Gefragter Sgraffito-Künstler und Begründer der touristischen Epoche des Malerdorfes
WILLINGSHAUSEN. Die Fotoausstellung von Erich Würz-Huß im Kulturhaus AnTreff und insbesondere die Einführung sowie Erläuterungen von Ulrike Schulte stellten den Künstler Günter Heinemann am vergangenen Samstag (10.06.) in ein neues Licht.
Bei bestem Sommerwetter konnte die Kultur-Initiative-Willingshausen (KIWI) immerhin 15 Gäste zur Vernissage der Ausstellung „Erich Würz-Huß: Kunst am Bau – Wandbilder von Günter Heinemann“ begrüßen, einer Präsentation von Fotografien über das künstlerische Schaffen von Günter Heinemann. Und die Gäste waren durchweg erstaunt in Anbetracht des beeindruckenden Werkes des Willingshäuser Künstlers. In Willingshausen habe man nichts von diesen Arbeiten gewusst, konstatierte Elisabeth Dittschar verlegen.
Bei der parallel in der Kunsthalle Willingshausen gezeigten Ausstellung „Marianne und Günter Heinemann“ spielt diese professionelle künstlerische Arbeit von Heinemann ebenfalls eine eher untergeordnete Rolle, wussten weitere Gäste zu berichten, die bereits jene Ausstellung gesehen hatten. Zwar seien zur Ehefrau Marianne gleichgewichtig auch Arbeiten von Günter ausgestellt, aber von dessen Wandbildern lediglich Gestaltungsentwürfe. Und als solche erkennbar auch nur von jenen beiden Arbeiten, die sich ausschließlich oder vorrangig mit der Schwälmer Tracht beschäftigen und auch im Ort ausgeführt wurden. Die Fotografien von Erich Würz-Huß aus allen Teilen Hessens boten somit Gelegenheit, die substanziellen Leistungen von Günter Heinemann in den Blick zu nehmen.
Günter Heinemann bevorzugte, so Schulte, in seinen frühen Gemälden eher expressionistische Darstellungen und fand dann bei seinen Wandgestaltungen einen sehr nüchternen, an die Avantgarde der Vorkriegszeit und die Formensprache von G. Braque und P. Picasso angelehnten Stil. Die neue Zeit brachte eine neue Ästhetik und ein gänzlich neues Verständnis von Kunst. Im Malerdorf indes habe sich die Sehnsucht nach den schönen Bildern gehalten.
So blieb Günter Heinemann im ehemaligen Malerdorf unverstanden und es müsse schon als Ironie der Geschichte angesehen werden, dass ausgerechnet er maßgeblich dazu beigetragen hat, das Renommee eines „Malerdorfes“ aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit dem ortsansässigen Eisenbahner Georg Todt brachte er eine Malschule und damit den Malerdorf-Tourismus ab 1972 auf den Weg.
Ulrike Schulte, die 1992 die Leitung der Malschule von Günter Heinemann übernommen hatte, stellte fest, dass neben den beiden jährlichen Kunststipendien seit Mitte der 1990er Jahre zwar ein touristisches Entwicklungskonzept in der Zeit der Gründung der WTB (Willingshausen Touristik Betriebsgesellschaft mbH) darauf abgezielt habe, genau diese wirtschaftliche Grundlage zur Stärkung der Ökonomie des Dorfes auszubauen, darauf orientierte Aktivitäten seit Bestehen der Kunsthalle jedoch sukzessive zurückgefahren worden seien.
Es bleibt die Erkenntnis, dass Günter Heinemann – ganz im Gegensatz zu dessen eigenem Kunstverständnis – als der künstlerische Mentor für die immer noch lebende Vorstellung der Willingshäuser von einer Malerkolonie eingeordnet werden muss. „Mithin kann, ja muss, Günter Heinemann als Begründer der touristischen Epoche im Nachklang der Künstlerkolonie eingeordnet werden“, fasste Jörg Haafke für den KIWI-Vorstand die Ergebnisse der Ausstellungseröffnung zusammen.
„Wir bedauern sehr, dass die WTB unser Angebot zu einer gemeinsamen Präsentation der Heinemann-Ausstellungen nicht aufgegriffen hat und damit nicht in einen konstruktiven Dialog über die Arbeit und das Wirken von Günter Heinemann eingetreten ist“, stellte Jörg Haafke für die Kultur-Initiative-Willingshausen weiter fest. Im Zusammenhang mit den Aktivitäten zur Vorbereitung eines Jubiläums „200 Jahre Künstlerkolonie Willingshausen“ im Jahr 2024 sei es jedoch nun an der Zeit, dass auch das heutige, diesbezüglich ambitionierte Willingshausen der unbestreitbaren Rolle Günter Heinemanns als Hüter des Aushängeschildes „Malerdorf“ die angemessene Beachtung zuteilwerden lässt.
Die Ausstellung im Kulturhaus AnTreff wird noch bis zum 15.7. gezeigt und ist samstags von 10 bis 13 Uhr sowie nach Vereinbarung zugänglich. (Jörg Haafke/pm)