STREBENDORF. Ein Transponder, ungefähr so groß wie ein Geldbeutel, hängt am Hals einer Kuh. Er erfasst, wenn die Kuh kaut oder sich bewegt. Dank dieser Transponder wissen die Melkroboter, ob die Kuh bereits wieder gemolken werden sollte oder ob sie lediglich nach Mineralfutter verlangt, das sie normalerweise als Belohnung für ihre Milch erhalten hätte.
Im Stall von Dr. Tobias Schmitt in Strebendorf tragen etwa 160 Transponder an den Halsbändern von schwarz- und rotbunten Kühen rund um die Uhr Daten zusammen. Dies geschieht seit März, als dort drei Melkroboter in Betrieb genommen wurden.
Während eines Besuchs mit Ronny Mohr, dem Leiter des Vogelsberger Amtes für Wirtschaft und den ländlichen Raum, konnte Landwirtschaftsdezernent und Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak einen Einblick in den modernen Milchviehbetrieb gewinnen. Dr. Mischak kommentierte den Besuch im Lehrbetrieb mit den Worten: „Der Familienbetrieb hat Lösungen für eine drängende Frage in der Landwirtschaft gefunden. Der Fachkräftemangel betrifft auch den Agrarsektor. Der Betrieb setzt auf sinnvolle Investitionen in Melktechnik und Betriebsabläufe einerseits und auf Investitionen in den Berufsnachwuchs andererseits.“
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Während des Rundgangs erläuterten Dr. Tobias Schmitt und Senior-Chef Alwin Schmitt die Entwicklung des Betriebs, der derzeit 143 Hektar Grün- und Ackerland bewirtschaftet. Sie berichteten, dass die Hofstelle im Ort um die Jahrtausendwende zu klein wurde, was zur Errichtung eines Boxenlaufstalls außerhalb von Strebendorf führte. Die Milchkühe zogen um, während das Jungvieh am alten Hof blieb. Dies führte zu erheblichem logistischem Aufwand und schließlich zur Entscheidung, den Aussiedlerhof umzustrukturieren. Eine großzügige Lagerhalle wurde in einen modernen Boxenlaufstall umgebaut, und im Jahr 2013 wurde der Betrieb an einem Standort zusammengeführt.
Während des letzten Modernisierungsschritts, der 2022 begann, lag der Schwerpunkt auf der Melktechnik und natürlich auf der Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Die bewusste Wahl fiel daher auf Melkroboter, die das arbeitsintensive Melken im 12-Stunden-Takt über den Tag verteilen. Dies entlastete den Familienbetrieb erheblich, der derzeit mit einem Mitarbeiter und einem Lehrling arbeitet. Dr. Schmitt bemerkte jedoch: „Dies ist definitiv eine Erleichterung. Die Arbeit ist jedoch nicht weniger, sondern anders.“ Der digitalisierte Stall sammelt nun umfangreiche Daten über die Kühe. „Früher mussten wir zweimal täglich jedes Euter von Hand überprüfen, aber heute übernimmt der Roboter die Messung der Milchzusammensetzung und sammelt Gesundheitsdaten der Kühe“, erklärte der Landwirt. Statt eines direkten Blicks auf die Herde erfordert die Arbeit nun das Durchgehen einer umfangreichen Datenmenge am Computer, um nach auffälligen Werten zu suchen. „Die Landwirtschaft entwickelt sich kontinuierlich weiter“, betonte Schmitt.
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Die fortlaufenden Modernisierungen und Anpassungen sind zwar unverzichtbar, bringen jedoch auch Herausforderungen mit sich. Die Balance zwischen hohen Investitionskosten und dem starken Preisdruck bei Futter- oder Betriebsmitteln sowie auf dem Milchmarkt stellt die Landwirtschaft vor erhebliche Probleme, so Schmitt. Dies wird noch komplizierter durch den hohen regulatorischen Aufwand, den Land, Bund und EU den Betrieben auferlegen. Schmitt machte deutlich, dass es oft an Informationen mangelt, wenn wichtige Entscheidungen für die Landwirtschaft getroffen werden. Dies führt in der Praxis immer wieder zu Unverständnis und Frustration. Hinzu kommt, dass die Landwirtschaft in der Gesellschaft großen Interessen unterliegt, wobei emotionale Diskussionen oft auf Faktenmangel basieren und die Praxis nicht ausreichend einbeziehen. „Daher ist es besonders wichtig, zu zeigen, was die Landwirtschaft ausmacht und wie sie funktioniert“, betonte Dr. Mischak. Nur so könne der Diskurs fair und sachlich bleiben, unterstrich der Landwirtschaftsdezernent und erinnerte daran: „In vielen Bereichen hat sich in den letzten Jahren viel getan, auch in Bezug auf Tier- und Naturschutzvorgaben. Das kann jeder überprüfen. Unsachliche und emotionale Debatten führen nicht weiter“, schloss Dr. Mischak und warb abschließend für ein größeres Interesse an der Landwirtschaft. (wal)
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