SCHWALMSTADT. Selbst der Wettergott meinte es gut mit den Jubiläumsfeierlichkeiten zur deutsch-belgischen Freundschaft.
Gerade als die ersten geleerten Platten, auf denen die belgischen Spezialitäten am Freitagvormittag auf dem Markt präsentiert worden waren, zusammengestellt wurden, setzte der Regen ein. Nach einem kurzen Schauer legte er eine Pause ein, um den Gästen mit Frau Schneider-Scholz eine trockene Stadtführung zu ermöglichen.
Auch die mitgereisten belgischen Jugendlichen, die bereits morgens zu einer Stippvisite nach Frankfurt aufgebrochen waren, wurden trotz anderslautender Vorhersagen vom Regen verschont. Den Nachmittag, der zur freien Verfügung stand, verbrachten viele in den Familien bei Kaffee und Kuchen, geschützt vor dem erneut heftig strömenden Regen.
Gegen 17 Uhr brach dann die Sonne durch, um die Tische und Bänke auf dem Paradeplatz zu trocknen. Dort unterhielt das Blasorchester Schwalmstadt unter der Leitung von Dr. Karsten Heyner die Besucher mit einem Repertoire von Swing über Polka, Tango und Abba bis hin zur Popmusik. Nach einer kurzen Umbaupause rundete die „Kleine Besetzung“ des Orchesters mit neuartigen Interpretationen im Stil der Tiroler Blasmusikformation „Viera Blech“ das Konzert ab.
Für das leibliche Wohl sorgte das Team der Bodega del Castillo mit Paella, Gyros, Bratwurst und passenden Getränken. Mit Einbruch der Dunkelheit erzeugte die romantische Illumination unter den Schirmen der Bodega und rund um den gesamten Platz eine angenehme Stimmung. Der mitgereiste belgische Diskjockey Gerrit de Chou untermalte dies mit einer bunten Mischung aus deutschen Schlageroldies, Rock, Pop und Tanzmusik, sodass der aufkommenden Kühle mit Tanz und Bewegung begegnet werden konnte.
Einer der Höhepunkte der Jubiläumsfeier fand am darauffolgenden Samstagmittag statt: Nach dem heftigen Gewitter in der Nacht war der Rasen im Stadion des TSV Allendorf gerade so weit getrocknet, dass das geplante Fußballturnier stattfinden konnte. Jürgen Berger, Vorsitzender des TSV Allendorf, hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, das Freundschaftsspiel zu organisieren. Insgesamt traten fünf Mannschaften zum „Jeder gegen Jeden“-Turnier an. Auch Bürgermeister Tobias Kreuter ließ es sich nicht nehmen, die Spieler mit seinem Können als geübter Torwart zu unterstützen. Gespielt wurde auf dem Kleinfeld jeweils viermal 12 Minuten mit je fünf Mann pro Team.
Am Ende siegten die beiden Mannschaften der Stadt Schwalmstadt vor der Mannschaft aus Zwalm, die den dritten Platz belegte. Die Plätze 4 und 5 gingen an die Spieler aus Frankenhain und Allendorf. Alle erhielten eine Urkunde und eine Kiste Jubiläumsbier sowie – was am wichtigsten war – ein Extralob von Jürgen Berger für das durchgängig hervorragende Fairplay aller Spieler, die sich mit großer Spielfreude und viel Engagement ins Zeug gelegt hatten.
Für Geschichtsinteressierte wurde in der Gedenkstätte Museum Trutzhain eine Führung angeboten.
Im Verlauf des frühen Abends traf auch der belgische Bürgermeister Bruno Tuybens ein, um am festlichen Galaabend teilzunehmen. Gemeinsam mit Bürgermeister Tobias Kreuter besiegelte er mit der Unterzeichnung einer Urkunde die Fortführung der seit 1973 bestehenden freundschaftlichen städtepartnerschaftlichen Beziehung.
Bürgermeister Kreuter hob zu Beginn der Feier in seiner Rede hervor, dass die Beziehung nicht nur zwischen den Städten enger geworden sei, sondern sich im Laufe der Jahre auch enge persönliche Freundschaften, teilweise über Generationen hinweg, gebildet hätten. Anwesend unter den Gästen war zum Beispiel Lydie Rogiers, die Fotos aus dem Jahr 1972 mitgebracht hatte, als sie schon vor der eigentlichen Vereinsgründung zu Gast in Ziegenhain war. Zusammen mit ihrem Mann Julien hat sie seitdem oft die Schwalm besucht. Zum diesjährigen Jubiläum war die ganze Familie mit drei Generationen anwesend, alle engagieren sich aktiv im Vereinsleben.
