Dr. Mahai Li in Baunatal zum Thema KI in Unternehmen
BAUNATAL. Dirk Wuschko hatte für die Wirtschaftsgemeinschaft unter Stadtmarketing Baunatal eingeladen. Rund 100 Unternehmerinnen, Unternehmer, Soloselbstständige aus Industrie, Handwerk, Dienstleistung, Einzelhandel oder Gastronomie strömten ins Cineplex Baunatal, um auf riesige Leinwand, teilweise in Live-Präsentationen Künstliche Intelligenz zu begreifen und nachzuvollziehen.
Dr. Mahai Li forscht und lehrt an der Universität Kassel zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) und versteht es, ein Thema so zu transportieren, dass ein Vortrag genauso spannend ist wie der Umgang mit künstlicher Intelligenz.
Es geht nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“
Eines wurde nach wenigen Minuten deutlich. Es geht längst nicht mehr darum, ob wir Künstliche Intelligenz wollen oder nicht, ob wir sie verhindern können oder fördern, ob wir ihr entgehen möchten oder mitspielen. Sie ist da, so Dr. Mahei Li: „Die Büchse der Pandora ist offen, es geht nicht mehr zurück.“
Im November war die Welt schlagartig ein klein wenig anders, als OpenAI mit seiner Anwendung Chat GPT an den Start ging. Es war einfach da … Schon im März kam das Stopp, als das Unternehmen erkannte, es braucht eine Pause. Auch Elon Musk, der einst im Projekt dabei war, sprach sich für eine Moratorium aus. ChatGPT hat sich von allein weiterentwickelt und Sprachen gelernt.
Fluch und Segen sind zwei Seiten ein und derselben KI
Eine zentrale Frage, so der Referent, wird sein: „Wie gehen wir mit Datenschutz um?“ Dort, wo uns KI nützt, dürfte die Neigung größer sein, mit Datenschutz großzügig umzugehen, wo sie vermeintlich schadet, wird Datenschutz eine größere Rolle spielen. Es wird Länder geben, die Datenschutz einfordern und solche, die ihn missachten werden. Und weil das Netz keine Ländergrenzen kennt, wird die digitale Welt zukünftig spannender werden. Dabei liegen Fluch und Segen unmittelbar beieinander.
Eine Funktion wie „Be My Eyes“ ist perfekt geeignet zur Unterstützung für Blinde. Wenn Künstliche Intelligenz Bilder beschreiben kann, weil es bekannte Elemente findet, trägt es perfekt zur Inklusion bei. Wenn Sie Stimmen und sogar Menschen in Videos perfekt klonen kann, wird eine Version des Enkeltricks mit Originalstimme oder gar Video-Call womöglich zum perfekten Verbrechen. Es ist heute schon schwer zu erkennen, was wahr ist und was nicht, was echt und was designed.
Annäherung an die Wahrscheinlichkeit
Die Zugriffszahlen erreichen längst die der kostenlosen Sozialen Medien. KI kann inzwischen die schlechtesten Handschriften erkennen und verfügt über Deutungskompetenz. Das Interface zum Menschen ist gebrochen. KI kann inzwischen Menschen kopieren und ersetzen.
Grenzen setzt das Urheberrecht, wobei Programme wie chatGPT keine Texte kopieren, sondern immer wieder neu generieren. Selbst bei gleichlautenden Anfragen lautet das Ergebnis immer anders. Eine Reproduzierbarkeit ist nicht gegeben. Der Kontext ist ausschlaggebend. So entscheidet Chat GPT immer nach der höchsten Wahrscheinlichkeit. Eine sehr kalte Kalkulation.
Vom Mietvertrag bis zur eigenen App oder der Eierlegenden Wollmilchsau
Noch sind wir Menschen in der Lage zu erkennen oder zumindest zu erahnen, was echt und was unecht ist. Immerhin 18 Prozent der Nutzer setzen chatGPT beruflich ein, aber erzählen darüber nichts. Mahei Li zeigt eine Handvoll an Möglichkeiten. Das Programm kann einen Mietvertrag schreiben, der nicht erlaubt ist. Aber auch darauf kann es bereits hinweisen. Es findet einen Job on Baunatal und erstellt für die Bewerbung ein entsprechendes Motivationsschreiben. Auch Fragen für Bewerbungsgespräche zu generieren, ist kein Problem.
ChatGPT kann eine Vertragsprüfung durchführen und Anleitungen durchsuchen. Wer möchte, kann sich eine Software schreiben lassen und bekommt dazu eine Rundumbetreuung, um das Programm zu implementieren. Schritt für Schritt. Oder wie wär‘s mit einer eigenen App?
Dall.E.2, die Schwester von chatGPT zur Bilderstellung, kann sogar endlich die Eierlegende Wollmilchsau visualisieren. Nachdem der Referent zur Begrüßung ein Video komplett von KI hatte erstellen lassen, sorgte der Chatbot für das digitale Rathaus in Baunatal, in dem der künstliche Gesprächspartner sogar Absichten erkennt, für eine weitere praktische Anwendungsperspektive.
Entscheiden, was man verantworten kann …
Klar ist, dass viele Hersteller wie OpenAI sogar selbst Regeln einfordern. In der EU wird es vermutlich die ersten Regeln geben, die OECD hat inzwischen die AI Principles veröffentlicht. Was darf man und was nicht? Oder was ist, wenn KI falsche Antworten gibt? Fragen, die auch Dr. Mahei Li nicht beantworten konnte. Sein Rat: Überlegen Sie, ob es wahr sein könnte, und entscheiden Sie, ob Sie die Verantwortung übernehmen können. (rs)