Jon Anderson als „Musikdozent“ der Rock Academy
BREITENBACH AM HERZBERG. Wer hätte das wohl gerne? Eine Schule, in der auf dem Lehrplan Rockmusik steht? Nur Rockmusik! Paul Green hat sie verwirklicht. Seine Schüler in der „Rock Academy“ lernen Gitarre, Bass, Keyboard, Schlagzeug, Blasinstrumente, Singen und vor allem eins: als Band zusammenzuspielen. Das Gelernte können sie einmal im Jahr beweisen.
Dann nämlich gehen sie mit einem bekannten Musiker auf Welt-Tournee. Aktuell sind sie mit Jon Anderson unterwegs. Gestern Abend spielten sie als Headliner beim Herzberg Festival. Vor dem Auftritt wird auf der Bühne schnell klar: Das erfordert Disziplin. Der Ton ist stellenweise rau, und bei einer großen Truppe dauert der Soundcheck ein paar Minuten länger.
Musikalische Herausforderung
Los gehts mit „Yours Is No Disgrace“ und wer kurz (oder lang) die Augen geschlossen hat, konnte das Gefühl bekommen, da stehen tatsächlich Yes auf der Bühne. Nun standen Yes nie im Verdacht der Einfachheit. Die Kompositionen der Gruppe erfordern durchaus überdurchschnittliches Können und hohe Musikalität. Die Studierenden meistern jede noch so anspruchsvolle Passage meisterlich und routiniert. Das setzt sich fort bei „I’ve Seen All Good People“ und „Owner Of A Lonely Heart“.
Bei „Close To The Edge“ geht es bunt zu auf der Bühne und „I Get Up, I Get down“ kommt wuchtig rüber. Zwei Keyboardschüler ergeben einen Wakeman und zwei Gitarristen einen Steve Howe. Die Rockschüler performen sichtlich gerne. Kleidung „out of the box“ und souveräne Bewegungen beherrschen die Szene. Kommende Rockstars eben?
Alles „Yessongs“ – 50 Jahre ist es her …
Inmitten der „Jungschar“ steht Senior Jon Anderson mit 75 Lebensjahren und einer unvergleichlichen, einzigartigen Stimme und feuert seine jungen Musiker immer wieder an. „50 years ago“ sagt er vor „And You And I“ und es erklingt Sound wie aus dem original Moog Synthesizer, ganz besonders im Mittelteil. Je später der Abend, desto besser die Soli und souveräner die Choreografie.
Flageolett? „Roundabout“! Die „Abiklasse“ tanzt zu Hammond Sounds und wuchtigem Bass wie auf den Yessongs. Ich denke an Speakeasy-Abende in Borken-Nassenerfurth. Die sind so weit weg wie der Regen am gestrigen Abend. Der Matsch war griffiger und klebriger vor der Bühne. Mittanzen ging also wieder. Eine erfrischende Vorstellung mit alten Kompositionen, die sicher auch für Jon Anderson eine spannende Reise in die Vergangenheit war. Schließlich hatte er ein erfolgreiches Musikerleben nach Yes. (Rainer Sander)
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