliche und real nicht existente Wahrnehmung.
3. Es sind etliche Vereine mit im Boot.
4. Wenn Gewinne entstehen ist der Zuschuss obsolet, weil er mit dem sowieso durch die Stadt noch zu leistenden Zuschuss zur Ausgestaltung des Paradeplatz verrechnet wird.
genau, meine Rede seit Jahren, immer nur Ziegenhain…
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