Kreuter betonte, er habe sich spontan gut mit seinem Amtskollegen aus Belgien verstanden und wolle seinen Teil dazu beitragen, die Freundschaft zu Zwalm weiter zu pflegen. Er dankte allen Anwesenden dafür, dass sie die freundschaftlichen Bande mit ihrem Engagement und ihrer Gastfreundschaft am Leben erhalten. Die erstmalig mitgereisten jungen Leute geben Hoffnung, dass die gemeinsame Freude am Fußball auch wieder junge Menschen für die Partnerschaft begeistern kann.
Als „Gesten zur Festigung der Freundschaft“ erwähnte er die Umbenennung des ehemaligen „Schwarzen Wegs“ in Zwalmstraße sowie die Erbauung und Einweihung der „Schwalmstadtbrugg“ in Zwalm vor 10 Jahren.
Auch der belgische Bürgermeister Bruno Tuybens bedankte sich für die Gastfreundschaft und die gute Betreuung. Er erinnerte daran, dass 1973 die Urkunde von Bürgermeister George unterzeichnet wurde, und erwähnte einige Ereignisse aus dieser Zeit, die sich für manche jüngeren Anwesenden sicherlich wie Szenen aus Geschichtsbüchern anhörten.
Mit Blick auf die Unterzeichnung der Urkunde drückte er die Hoffnung aus: „Möge unsere Freundschaft ein Baustein für unser vereintes Europa sein! Unsere Partnerschaften in Europa spielen eine große Rolle für den Respekt gegenüber anderen Kulturen und die Solidarität mit Menschen in Not.“ Die Erneuerung der Urkunde gehe einher mit dem Bemühen, neue Führungskräfte zu finden, damit auch ein 100. Jahrestag gefeiert werden könne.
Stadtverordnetenvorsteher Reinhard Otto richtete neben seinen Dankesworten einen Appell an die Bürger, sich weiterhin zu engagieren, denn die Partnerschaft lebe vom direkten Kontakt zwischen den Menschen.
Abschließend ergriffen auch die beiden Vereinsvorsitzenden das Wort. Astrid Quernheim sprach von der Städtepartnerschaft als „Brückenbau“ zwischen Belgien und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. „Und dass diese Brücke nun schon 50 Jahre hält, darauf können wir stolz sein!“ Nun gelte es aber auch, in die Zukunft zu blicken, neue Ziele anzustreben und die Freundschaft mit Leben zu füllen. Frans Verlaeckt ging in seinem Redebeitrag auf die Ursprünge der Städtepartnerschaft ein: Renaat Van de Zijpe hatte seinerzeit die Schwalm besucht, während er an einer Recherche über die Brüder Grimm arbeitete. Beeindruckt von der Namensähnlichkeit zwischen Zwalm und Schwalm, brachte er die Idee der Städtepartnerschaft ins Rollen.
Nach der feierlichen Unterzeichnung der Urkunde begann der gemütliche Teil des Abends, und das reichhaltige Buffet wurde eröffnet. Neben den Gastfamilien und ihren Gästen waren auch Mitglieder der städtischen Gremien aus Schwalmstadt und Zwalm sowie die Landtagsabgeordnete Regine Müller anwesend. Die Gäste freuten sich besonders über das Wiedersehen mit alten Bekannten und tauschten Erinnerungen aus.
Doch dieser feierliche Abend sollte noch nicht das Ende des Jubiläumsfestes markieren. „Als Zeichen der Freundschaft“, so der Bürgermeister, versammelte man sich vor der Heimreise am Sonntagmorgen an der Zwalmstraße, um gemeinsam einen Trompetenbaum zu pflanzen. Denn wie die Freundschaft wachsen soll, wächst auch ein Baum. Sowohl Freundschaft als auch Baum müssen gepflegt werden, um zu gedeihen. Zu viert griff man zu den Schaufeln und setzte Baum und Gedenktafel in das vorbereitete Erdloch. Für ein gutes Anwachsen hatte Stefan Pinhard extra eine Gießkanne Wasser aus der Schwalm geholt, und Vorsitzende Astrid Quernheim goss den stattlichen Wurzelballen sorgfältig an.
Nach diesem letzten Akt fiel vielen der Abschied sichtlich schwer, und es dauerte einige Zeit, bis der letzte Gast in den Bus gestiegen war. (Susanne Reutter/pm/wal)
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